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Ausgabe:

1974

Spalte:

229-230

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Worte zur Taufe, heute gesagt 1974

Rezensent:

Forck, Gottfried

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Seite 1

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22!)

<]<;r geschichtlichen Welt dos Christentums" (M. Baumotte,
Tradition und Ethik. Ein Beitrag zum 1 unktionswandel der
Dogmalik im Kontext des neuzeitlichen Christentums, in:
ZBE 16. 1972, S. 293). An Gesprächs- und Arbeitssloff
inongclt es nlso in der Systematischen Theologie trotz und
mit Kurl Barth keinesfalls.

Hoütnrk Jen» Langer

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Nitschko, Horst [Hrsg.]: Worte zur Tnufe heute gesagt.
Predigten der Gegenwart. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn [1973]. 159 S. 8°. Kart. DM 12,80.
Man wird diesen Band mit Taufpredigten jedenfalls nicht
als eine Sammlung von Lesepredigten verstehen dürfen, die
dann mit leichten Veränderungen für den jeweiligen Bedarf
von vielbeschäftigten Pfarrern übernommen werden könnten.
Ein solcher Gebrauch, den frühere Veröffentlichungen
dieser Art im Format und Aussehen einer Agende gefunden
haben — man denke nur an die von Erich Kolle hcraus-
gegebeneii Taufrodcn (Gütersloh 1938) , wird itiftMII llande
erspart bleiben. Dazu wird nicht nur sein Umschlag (leuchtendgelb
!), sondern vor ollem die Verschiedenheit der hier
vorgetragenen Taufauffassungen beitragen. Die ganze Taufdebatte
spiegelt sich in diesen Predigten wider. Gerade das
macht die Lektüre dieses Buches interessant, weil hier in
gomeindegemüßer Eorm gesagt wird, was bisher vor allem
der theologischen Fachsprache vorbehalten war.

Neben nach Inhalt und Spruche ganz konservativen Tauf-
anspruchen stehen solche, in denen das Überkommene erregend
neu gesagt wird, und andere, die bei aller Kritik an
der Taufe von Säuglingen ihr dann doch noch einen Sinn
abgewinnen können.

Unter den insgesamt sechzig Predigten von sechzig verschiedenen
Verfassern befinden sich nur drei Beiträg' fur
laufen an vorher im christlichen lilauben unterwiesenen
.lugendlichen. Damit ist dem Bechnung getragen, dnl] heute
die Kindertaufe trotz aller dagegen ausgesprochenen Bedenken
noch der übliche Brauch in den evangelischen
Landeskirchen ist und wohl auch in Zukunft bleiben wird.

Anregend zu eigenen Versuchen ist ein Predigtgespräch,
•las von Gliedern der Jungen Gemeinde und Konfirmanden
unter Anleitung der zuständigen Pastorin für die Taufe eines
Konfirmanden vorbereitet und dann auch in einem Gottesdienst
vorgetragen worden ist (S. 50 — 55). Und auch die
Einbeziehung zweier Kindertnufen in einen Familicngottcs-
dienst zum Beginn der Christenlehre und des Konfirmanden-
unterrichtes regt zu ähnlichen Gestaltungen an (S. 126 —

180).

Es fällt auf, daß in 12 Predigten der Zusammenhang der
Taufe mit menschlicher Freiheit besonders betont wird. Das
geschieht zweimal (S. Kl n. S. 1561) mit ausdrücklichem
Bezug auf das liueh von A. S. Ncill, Theorie und Praxis der
antiauloritären Erziehung, rororo Hamburg 1969. Diese»
Buch mag aber auch die meisten andern dieser „Freiheit»-
prediglen" beeinflußt haben. So beißt es in einer Predigt
die A. S. Ncill nicht erwähnt: „Taufe bedeutet den Anfang
von Freiheit, . . . das Ende von Knechtschaft, von der
Abhängigkeit, die die Entfaltung der Kinder hindert. —
Freiheit f,",r unsere Kinder? — Sie erinnern sieh, das Neue
Testament erzählt, wie Jesus sich für die Kinder einsetzte.
Sie wurden als Störenfriede und Quengler angesehen und
weggedrängt, für sie war kein Platz. Da sagte Jesus: „Laßt
die Kinder zu mir kommen"; denn für ihre Hechte, für ihre
Entfaltung bin ich gekommen. Wenn wir den Kindern Ver-
Händnig entgegenbringen und ihnen nicht unser eigenes
Verstehen und unsere eigene Absicht überstülpen, . . .
dann leben wir so, wie Gott es will, dann ist ein Stück

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Freiheit verwirklicht. Ein Mensch wird später nur so frei und
dadurch rücksichtsvoll gegen andere sein, wie er in seiner
Kindheit seine eigene Freiheit mit Hilfe der Einsicht und
Rücksicht seiner Eltern entfallen konnte" (S. 153). An
anderer Stelle wird gesagt: „So nehmen wir heute die
Bestimmung des Täuflings zu einem eigenen Lebensentwurf
vorweg. Wir verpflichten uns zu einer Erziehung im Sinne
der Selbstbestimmung dieses Kindes" (S. 104).

Abgewandelt erscheint dieser Grundgedanke in den
folgenden Sätzen: „Täglich erscheint, wes Geistes Kinder
wir sind. Des Herrn Geist jedenfalls, auf den sich die Christen-
lieit im Zeichen der Taufe bezieht, ist niemals der Herren
Geist, die uns in ihre Dicnslbarkcit zwingen, die jedes
Lebensalter des Menschen monipulutorisch besetzt halten
mit ihren tödlichen Ansprüchen: Du sollst ein wohlanständiger
, gehorsamer Mensch bleiben, du sollst die Gesetze
der freien Marktwirtschaft heiligen, du sollst den Konsum
anbeten, du sollst grundsätzlich glauben, was die Chefs erzählen
, du sollst deine Träume möglichst früh und billig
verkaufen, du sollst den Bajonetten mehr zutrauen als der
Vernunft, du sollst botmäßig leben und unauffällig sterben.
Nein, in der christlichen Taufe kommt ein anderer Geist zu
Wort, der abbildet und verspricht, was wir sein können:
Menschen, die auf dem Wege Jesu ihre Freiheit finden und
verwirklichen" (S. 15). Elwus später heißt es dann in derselben
Predigt: „In der Taufe glüht der Zunder der Be-
volution, der Veränderung des Menschen und menschlicher
Gesellschaft im Geiste Jesu" (S. 16).

Abschließend sei noch auf einen Druckfehler hingewiesen:
Auf Seite 69 und 70 ist zweimnl der Text der Predigt falsch
angegeben. Statt Börner 1,2 muß es heißen: Börner 2,10f.

Cottbus Gottfried I'"orrk

Raming, Ida: Der Ausschluß der I'rnu vom priesterlichen
Amt. Gottgewollte Tradition oder Diskriminierung? Eine
rechtshistorisch-dogmatische Untersuchung der Grundlagen
von Kanon 968 § 1 des Codex Iuris Canonici. Köln-
Wien: Böhlau 1973. XVII, 232 S. gr. 8°. DM 28,-.
Die vorliegende Untersuchung wurde 1969 von der
Universität Münster als Dissertation angenommen. In einem
Vorwort teilt die Verfasserin mit, daß das für den Druck
leicht überarbeitete Manuskript dank der Mithilfe von
privater Seite in Buchform erscheinen konnte, nachdem das
Bischöfliche Gencralvikariat Münster eine Beihilfe verweigert
hatte. Diese Bemerkung ist im Hinblick darauf, daß
es sich um eine mutige katholische Arbeit handelt, erwähnenswert
.

Der im Buchtitel angezogene § 1 des Kanon 968 legt fest,
daß nur der getaufte Mann güllig ordiniert werden kann.
Die Frau ist folglich vom Empfang der kirchlichen Weihen
ausgeschlossen. Baming verweist hierzu auf die von Kardinal
P. Gasparri ergänzend genannten Quellcnbelcge, die nichts
über das Erfordernis des männlichen Geschlechts enthüllen,
sondern expressis verhis nur von der Taufe als notwendiger
Voraussetzung sprechen (wus allerdings darauf beruhen
könnte, daß das männliche Geschlecht des Ordinunden als
selbstverständlich angesehen wurde).

In dem umfangreichen rechtshistorischen Teil ihrer Arbeit
(S. 5 — 200) untersucht Raming die Traditionen, die zum
Ausschluß der Frau von der Ordination geführt haben. Als
aufschlußreichstes Material dienen ihr die von Gratian in
seinem Dekretbuch, der Concordia discordantium canonum,
zusammengefaßten Quellen. In dieser um 1140 in Form eines
Lehrbuches verfaßten Sammlung, die schon gegen Ende des
12. Jh.» die Grundloge des Kirchenrechts darstellte, finden
sich zahlreiche Stellen, die bestimmte Verdikle gegen die
Ausübung von Kulthandlungen und Ämtern durch weibliche
Personen aussprechen. Von Gratian selbst gibt es nur eine
direkte Äußerung hierzu: „Mulicrcs autem non solum ad sa-
cerdotium, »cd nec etiam ad diaconatum prouchi possunt..."

Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 3