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Ausgabe:

1973

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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im Blick auf ilni sind die alttestamentlichen Opfer entleert
worden, als der Tod Jesu an ihre Stelle trat" (44). „Aus der
Ungleichheit von Manna und Eucharistie... ergibt sich als
Konsequenz, daß die übrigen Sakramente des Aken Testaments
ebenfalls nicht mit den neutcstamentlichen zu vergleichen
sind" (46). So findet der Abstand der Gesetzeswerke
von denen des Evangeliums seine Parallele in den Sakramenten
: „Da die Werke des Gesetzes... niemand rechtfertigen,
..., so wird auch keiner durch die Sakramente des Allen Hundes
gerecht" (48). Eine absolute Trennung zwischen den Sakramenten
beider Ileilsordnungcn kann es nicht gehen, weil
sie ein und derselben Offenbarungsgeschichte angehören, in
der Gott wirkt. Trotzdem legt R. Nachdruck auf das Unterseheidende
. Damit korrigiert R. deutlich Hugo von St. Viktor
, denn R. leugnet, daß die alttestamentlichen Zeichen ihre
Kraft aus den künftigen Heilszeichen bezogen haben. Vielmehr
wird das Heil „nur verheißen, insofern es im Allen Bund
als zukünftig bezeichnet wird" (52). Die Sakramentenlehre
dient bei R. dazu, „die absolute Neuheit des Evangeliums zu
betonen" (53).

Ebenso kräftig hehl R. die Differenz der beiden Heilsordnungen
im Hinblick auf die Verheißungen hervor (53—90).
Diejenigen, die die Gebote des Alten Testaments befolgen,
haben sich nicht das ewige Leben verdient, „weil ihre Werke
nicht im Glauben an Christus geschehen sind" (71). Auch im
Hinblick auf die Klarheit der Hl. Schrift besteht zwischen
beiden Testamenten ein erheblicher Unterschied, weil nur das
Neue durch sich und in sich erkannt werden kann (78f.). So
ergibt sich überhaupt, „Gesetz und Evangelium dürfen in
bezug auf die Rechtfertigung des Menschen vor Gotl nie Iii
gleichgestellt werden" (81). Ereilich steht für R. im Mittelpunkt
der Erörterungen über Sinn und Ziel des Allen Hundes
das Verdienstproblem (85). „Die Intention, die die Juden bei
der Beobachtung des Gesetzes leitete, war die Hoffnung auf
zeitliche Güter und die Vermeidung zeitlicher Strafen", im
Allen Bund war die Seligkeit nicht zu verdienen (84). Als
dann das Evangelium begann, hörte die Verpflichtung des
Alten Bundes auf (88). „Ewiges Leben wird allein durch Christus
und nach Christus gegeben" (128). — R.s Bemühen, die
Unterschiede beider Testamente, den Unterschied von Gesetz
und Evangelium zu betonen, ist kaum aufgenommen
worden. Wilhelm von Auxerre legt, vielmehr den Akzent auf
die Gemeinsamkeiten, hei ihm ist die Dialektik von Gesetz
und Evangelium weitgehend aufgehoben (126).

Die Untersuchung könnte für die gegenwärtige theologische
Debatte hilfreich sein, ist doch der gegenwärtigen Theologie
die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium
angesichts häufiger Verwechslungen (z. B. Schalom-Heil!)
aufgegeben.

Im Inhaltsverzeichnis sind die Seitenzahlen falsch angegeben
.

Schlettau/Erzgeh. Karl-Hermann Kandier

Bataillon, L.-J.: Bulletin d'histoire des doctrines medievules.
Le treizieme siecle (RSPhTh 56, 1972 S. 492-520).

Geith, Karl-Ernst; Berschin, Walter: Die Bibliothekskataloge
des Klosters Murbach aus dem 9. Jahrhundert (ZKG
83,1972 S. 61-87).

Grothe, Justina: The Kronenburse of the Faculty of Law of
the Univcrsity of Cologne (Franciscan Studies 31, 1971
S. 235-299).

Kunzelmann, A.: Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten
(Augustiniana 22, 1972 S. 185-280).

önnerfors, Alf: Die Latinität Columbas des Jüngeren in neuem
Licht (ZKG 83, 1972 S. 52-60).

O'Reilly, Cläre: „Maximus Caesar et Pontifcx Maximus".
Giles of Vitcrbo proclaims the alliance between Kmperor
Maximilian I and Pope Julius II (Augustiniana 22, 1972
S. 80-117).

Ruhbach, Gerhard: Häresie und Inquisition im Mittelalter
(WuD 11, 1971 S. 109-118).

128

Tierney, Brian: Origins of Papal [nfallibility (Journal of

Ecumenical Studies 8, 1971 S. 841-864).
Valentini, Eugenio: Giovanni Scoto, Abate Vercellese (Sale-

sianum34. 1972 S. 141-168).
Weckwerth, Alfred: Der Name „Biblia pauperum" (ZKG 83,

1972 S. 1-33).

Wippe), John F.: Godfrey of Fontaines: The Date of Quodlibet
15 (Franciscan Studies 31, 1971 S. 300-369).

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Barion, Peter F.: Um Luthers Erbe. Studien und Texte zur
Spätreformation,Tüemann Eieshusius (1527—1559).Witten:
Luther-Verlag 1972. 261 S. gr. 8° = Untersuchungen zur
Kirchengeschichte, 6. DM 38,—.

Barton verschafft neue Einblicke in ein Forschungsgebiet,
das bislang quellenmäßig wenig beachtet worden ist. Da»
darf rundheraus als sein Verdienst bezeichnet werden. Zugunsten
der bis heute nicht völlig geklärten großen Probleme
der reformatorischen Frühzeit und der klassischen Vertrete«
lutherischer und reformierter Orthodoxie ist die Periode' der
vom Vf. so genannten „Spätreformution" kaum ans Licht
geholt worden. In der Tat geben Lehrbücher und Lexika für
diese Zeit meist nur Summarisches, sieher auch auf Grund
der Erkenntnis, daß im gesamtreformalorischen Maßstab
nach Luthers Tode nichts Entscheidendes geschehen sei.

Barton setzt sich dafür ein, künftig eine sachgemäße Abgrenzung
dergestalt zu vollziehen, das Reformation, Früh-
Orthodoxie, Hochorthodoxie und Spätorthodoxie durch de»
inhaltlich und zeitlich gut. fixierten Begriff „Spätreforina-
tion" ergänzt, werden. In der Einleitung (S. 7 — 18) handelt
der Vf. ausführlich über diesen (iegonsland. Ihm scheint „der
Begriff Spätreformation durchaus geeignet, die grundlegende
Einheit der reformatorischen Bewegung in beiden Jahrhunderthälften
zu wahren und doch auf den Übergaugscharak-
ter dieser Epoche mit ihrem starken Gefälle zur Orthodoxie
hin zu verweisen" (S. 9). Das „für sie charakteristische Gepräge
" bekam sie etwa seit 1549 (Consensus Tigurinus zwischen
den Schweizer Itcformierten, der das Zusammengehen
mit den reformatorischen Kirchen in Deutschland iiiimciil-
lich machte; Beginn der offenen Streitigkeiten im Lager der
Wittenberger Reformation, vorab des adiaphoristischen
Streites; „Auseinanderbrcehcn des evangelischen Lagers in
eine lutherische und eine philippistische ,Fraktion' und im
Gefolge dieser sich nach und nach immer stärker ausweitenden
Spaltung eine verstärkte Bindung der evangelischen
Kirchen an territoriale Politik"). Dir erste Phase der lul lieri-
schen Spälrcformatioii war zwischen 1559 und 1563 zu End«',
und zwar im Zusammenhang des mel.inchthonischen Votums

zum Heidelberger Abendmahlsstreit sowie des Übergangs der

Kurpfalz zum „Calvinismus" (S. 10). Damit war der Bruch zwischen
Philippisten und Lutheranern vollkommen. Die zweite
Phase hängt zusammen mit dem Auseinanderfallen der „lutherischen
Einheitsfront" in Verfolg der Auseinandersetzungen
um FlaciuS. Die dritte Phase meint Harton iii der Zeil von
1568—1577 zu erkennen, und zwar gekennzeichnet und terminiert
durch das „Eindämmen des für die lutherische Spät-
reformation konstitutiven Personalismus" im Hezugsfeld der
Konkordienformel. Was der Vf. im Rahmen seiner These unter
„Personalismus" versteht, wird leider in der vorliegenden
Studie nicht erörtert; das wäre immerhin wünschenswert, da
in der Terminicrung auf diesen Begriff so großes Gewicht gelegt
wird.

Dem Referat der Einleitungsthcsen wurde deshalb so vie'
Platz eingeräumt, weil sie künftig wahrscheinlich durch weitere
Monographien der Prüfung unterliegen werden und weil
Barton den Gegenstand seiner Studien in das gekennzeichnete
Terminicrungsgcwebe einhängt.

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 2