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Ausgabe:

1974

Spalte:

331-333

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schmid, Josef

Titel/Untertitel:

Orientierung an Jesus 1974

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 5

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ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

[Schmitt1, Josef:] Orientierung an Jesus. Zur Theologie der
Synoptiker. Für Josef Schmid zum 80. Geb., hrsg. v.
P. Hoffmann in Zusammenarb. m. N. Brox u. V. Pesch.
Freiburg-Basel-Wien: Herder [1973]. 431 S. gr. 8°. Lw.
DM 52,50.

Der Band setzt in begrüßenswerter Weise den Weg
thematischer Konzentration der Festschriften fort. Freilich
ist der Inhalt doch etwas weiter, als der Untertitel „Zur
Theologie der Synoptiker" voraussetzt.

Vielleicht als Ersatz für ein photographisches Bild des
Jubilars (es ist in der FS J. Schmid, Neutestamentliche
Aufsätze, Begcnsburg 1963, enthalten), ist dem Buch ein
lebensvolles literarisches Porträt von J. Schmid durch
W. Pesch vorangestellt, ergänzt durch die Wiedergabe einer
Briefscite des Geeinten im Faksimile, wodurch der so
Abgebildete dem Leser wirklich nahe gebracht wird. Das
Buch ist insofern ungewöhnlich großzügig ausgestattet, als
am Ende fast jedes Aufsatzes die in ihm benutzte Literatur
vollständig aufgeführt wird, so daß in den Anmerkungen nur
ein Kurztitel genannt zu werden braucht. Das ist zwar aufwendig
, aber auch sehr praktisch. Abgeschlossen wird das
Werk durch ein „Register der in den Beiträgen erklärten
Stellen des Neuen Testaments".

Mehrfach werden Fragen der Verkündigung und des Weges
Jesu behandelt. II. Schürmann, Wie hat Jesus seinen Tod
bestanden und verstanden?, legt eine umfangreiche, tief-
grabende „methodenkritische Besinnung" vor, mit der neue
Wege der kritischen Rückfrage nach dem vorösterlichen Jesus
behutsam geöffnet werden. Der Beitrag sollte unbedingl die
Beachtung finden, die ihm gebührt! Ebenfalls stark methodisch
ausgerichtet ist W. G. Kümmel, Noch einmal: Das
Gleichnis von der selbstwachsenden Saal. In diesen „Bemerkungen
zur neuesten Diskussion um die Auslegung der

Gleichnisse Jesu" werden die existentiale Deutung der
Gleichnisse und ihre Deutung mittels moderner literatur-
wissenschaftlicher Methoden als literarische Kunstwerke vorgeführt
und anhand von Mk 4,26-29 exemplifiziert, wobei
zugleich ihre Unangemessenheit aufgew iesen wird, um sodann
eine eigene Deutung mit den Mitteln der herkömmlichen
Methode vorzulegen (wobei durchaus und ausdrücklieh berechtigte
Impulse der neueren Diskussion aufgenommen
werden). F. Mußner, Gab es eine „galiläische Krise"?,
erweist durch Überlegungen über die Tradition der Verkündigung
Jesu und des Jüngerkreises die Möglichkeit, daß
noch in Galiläa ein Umschlag der Zeit des Angebotes Jesu
in eine Zeit der Ablehnung Jesu erfolgt ist. Schließlich
stoßen auch die beiden Beiträge von B. Pesch und U.
Wilckens (s. unten) bis zur Geschichte Jesu selbst vor.

Mit allen drei Synoptikern (und einem kurzen Blick auf
Job) beschäftigt sich G. D. Kilpatrick, Kyrios again, der
den Gebrauch von Kyrios = Gott untersucht und dabei eine
deutliche, wenngleich leicht differenzierte Übereinstimmung
mit dem LXX-Gebraiich Feststellt. Ein speziell synoptisches
Problem greift F. Neiry nck, Minor Agreements Matthew —
Luke in the Transfiguration Story, auf; er zeigt, daß die
auffälligen Ubereinstimmungen zwischen li und Lk insbesondere
gegenüber Mk 9,21. 7 in Wahrheit gar keine
inhaltlichen Übereinstimmungen sind und sich formal aus
dem Jeweiligen Sprachgebrauch der Evangelisten erklären.

Problemen, die das Mk-Evglm stellt, wendet sieh zu
J. Gnilka, Das Martyrium Johannes' des Täulers (Mk
6,17—29). Nach seiner Analyse ist ein Grundtext (Vv. 17f.;
27b; 29?), der der Kurzform eines jüd. Martyriums entspricht
, mit volkstümlichen hellenistischen Motiven aufgefüllt
. Der Evglst hat diesen Text als solchen nicht theo-
logisch bearbeitet, seine theologische Deutung vielmehr
durch die Einfügung in den Kontext ausgedrückt. B. Pesch,
Die Salbung Jesu in Bethanien (Mk 14,3 — 9), verteidigt die

Einheit der Überlieferung (einschließlich V. 9), ihre ursprüngliche
Zugehörigkeit zur Passionsl radil ion sowie die
Geschichtlichkeit des berichteten Vorgangs, deutet aber
ebenso ihr Verständnis durch Mk im Rahmen seines Evglms
an. K. Kertelge, Die Vollmacht des Menschensohnes zur
Sündenvergebung (Mk 2,10), führt das behandelte Wort auf
die katechetischen Intentionen des hellenistischen Juden-
christentums zurück, in dem Mcnschensohn bereits christo-
logtscher Titel mit. csrhatologischer liedeuIsamkeit war.
Unmittelbar mit der Theologie des Mk beschäftigt sich
R. Schnackenburg, „Das Evangelium" im Verständnis

des ältesten Evangelisten. „Evangelium" ist für Mk die
spätere Verkündigung der Holschaft Jesu mit besonderem
Akzent auf dem Weg des Kreuzes; das Mk-Evglm ist als
Ganzes Anfang dieses Evangeliums (Mk 1,1). I'. Iloffrna an,
Mk 8,31. Zur Herkunft und markinischen Rezeption einer
alten Überlieferung, untersucht die Leidensankündigungen
traditionsgeschichtlich, richtet aber den Blick doch vornehmlich
auf ihre Hezeption durch Mk: er cntapokalyp-
tisierl den älteren Menschensohn-('. lauben und läßt die
Auferstehung zur Folge der schon dein I rdischnn zukommenden
Würde des Mcnsehensolms = „Got tessohn" werden.

Die Beiträge zu Mt betreffen alle die Theologie des
Evglstcn. M. Hengel/H. Merkel. Die Magier aus dem
Osten nnd die Flucht nach Ägypten (Mt 2) im Rahmen der

antiken Beligionsgeschichte und der Theologie des Matthäus,
kommen zu dem Ergebnis, daß die Novelle Mt 2, gebildet aus
den verschiedensten antiken Motiven, entscheidende C.e-

danken des Mt darstellt: während die Führer des Judentums

Jesus verwerfen, kommt die geistige Elite des Heidentums
zu ihm: das geschieht nach dem im AT offenbarten Plan
Gottes und zeichnet zugleich Jesu Niedrigkeitsweg vor.
W. Pesch, Theologische, Aussagen der Redaktion von

Matthäus 23, erkennt für Mt als Aussagegehalt des Stückes
Polemik gegen den Autoritätsmißbrauch innerhalb christlicher
Gemeinden. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt
E. Schweizer, Matthäus 21 — 25, bei seiner Analyse des
größeren Kontextes, durch die er aber stärker den zusagenden
Charakter des Gesarnlzusammcnhangs herausstellt
. A. Vögtlc, Zum Problem der Herkunft von „Mt
16,17—19", verteidigt mit gewichtigem Argumenten seine
Ansicht, daß V. 17 nicht zu dem Traditionsstück V. 18f.
gehört, sondern erst Bildung des Mt sei, und stellt die
theologische l'edeutung dieser Annahme andeutend heraus.

Ein Üherl ie f eru ngss t ück des Lk-Evghns untersucht F.
Hahn, Die Worte vom Licht Lk 11,33—36, in einer eindringenden
, die Überlieferungsparallelen umfassend einbeziehenden
Weise; Ergebnis: Lk 11,33 — 36 war schon vor
Lk mit 11,29 — 32 verbunden und bildete bereits vor diesem
Stadium eine Einheit in sich; diese Einheit zeigt ein Stück
früher Chrislologie, die mit Paränesc verbunden ist. U.
Wilckens, Vergebung für die Sünderin (Lk 7,36 — 50), hält
für traditionell die V. 36 — 43; 47, vielleicht 50 (Apoph-
tegma unter Einfluß von 1 leilungsgeschiehtcii); die V.
44-46; 48f. sind von Lk unter Einfluß von Mk ikfili.
eingefügt worden; „Sitz im Lehen" des Stückes sei die
Taufüberliefcrung, näherhin offenbar die Bekehrungstradition
(die Heranziehung von JosAs zur Sicherung dessen
ist in. E. problematisch). G. Friedrich, Lk 9,51 und die
Entrückungschristologie des Lukas, zeigt, daß die Ent-
rückungschrislologie kein wesentliches Thema der Theologie
des Lukas ist, sondern Ausdrucksinillel, um griechisch beeinflußten
Lesern die Aufcrgtchuiigsbotschaft versländlich
zu machen, Lk 9,51 aber überhaupt nur von dem Gang zur
Passion redet. .1. Dupont, Die individuelle Eschalologie im

Lukas Evangeli..........I in der poslelgcschichle, schließlich

will nachweisen, daß bei Lk die individuelle Eschalologie
dazu dient, die traditionelle kollektive Eschalologie zu
aktualisieren, und fragt abschließend, ob wir nicht in dieser
Linie weiterdenken müßten derart, daß wir schon der
Cicgenwarl seihst den Hang des Endgültigen, des „Escha-