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Ausgabe:

1974

Spalte:

194-196

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Karpp, Heinrich

Titel/Untertitel:

Textbuch zur altkirchlichen Christologie 1974

Rezensent:

Leder, Hans-Günter

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Theologische Literaturzeitung 99. Jahrgang 1974 Nr. 3 ig/,

möglich!, Augustins Licht- und Schattenseiten in gleichet gessen werden, der vor allem auch dem Apparat - den
Weise plastisch, von Pressionen ungestört, zu durchleuchten. Abkürzungsvcrzeichnissen, den Anmerkungen, dem Litera-
B. hatte es ganz offenkundig nicht zu fürchten, wenn er turverzeichnis sowie den Zeittafeln (denen ein Verzeichnis
Augustins harten und im Einzelfall oft ungerechten Kampf der deutschen Übersetzungen von Augustins Arbeiten beilegen
Dona tüten, Menir.hler oder I'elagiancr ohne Rück- gegeben ist) - viel Mühe zugewandt hat. Das Fehlen von
sichtnahme auf irgendwelche Tabus rekonstruierte und oft in Sach- bzw. Personenindex erschwert die Benutzung des
scharfen Kontoren, zuweilen aber in Iii !» voll gezeichneter Buches nicht unbeträchtlich.
Miniaturmalerei darstellte, wobei sich, nach Einschätzung

des Rez., das Mittel einer „latent irony" häufig neben »alle/Saale Han,-Joachim Diener

gröberen Darstclliingsformen, die im Buch selbst zuweilen

„1- :„,..„„i:„,;„„i.„ »f,,i. 1 t_ • u 11 11 1 w'r müssen zumindest anmerken, daß Ähnliche* für viele der

als journalistische Methoden bezeichnet werden, bemerkbar allgemeineren Schlußfolgerungen gilt, die B. zieht. B. meint S. 322

macht. Erfreulicherweise ist ein übertriebener Journalismus bri d<-r Bewertung de» Sieges Augustins ühcr die Häresien, speziell

L,— „,.],„„ .... 1 1 • 1 . ,'l>rT Jen Pclngianismus: „Augustinus hatte recht, daß die öffentliche

immerhin selten, und CS werden - soweit man Sicht - Meinung auf »einer Seite war Eine Mentalität der Abhängigkeit, eine

Formen gefallsüchtiger Darstellung zugunsten des wissen- Betonung der absoluten Notwendigkeit der Demut und der Idee eines

■JufclUua .... I :r „ . • u n lT 1. 1 • .allgemeinen Zusammenbruchs' des Menschengeschlechts, über den aus

Schaftlichen und informatorischen Gehaltes weithin ver- eigenen Verdiensten sieh lU erheben kein Mensch behaupten durftc-

mieden. Trotzdem geht die Darstellung hier und da auf *"c* "in<l <li(' Gedenken, die das frühe Mittelalter beherrschen werden".

i.- „,„„ 1 „ t. i,„i,„ n • ... , , , , l'nd B. führt dazu einen Brief l.eos I. „Über die Demut" an. Diese

Kosten des Inhaltes: Hei lückenloserer Auswertung der Sicht der Dinge sollte als überholt gelten. Die erzwungenen Ab-

modernen Forschung (die sich doch recht häufig auf eng- hängigkeiten der »piitantiken und der frühfeudalen Periode riefen

■I 1 1 / „ • ■ r.. ■ ■ 1 .. 1 11 j. bekanntlich weithin Widerstand hervor, und je rtftcr Demut gefordert

tische und Iran/.OSlSChe lltel beschrankt) waren vor allem die „der auch von oben „proklamiert" wurde, desto mehr wurde dagegen

Wechselbeziehungen Augustins, etwa zum Papsttum, zur ventoflen. Kinc kritische Lektüre Gregors d. Gr., Gregors von Tours.

/, . i_ 1 o !_• ■ ti» • 1 Isidors von Sevilla und anderer Kirchenschriftsteller dieser Übergang*

Wkumene, aller auch zu den Schismen und Häresien, ehenso z(.(t widerlegt B.s Meinung deutlich - sogar dan n, wenn man vom

aber zur politischen und gesellschaftlichen Struktur des Weiterwirken des Pclaglanismus bzw. Semlpelagianismus absieht.

„.. ., ,. i v i_ • j Auseinanderselzung mit der stnrk sich wandelnden Bomidee

spalroinischcn Alrika, deutlicher einzuordnen gewesen. Augustins oder mit der Barbarenauffassung und mit den sozialen

Während grolle Partien dieser Biographie mit bemerkens- l,,ecn dl'" Bischof» scheut B. weithin; die diesbezügliche Literatur

" ■ .... , . . . r, wird höchstens einmal am Bande vermerkt,
wertem wissenschar Iiichen und geistigen Üngagement geschrieben
sind, ist der letzte Lebensabschnitt (S. 333 — 379)
recht knapp davongekommen. Vollends genügen die Unterabschnitte
35 (Das Ende des römischen Afrika) und 30 (Tod) Karpp, Heinrich: Textbuch zur altkirchlichcn Christologic.
kaum den Ansprüchen, die man an eine im ganzen so Theologia und Oikonomia. Neukirchen: Neukirchener
fundierte wissenschaftliche Biographie gestellt sehen muß. Verlag des Erziehungsvereins [1972]. VIII, 167 S. 8° —

Es sei eine kurze Liste von Ungenauigkeiten und Fehlern Neukirchener Studienbücher, 9. Ergänzungsbände zu den

angefügt, die nicht zuletzt unsere obigen Feststellungen zu Biblischen Studien. DM 23, — .

untermauern haben. Modernismen wie Wirtschaftswunder Das hier anzuzeigende, auf Anregung des Verlages ent-

(S. 15), Nation (S. 196), Fußvolk beider Kirchen (S. 205 et stnndene „Text- und Arbeitsbuch" zur altkirchlichen

passim), International« Institution (S. 188), Autoritätsfigur Christologic wendet sich ausdrücklich an „Pfarrer und

(S. 181), kaller Krieg (S. 200) sind wohl kaum für einen Lehrer in Beruf oder Ausbildung und überhaupt Gebildete,

ernsthaften Leser tragbar. Warum B. noch Monika (statt die an den Quellen . . . wenigstens in Übersetzung eine

Monnica) schreibt und das aus dem Berberischen stammende Sache verstehen lernen möchten, die als Grundlage aller

Th (so Tagaste statt Thagaste) ausläßt, ist mir unklar. Hier christlichen Theologie und Frömmigkeit solcher Mühe wert

und da zeigt sich an solchen Stellen (teilweise möglicher- ist" (S. VI). „Es möchte so viel Stoff vorlegen und kurz

weise durch die Übersetzung verstärkt) eine etwas ahi- erläutern, daß der Benutzer sich das Verständnis der

storisehe Denkweise, die gerade der Kenner der Spätantike wichtigsten Probleme, Begriffe und Lehrentscheidungen

nicht billigen kann1. Wenn nun etwa der Text um der gelbst erarbeiten kann" (S. V), wobei jedoch „die voraus-

Lesbarkeit halber eine solche „Auflockerung" erforderte (die gehende oder begleitende Lektüre einer —wenn auch kurzen —

ihn vordergründig gesehen freilich attraktiver machen mag), zusammenhängenden Darstellung kaum zu entbehren" ist

80 hätte es nahegelegen, doch dem Anmerkungsteil die (S. VI).

jeweils notwendigen Korrektive (zumindest in Form der Damit sind wesentliche Gesichtspunkte für die Gestaltung

lateinischen Begriffe oder der gängigen Fachtermini) nnzu- des vorliegenden Text- und Arbeitsbuches angesprochen,

vertrauen. Der tin sich umfängliche Apparat enthält indes Heinrich Karpp, der 1969 mit einem zweisprachigen Quellen-

meist nur die nötigen Quellenangaben oder gelegentliche buch zur Entstehung des altkirchlichcn Bußwesens die

Hinweise auf die Forschungsiage, so wie B. sie eben sieht neue Reihe „Traditio christiana" eröffnete (s. d. Rezension

(oft unzulänglich, so auch die Anmerkung des Übersetzers von H. D. Altendorf, ThLZ 96, 1971, Sp. 836), also über

„Circumccllioncn", S. 412, Anm. 35)2. Erfahrungen auf dem Gebiet der Publikation von thematisch

Natürlich ist es eher der Unübersichtlichkeit und Un- ausgewählten Quellentextcn verfügt, schickt den von ihm

•Treicdibnrkeit der ForsehiingHliteralur im ganzen als der zusammengestellten und durchweg in einer dem Original

Verantwortung des Biographen zuzumessen, wenn man an möglichst nahe bleibenden Übersetzung gebotenen 182

v'elen Stellen auf Lücken stößt oder die Frage nach den Texten zur altkirchlichen Christologie, die einen Zeitraum

Ronanen Zusammenhängen, nach den wirklichen Hinter- von nahezu 600 Jahren umspannen (Nr. 1 — I. Clem; Nr.

gründen (etwa der Verhaltensweisen Augustins in unter- 182 - Symbol des 6. ökumenischen Konzils zu Konstanti-

tobiedlichen Situationen) stellen muß. Vielleicht äußert sich nopel), zunächst vier knappe einleitende Kapitel voran, in

'''• ran auchdie Unmöglichkeit für den einzelnen,heute noch denen er unter den Überschriften I. „Name und Sache der

eine -zumal so komplizierte und umfangreiche- Biographie Christologie" (S. 3-4), II. „Biblische Voraussetzungen

*U schreiben, die den äußeren Faktoren des Bios ebenso (S. 5-12), III. „Aufgaben, Einflüsse und Kräfte in der

brecht werden soll wie den inneren. Und da B. innerhalb Geschichte der altkirchlichen Christologie" (S. 13-21) und

seiner biographischen Bemühung nicht auf ein Spezial- IV. „Zur Würdigung der altkirchlichen Christologie (S. 22-

tnomn aus ist wie seinerzeit van der Meer („Augustinus der 30) eine orientierende Einführung in die Dimensionen alt-

S''"lsorger"), wiegl dies um so schwerer. Man wird dem kirchlicher Christologie und ihrer Problematik zu geben

Atitor für seine umfassenden und intensiven Bemühungen versucht. .. . ,

'W wissen, die Klärung vieler Einzelheiten und vieler An diese Einleitung schließt sich der 119 Seiten umfassende,

•'»'tergründiger Probleme jedoch neuen Arbeiten anver- in drei ungleich große Abschnitte gegliederte rextteil an:

ll-<>"en müssen. Über der bemerkenswerten Leistung des I. Die Vorbereitung der kirchlichen Christologie (von

A»»>rs darf die des Übersetzers und Bearbeiters nicht ver- Clemens Romanus bis zu Tertulhan und üngenes; An-