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Ausgabe:

1974

Spalte:

280-282

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Benedikt XVI.,Das neue Volk Gottes 1974

Rezensent:

Peters, Albrecht

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279

I

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 4

280

(CL), die Johann von Maltitz als Bischof von Mci5en herausgab
. Anhand von gründlchen Textvergleichen wird die
Wirkung des Textes der CL auf die beiden Schriften von
Julius Pflug untersucht. Aus dem Vergleich und der Biographie
Pflugs, die sich allerdings nur auf die wenig bietenden
Angaben der Literatur gründet, „ergibt sich klar, daß
Pflug weder der Verfasser der ,Christlichen Lehre' noch ein
bedeutender Mitarbeiter an ihr gewesen sein kann" (16).
Darin wird man dem Verfasser zustimmen müssen. Am meisten
spricht gegen eine Verfasserschaft Pflugs an der CL,
daß er in einem Brief an Johann vom 11. 6. 1542 neun
Punkte anführt, an denen die CL zu verbessern wäre. Pflug
nennt dabei die CL des Bischofs Johann „F. G. gedruckte
lher", womit er dessen Autorschaft anerkennt. Es ist kaum
anzunehmen, dafj Pflug Verbesserungsvorschläge für sein
eigenes Werk nach dessen Druck machen würde. Außerdem
entschuldigt er sich im gleichen Brief auch noch, dafj er die
Bitte des Bischofs Johann, etwas für das Bistum Meifjen
abzufassen, nicht erfüllen konnte (11). Die bisherigen Urteile
für oder gegen die Autorschaft Pflugs an der CL waren
in der Literatur ohne wirkliche Kenntnis der Texte gegeben
(8-10). Wichtig für die weitere Pflugforschung ist der Nachweis
(20-26), daß Pflugs Schrift „Von Christlicher Buße" (CB)
in großen Teilen die CL wiedergibt. „Im Teil zwei und drei
begegnen uns überarbeitete Teile der CL" (24). Das ist am
Textvergleich schlüssig gezeigt. Dazu sind noch im vierten
Teil die Punkte berücksichtigt, die Pflug an der CL für ergänzungswürdig
hielt.

Überraschend für die bisherige Sicht Pflugs ist der Nachweis
Kaliners, daß wir auch im größten Werk Pflugs, das
gedruckt wurde, der „Institutio Christiani hominis" (IC) von
1562, in großen Teilen eine Übersetzung der CL vor uns haben
. Nur ist sie zum Teil stark überarbeitet und in der Ge-
dankcnfolge umgestellt. Nach einem Vergleich einzelner
Stellen wird das am Artikel von der Kirche (38-55) und an
der Erklärung des 9. Gebotes (62-65) gezeigt. Wenn diese
Gegenüberstellung der Texte die Behauptung einer Übersetzung
nicht immer zu beweisen scheint, so ist das durch
drei Stücke der Zeitzcr Stiftsbibliothek klar belegt. Das erste
Stück ist ein Druck der CL, der von Pflugs Hand deutsch
überarbeitet ist, das zweite Stück ist ein Druck der CL, in
den die Änderungen Pflugs von Kanzlistenhand eingetragen
sind. Das dritte Stück ist eine Übersetzung des zweiten
Stückes ins Latein, das von einem Schreiber geschrieben und
danach von Pflugs Hand eingehend bearbeitet wurde. Dieses
dritte Stück bezeichnet Offelc in seinem Werk über die
IC als deren Manuskript. Abbildungen von den ersten Seiten
aller drei Stücke (70-80) zeigen diese Abfolge von CL
zur IC deutlich. Wenn die drei Zeitzcr Stücke das auch nur
für den ersten Teil der IC nachweisen, so ist auf Grund des
obenerwähnten Textvcrgleiches die Abhängigkeit auch für
den zweiten Teil der IC sicher anzunehmen. Die Stücke der
Zeitzer Stiftsbibliothek zeigen auch, daß Pflug wieder auf
die CL zurückgriff und nicht seine erste Bearbeitung der CL
in der CB weiter veränderte.

„Diese von der bisherigen Pflugforschung nicht beachtete
Tatsache zwingt zu einer kritischeren Würdigung der Werke
des Naumburger Bischofs Julius Pflug" (67).

Ehe man aber Pflug für seine wichtigsten gedruckten
Werke aus der Reihe der selbständigen Theologen weist,
müßte der Nachweis noch geführt werden, wer positiv der
Verfasser der CL ist. Denn Kaliner hat nur schlüssig nachgewiesen
, daß Pflug nicht der Verfasser der Herzog Heinrich
von Sachsen am 9. 6. 1539 übergebenen CL ist, die dann
1541 gedruckt wurde. Wenn auch der Verfasser meint, „daß
diese Glaubenslehre nicht als Vermittlungsvorschlag geplant
war, denn zu dieser Zeit (Amtsantritt des Bischofs Johann
1538, nach dem er eine Unterweisung im Glauben ankündigte
) war das Bistum noch unter der Schutzherrschaft des
katholischen Herzog Georg" (4), so Übersicht er damit, wie
stark eine von Erasmus bestimmte Vcrmittlungsthcologie

Denken und Religionspolitik im albcrtinischcn Sachsen bestimmte
. Dazu waren große Gebiete des Bistums schon
1529 endgültig evangelisch geworden durch die ernestini-
schen Visitationen. Dem crasmischen Denken will Georg
von Karlowitz mit politischem Handeln zum Durchbruch
helfen. In den Kreis derer, die durch eine vermittelnde Reform
eine Erhaltung der bisherigen Kirche erstrebten, gehören
neben Christoph von Karlowitz, Witzel, Dr. Fachs,
Dr. Pistoris auch Pflug und Johann von Maltitz. Im Denken
dieses Kreises, dessen führender Theologe wohl doch Pflug
war, wurzelt auch die CL. Deshalb müßte man untersuchen,
wie weit das Religionsgespräch in Leipzig zwischen alberti-
nischen und ernestinischen Theologen Anfang Januar 1539
Anlaß zur Abfassung der CL war. Auch nach der Einführung
der Reformation bleibt das politische Ziel dieses Kreises
wirksam. Theologische Selbständigkeit sollte vom Einfluß
der übermächtigen Erncstiner etwas freier machen,
die die Wittenberger Theologen auf ihrer Seite hatten.

Ein Urteil über Pflugs Bedeutung über die Feststellung
des Verfassers hinaus, daß Pflug in zwei Werken sehr stark
vom Vorbild abhängig ist, wird sich erst dann fällen lassen,
wenn der Vf. in seinem versprochenen neuen Werk zu Pflug
sich nicht auf Pflug beschränkt, sondern die Vertreter der
albcrtinischcn von Erasmus bestimmten Reformtheologie
einbezieht. Beim Urteil sollte man wohl auch bedenken,
daß die CL und auch die IC und CB katechismusartige Schriften
sind, die verständlich erklären, aber nicht unbedingt
eigene und neue Cedankcn bringen wollen.

Da so durch solide Forschung ein ganz neuer Anstoß für
das Nachdenken und Forschen über Pflug und die albcrti-
nische Theologie unter Georg dem Bärtigen und seinen
Nachfolgern gegeben wird, verdient die vorliegende Schrift
allgemeine Beachtung.

Seifertshain Johannes Herrmann

Beumer, Johannes: Die Provinzialkonzilien von Mainz und
Trier aus dem Jahre 1549 und ihre Bedeutung für die Liturgiereform
(TThZ 82, 1973 S. 293-303).

Bottereau, G. SJ: La prierc personelle d'Ignace de Loyola
(Nouv. Revue Theologique 95, 1973 S. 393-404).

Vercruysse, Jos. E. SJ: Autorität und Gehorsam in Luthers
Erklärungen des vierten Gebotes (Gregorianum 54, 1973
S. 447 - 476).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Ratzinger, Joseph: Das neue Volk Gottes. Entwürfe zur Ek-
klcsiologic. Düsseldorf: Patmos Verlag; Mainz: Matthias-
Grüncwald-Verlag [1972]. 192 S. kl. 8" - Topos Taschenbücher
. DM 7,80.

Dieses inhaltsreiche Bändchen vereinigt Vorträge und Aufsätze
des Regcnsburgcr Systematikers zum Kirchenverständnis
, welche dem Gespräch vor, während wie nach dem
II. Vatikanischen Konzil wesentliche Impulse gegeben haben
. Als durchgehend auch für Laien verständliche Darlegungen
sind sie weiterhin durch parallele Veröffentlichungen
wissenschaftlich fundiert worden. Die zentralen Thesen
kehren häufig wieder, zugleich werden die Akzente behutsam
verlagert von einer mehr inkarnatorischen Lcib-Christi-
Schau zur Pilgerschaft des Gottcsvolkcs unter dem Kreuz
Christi.

Die ersten drei Arbeiten: Vom Ursprung und vom Wesen
der Kirche (S. 9-24), Das geistliche Amt und die Einheit der
Kirche (S. 25-42) sowie: Die pastoralcn Implikationen der
Lehre von der Kollegialität der Bischöfe (S. 43-70) entwickeln
den Ursprung der Kirche sowohl aus der Setzung
der zwölf „Apostel" als cschatologischc Repräsentanten des
neuen Gottcsvolkcs als auch aus dem Gründonnerstags-
mahl Jesu heraus. Der an der Eucharistie orientierte Leib-