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Ausgabe:

1973

Spalte:

943-946

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Dordett, Alexander

Titel/Untertitel:

Kirchliche Ehegerichte in der Krise 1973

Rezensent:

Kaiser, Matthäus

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943

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 12

944

der Reformation (Albert Brandenburg). - Liturgie vom
Trienter Konzil bis zum 2. Vatikanum (Hermann Reifenberg
). - Die Liturgie in der Spiritualität und in der Frömmigkeit
(Emmanuel v. Severus). - Die Liturgie in den
Missionen (Hedwig Herzog und Gerd J. Maurer). - Kult
und Liturgie im Rahmen vergleichender Kultur- und Gesellschaftswissenschaft
(Ansgar Stöcklein). - Die Liturgie und
<Ins Judentum (John Hennig). - Liturgie und bildende
Kunst (Richard Bellm). - Die Liturgie in Arbeitsinstrumentarien
, Sammelwerken und Festschriften (Emmanuel v.
Severus).

Jahrgang XIII wird eröffnet mit einem eindrucksvollen
Aufsatz über „Des Geistes Kraft im Verkündigungswort"
von Pius Merendino, ein Zeichen der Vertiefung
katholischer Theologie unserer Tage in die Probleme der
„Wortverkündigung" als Gnadenmittel. Es folgen spezifisch
liturgiewissenschaftliche Aufsätze, und zwar zunächst von
Virgil E. F i a 1 a über „Das liturgische Gesetz der Juxta-
position des Neuen zum Alten und seine Bedeutung für
die Liturgiereform", eine interessante Studie über ein
historisch überaus wirksames „Gesetz". Dann folgt die ausführlichste
und wichtigste Arbeit dieses Jahrbuchs: Egon
Färber über den Ort der Taufspendung. Diese Untersuchung
verfolgt die Frage des Wandels bei dem Ort, wo
in der Kirche seit den Anfängen bis heute die Taufe
gespendet wurde. Man liest diesen aufschlußreichen Bericht
mit Dankbarkeit, zumal auch die theologischen Hintergründe
aufgedeckt werden. Es zeigt sich, daß es nicht
„gleichgültig" ist und war, wo die Taufe gespendet wurde!

Odilo H c i m i n g setzt seine Studien fort über die
Geschichte der ambrosianischen Liturgie. In denselben Bereich
gehört auch der Aufsatz von Hieronymus Frank
über „Die Vorrangstellung der Taufe Jesu in der altmailän-
dischen Epiphanieliturgie und die Frage nach dem Dichter
des Epiphaniehymnus Iluminans Altissimus".

Der Literaturbericht enthält folgende Abteilungen
: Die Liturgie im Alten Testament (Werner Dommershausen
). - Die Liturgie im Neuen Testament (Athanasius
Polag). - Liturgie und Kult in der frühjüdischen und
frühchristlichen Umwelt (Werner Baier). - Die Liturgie von
der Karolingerzeit bis zur tridentischen Reform (Adalbert
Kurzeja). - Monastische Liturgie (Emmanuel v. Severus). -
Pastoralliturgik (Polykarp Wegenaer). - Liturgie im Gespräch
mit den Kirchen der Reformation (Ottfried Jordahn). -
Die Liturgie und das Judentum (John Hennig). - Liturgie
und bildende Kunst (Richard Bellm). - Die Liturgie in
Arbeitsinstrumentarien, Sammelwerken und Festschriften
(Emmanuel v. Severus).

DtUseldorl Joachim Rrrkiiiiinn

KIRCHENRECHT

Dordett, Alexander: Kirchliche Ehegerichte in der Krise.

Wien: Wiener Dom-Verlag (1971). 153 S. 8°.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges ist die Zahl
der Eheverfahren vor den kirchlichen Gerichten sprunghaft
gestiegen. Erst damit ist eine breitere Öffentlichkeit auf
die kirchliche Ehegerichtsbarkeit aufmerksam geworden
und zunehmend Kritik vor allem an der langen Dauer der
Prozesse und der Art und Weise des Vorgehens laut geworden
. Noch mehr zeigt sich die Krise der kirchlichen
Ehegerichtsbarkeit darin an, daß in den 60er Jahren die
Diskussion um die Unauflöslichkeit der Ehe in Gang gekommen
ist und seit dieser Zeit die Zahl der Ehever
fahren vor den kirchlichen Gerichten zurückgeht. Das vorliegende
Buch enthält eine Gesamtdarstellung der kirchlichen
Ehegerichtsbarkeit und will der nur unzulänglich
informierten Öffentlichkeit Einblick in Verfahren und Inhalt

kirchlicher Eheprozesse geben und damit zusammenhän
gende weitere Probleme aufzeigen.

Im ersten Abschnitt (Der kirchliche Eheprozeß, 9-77) frag!
der Verfasser zunächst nach Berechtigung und Grenzen
kanonischer Eheverfahren. Infolge der Gemeinschaftsbezogenheit
der Ehe können privates und öffentliches Intcr
esse in Widerstreit geraten. Aufgabe des Gerichtes ist es,
unabhängig von persönlichem Interesse in einem objektiven
Urteil die Wahrheit zu finden. Sodann wird die Gerichtsverfassung
beschrieben, die als erste Instanz das Diözesan-
gcricht und als Berufungsinstanzen das Metropolitangericht
und die Römische Rota jeweils als Kollegialgericht vorsieht
. Ausführlich wird die Verfahrensordnung von der
Prozeßcinleitung über die Beweiserhebung und Beweiswürdigung
bis zur Urteilsfällung dargestellt. Dabei unterläßt
es der Vf. nicht, auf bestehende Schwächen und Mängel
hinzuweisen. Daran schließen sich seine Reformvorschläge
für die kirchliche Gerichtsbarkeit organisch an: Die Gerichtsorganisation
wäre durch überdiözesanes Zusammenwirken
zu verbessern, so daß ein Verfahren in 6-8 Monaten
abgewickelt werden könnte. Dazu wird eine spezifische
Aus- und Fortbildung der Richter verlangt. Dagegen wird
die häufig erhobene Forderung, die Ehegerichte durch
Ehekommissionen zu ersetzen, abgelehnt. Denn die Feststellung
der Ungültigkeit kann nur von fachkundigen
Richtern geleistet werden. Kommissionen aus Seelsorgern,
Psychologen und Moraltheologen wären nur sinnvoll,
wenn nicht die Ungültigkeit einer Ehe, sondern deren
moralischer Tod festzustellen oder eine Scheidung zu
gewähren wäre. Für das Verfahren selbst verlangt der Vf.
einen größeren Spielraum für das richterliche Ermessen. In
freier BeweLswürdigung soll der Richter auch allein auf
Grund der glaubwürdigen Aussagen der Parteien das Urteil
fällen können. Eine stärkere Verlagerung von dem schriftlichen
auf ein mündliches Verfahren könnte nicht nur das
Verfahren erheblich beschleunigen, sondern auch auf die
Mitwirkung von Anwälten und Eheverteidiger verzichten
lassen. Das Urteil der ersten Instanz soll grundsätzlich
vollstreckbar sein. Gerichtskosten, die ohnehin gering und
nur Anlaß zu üblen Verdächtigungen sind, sollen den Parteien
nicht entstehen.

Der zweite Abschnitt (77-125) ist dem Gegenstand des
Eheverfahrens gewidmet. Der Vf. weist darauf hin, daß ein
Verzicht auf kirchliche Ehehindernisse und Eheschlicßungs-
form gerichtliche Eheverfahren nicht überflüssig machen
würde, weil die Nichtigkeitsgründe zum allergrößten Teil
in Willensmängeln liegen. Mangelnden Willen aber kann
keine menschliche Macht ersetzen. Geisteskrankheit wird in
der bisherigen Spruchpraxis als Willensmangcl behandelt.
Demgegenüber zeigt der Vf. auf, daß es nicht nur um die
Fähigkeit geht, den Konsens rechtsgültig abzugeben, sondern
auch um die Fähigkeit, die übernommenen Verpflichtungen
zu erfüllen. Solche Unfähigkeit kann sehr wohl
neben der Konsensfähigkeit bestehen, und zwar nicht nur
bei Geisteskranken, sondern auch bei anderen krankhaft
veranlagten Menschen. Der die Spruchpraxis der kirchlichen
Gerichte beherrschende Begriff des geschlechtlichen Unvermögens
(Impotenz) wird in sich und angesichts der Ehe-
lchre des 2. Vatikanischen Konzils als unbefriedigend erkannt
. Eingehend beschäftigt sich der Vf. mit der Frage
nach der Fähigkeit zu vollpersonalcr Entscheidung, die
nicht einfach an ein bestimmtes Alter gebunden ist, Mängel
des Rechts in Hinsicht auf den Ehewillen kommen am
deutlichsten zum Bewußtsein, weil der überwiegende Teil
der Ehenichtigkeitsverfahren Willcnsmängel zum Gegenstand
hat und darüber hinaus Willensmängel auch gültige
Ehen scheitern lassen. Vor allem die gesetzlichen Bestimmungen
über den Eigenschaftsirrtum lassen das Vertrautsein
mit der Wirklichkeit vermissen. Andererseits ist freilich
auch zu sagen, daß die Grenze nicht einfach zu finden
ist, bis zu welcher hin ein Eigenschaftsirrtum der Gültig-