Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1974

Spalte:

303-306

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Neuhaus, Günter O.

Titel/Untertitel:

Studien zu den poetischen Stücken im 1. Makkabäerbuch 1974

Rezensent:

Neuhaus, Günter O.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

303 Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 4 304

im Geschehen von Kreuz und Auferstehung beglaubigt den
Anspruch Jesu und erweist an seiner Person die Identität
von Wort und Wirklichkeit seiner Verkündigung. Darum ist
Jesus die Wahrheit für uns, die uns, wenn wir ihr Glauben
schenken, Gott als denjenigen zu erkennen geben will, der
sich unserer Gottlosigkeit angenommen hat und den wir
darum nicht mehr loswerden. Aber auch deshalb ist Jesus
die Wahrheit für uns, weil in ihm die neue Wirklichkeit des
Menschen offenbar wird, die Gott aus dem Tod des Todes
heraufführte.

So erweist sich Gottes Wort, wie es Jesu Geschichte offenbart
, als schöpfungmächtiges Wort, denn im Tode Jesu setzt
sich seine Wahrheit durch, und in der Auferstehung Jesu
wird die Wahrheit Wirklichkeit. Zu Recht preisen wir also
in Gott den Schöpfer, der uns in Jesus unser neues Menschsein
vorstellt, das wir im Glauben ergreifen sollen. Zu
Recht nennen wir aber auch Gott den Vater, zu dem wir im
Wege unseres neuen Menschseins durch Jesus geführt werden
, denn seine Väterlichkeit ist es, die uns in Freiheit die
Möglichkeit einräumt, Jesu Wirklichkeit zu entsprechen:
unser Menschsein und damit die uns anbefohlene Welt wahr
werden zu lassen.

Die Verheißung der wahr werdenden Wirklichkeit findet
ihre vorläufige Antwort in der Geschichte der Gemeinde
Christi als der creatura verbi. Auch den 3. Artikel des Glaubensbekenntnisses
buchstabieren wir strikt theologisch als
die Frage nach Gottes Sein - jetzt in Gestalt der Kirche,
denn es ist die Geschichte Gottes mit dem Menschen Jesus,
die die Geschichte der Gemeinde begründet, und der Geist
Gottes, der sie dieser Geschichte vergewissert. Die Gemeinde
wird von Gott gewürdigt, in ihrer irdisch-geschichtlichen
Gestalt die Geschichte Gottes mit Jesu darzustellen, ohne
daß freilich diese Auszeichnung zu ihrem ontologischen
Strukturmcrkmal würde. Vielmehr entspricht die Kirche
dem Sein Gottes, welches er in seiner Offenbarung als geschichtlich
erweist, allein, indem sie sich im Glauben durch
den Geist stets erneuern und an ihren geschichtlichen Ort
stellen läßt, dessen Erkenntnis ihr abverlangt, sich als in-
klusives Gegenüber der Welt zu verstehen und an dieser
Welt die Zukunft des Reiches Gottes zu beglaubigen.

Die Unterrichtsentwürfe, die wir der Erörterung des 1.
und 2. Artikels anfügen, haben sowohl eine systematische
als auch eine praxisorientierte Funktion. Sie - besonders
der zweite Entwurf - thematisieren den Streit um Sinn und
Aufgabe des Religionsunterrichts als den Streit um Wesen
und Auftrag der Kirche in der Welt. Im Verhältnis von Kirche
und Welt, welches das obligate Thema unserer Erwägungen
zum Glaubensbekenntnis ist, spiegelt sich die Dialektik
von Theologie und Kirche ebenso wider wie im Verhältnis
von systematischer Theologie und Rcligionspädago-
gik. Wir wollen darum unsere Arbeit insgesamt verstanden
wissen als Beitrag zur Klärung des Verhältnisses von Theorie
und Praxis am Beispiel der Beziehung von systematischer
Theologie und Religionspädagogik.

Neuhaus, Günter Oskar: Studien zu den poetischen Stücken
im 1. Makkabäcrbuch. Diss. Tübingen 1972. VI, 532 S.
3 Taf.

Die Dissertation macht es sich zur Aufgabe, die im 1. Makkabäcrbuch
gehäuft auftauchende literarische Erscheinung
von Poesie in Prosa (das sog. Prosimetrum) zu untersuchen
und den poetischen Stücken den ihnen gebührenden Platz
innerhalb der Poesie des antiken Judentums einzuräumen.
Hier eine Forschungslückc zu schließen erscheint gerechtfertigt
; denn zwar entdeckten bereits J. D. Michaelis (1778)
und J. G. Eichhorn (1795) die poetischen Stücke, aber nur
ein kurzer Aufsatz von C. F. Burney (1920) beschäftigte
sich bis heute ausdrücklich mit einem dieser poetischen
Stücke (1 Makk 3,3-9).

Kapitel I (Die Poesie des 1. Makkabäerbuchcs im Rahmen
der spätjüdischen Literatur. Geschichte ihrer Erforschung
, S. 1-29) vermittelt in einem ersten Abschnitt einen
kurzen Überblick über die zwischen 1881 (E. Rcuss, Die
Geschichte der Heiligen Schriften Alten Testaments) und
1962 (W. H. Brownlee, Art. Books of Maccabees, IDB III,
202-215) erschienenen Literatur. Das Hauptaugenmerk richtet
sich auf die Fragen der Abgrenzung und der formalen
Bestimmung der poetischen Stücke, ihrer Herkunft und ihrem
Verhältnis zur Prosa des übrigen Buches. Ein zweiter
Abschnitt fragt nach dem umgreifenden Zusammenhang,
der Poesie innerhalb der spätjüdischen Literatur. Das Problem
und der Diskussionsstand werden exemplarisch an
Hand der einschlägigen Untersuchungen von vier repräsentativen
Autoren (H. Gunkel, H. L. Jansen, G. Morawe
und D. Lührmann) dargestellt.

Kapitel II (Die formale Abgrenzung der poetischen Stücke,
S. 30-51) setzt voraus, daß das Original des griechischen
1. Makkabäerbuchcs hebräisch verfaßt war (S. 60-62). Die
Frage ist daher zunächst, welche Kriterien zur formalen Bestimmung
von hebräischer Poesie es überhaupt gibt, um von
diesen Kriterien dann nur die Kunstform des Parallelismus
membrorum und das Metrum zur Abgrenzung jener in der
Auslcgungsgcschichte des 1 Makk als „poetisch" bezeichneten
Stücke (1,23-29.36-42; 2,4-14.44.49-69; 3,l-9.35f.45.
50-54; 4,24.30 - 33.38- 40; 7,16b-17.37f.; 9,21f.41.54f.; 13,51;
14,4-15 und 16,17) heranzuziehen. Die Ergebnisse lauten:
Von den insgesamt zwanzig als „poetisch" bezeichneten
Stücken des 1 Makk sind fünf (3,35f.; 7,37f.; 9,54f.; 13,51
und 16,17) reine Prosa, fünf (2,7a/<-13; 4,24.30b-33.38 und
14,4-15) gehobene Prosa, drei (2,49b-68; 3,45 und 3,50b
bis 53) teils Poesie, teils gehobene Prosa und sieben (1,25
bis 28.36 - 40; 2,443/yb „; 3,3-9a; 7,17; 9,21 und 9,41) Poesie.

Kapitel III (Der Text der poetischen Stücke, S. 52-119)
beginnt mit Bemerkungen zur Textkritik (von 1 Makk 2,51a
und 14,14a), gibt eine Übersetzung (von 1 Makk 1,25-28.
36- 40 ; 2,7a/f-13.44a/rtvi.49b-68; 3,3-9a.45.50b-53; 4,24.30b
bis 33.38; 7,17; 9,21.41 und 14,4-15) und eine Retroversion.
Die philologisch abgesicherte Rückübersetzung (mit ausführlicher
Angabe der Belegstellen) überprüft dabei die hebr.
Bearbeitung des 1 Makk durch einen Anonymus des 12. Jh.s
(ed. A. Schweizer, 1901), die Übersetzung von S. I. Fracnkel
(1830), und die beiden neuhebr. Kommentare von A. Kahana
(1956) und O. Hartöm (1958).

Kapitel IV (Die Gattung der poetischen Stücke, S. 120-145)
beschäftigt sich 1. mit der Formbestimmung der poetischen
Stücke und 2. mit der literarischen Funktion der poetischen
Stücke (d. h. mit der redaktionellen Verbindung der poetischen
Stücke mit ihrem prosaischen Kontext). Zwei neue
Begriffe werden dazu eingeführt: „Einsatz" und („Anschlußstück
") = das poetischen Stück unterbricht (führt)
die Geschichtsdarstellung des prosaischen Kontextes (weiter
). Die Ergebnisse faßt ein Überblick (Tabelle S. 140) zusammen
: 1,25-28 (Anschlußstück) ist ein Klagegedicht des
Volkes, 1,36-40 (Anschlußstück) ein Klagegedicht des Volkes
, 2.7a/?-13 (Anschlußstück) ein Klagegedicht des Einzelnen
, 2,44a ßbn (Anschlußstück) ein Stück eines in die Erzählung
umgesetzten Siegesliedcs, 2,49b-68 Paräncse, 3,3
bis 9a (Anschlußstück) ein Preisgedicht auf Judas, 3,45 (Einsatzstück
) ein Klagegedicht des Volkes, 3,50b-53 ein Klagegebet
des Volkes, 4,24 (Einsatzstück) sind in die Erzählung
umgesetzte Hymncnelcmentc, 4,30b-33 ist ein Klagegebet
des Volkes, 4,38 (AnschlußstücM ein Stück eines in die Erzählung
umgesetzten Klageliedes des Volkes, 7,17 ein Stück
eines in die Erzählung umgesetzten Klageliedes des
Volkes, 9,21 Themazeile eines Leichcnklagclicdcs, 9,41 (Anschlußstück
) ein Stück eines in die Erzählung umgesetzten
prophetischen Leichenklagelicdcs und 14,4-15 (Einsatzstück)
ein Preisgedicht auf Simon. Die poetischen Stücke hatten
keine kultische Funktion, es handelt sich um literarische
Ausformungen des Verfassers des 1 Makk (S. 145).