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Ausgabe:

1973

Spalte:

942-943

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Archiv für Liturgiewissenschaft 1973

Rezensent:

Beckmann, Joachim

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941

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 12

942

big sleep, and here I've got to run all over pgain.
Where am I running? You know these things I can't
understand ... So I'ffl follow along, okay? But lead,
Lord. Now I've got to run. Are you running with
me, Jesus?" (169).
Eine konkrete Sprache, die von Fakten, handgreiflichen
Fakten überströmt; eine Sprache, die nicht nach Bildern
sucht, sondern in der die alltäglichen Fakten selber zu
Bildern, zu Gleichnissen werden. Hier wird gebetet, „wie
einem der Schnabel gewachsen ist" (118); hier geht es in
jeder Wendung um die „Konkretisierung des Abstrakten"
(122); hier vollzieht sich in jeder Zeile „die Feier des
Konkreten und Unmittelbaren" (166). Wenn es nicht so
mißverständlich wäre, müßte man sagen: Hier tritt kein
Beter mehr aus seiner Welt heraus, von Gott hin; hier
begibt sich Gott (oder mit wem sonst man hier spricht!)
in jenem Kommunikationsvorgang, den man traditionellerweise
„Beten" nennt, in die alltäglichen Banalitäten hinein.
„Strafjengebete" treten an die Stelle von „Buntglas-Gebeten"
- „Gebete, die mehr irdisch als himmlisch sein werden,
Gebete, die lachen und weinen" (215). Was der Vf. von den
Gebeten afrikanischer Christen sagt, gilt von einem Großteil
aller neuen Texte: „Sie fallen durch Konkretheit auf;
abstrakte Ideen fehlen" (188).

Aber es gibt auch andere Beispiele:
„Wie schön es ist!
Morgensonnc, Abendsonne . . .
Sie gleitet über das Wasser ...
Und das Licht badet sich, wird ganz schön.
Gott unser Vater, bade uns in deiner Schönheit!
Feuer Gottes. Das Feuer auf der Erde.
Es zündet in unseren Herzen.
Jesus Christus! Wir wollen leben,
leben als ,Feuerseele'!" (110)

..... dichterisch, lyrisch und glasklar" nennt der Vf. diese

Sprache. Aber es erhebt sich die Frage: Wer spricht so?
Und wer versteht diese Sprache? Wird hier nicht von
einer Elite für eine Elite artikuliert? Schmidt stellt diese
Frage immer wieder: „Wird dem gewöhnlichen Volk - im
guten Sinne des Wortes - genügend beim Beten geholfen?"
(223); „Wenden wir uns in unserem Gottesdienst und in
unserem Beten nicht dauernd an das gehobene Bürgertum,
an die Intellektuellen, während doch der größte Teil der
Menschen zum Stand der Arbeiter und Bauern gehört, in
Büros und Läden arbeitet, den Verkehr rollen läßt und
anderen in Restaurants, in den Reinigungsanstalten, als
Polizist oder Portier Dienste leistet - und die Hausfrauen
nicht zu vergessen und so weiter und so fort?" (202). Mit
anderen Worten: Viele der neuen Texte bleiben „in der
Shäre einer Super- oder Subkultur, einer kultivierten Kultur
von Liebhabern und Feinschmeckern" (223). Daß der Schlüssel
zum Verständnis und Vollzug der überlieferten, geprägten
Formen des Gebetes verlorenging, wird beklagt -
aber schon wieder wird verschlüsselt, chiffriert, codiert, und
nur wenige sind in der Lage, die neuen, superintellektucl-
lcn Texte zu decodicren:

»Herr, unsere Grunderfahrungen sind das Chaos, eine
menschenneutrale Natur- und Gesellschaftsgesetzlich-
keit, die Ohnmacht und das Versagen. Unsere Grundvermutungen
sind : Ein Gott-mit-uns, sein Zorn, seine
Liebe, sein Schmerz, ein Jenseits, Heilsgeschichte.
Gott-mit-uns ist Vermutung, Wir-mit-Gott, das muß
zur Tatsache werden ... Wir-mit-Gott, unvermengt
und ernsthaft; Gott-mit-uns, spürbar und verkündbar
; Gemeinden, neben der Gesellschaft für sie, das
sind Verheißungen, denen wir leben wollen" (159).

Schlüsselworte, die in der Studie immer wieder auftauchen:
Kreativität, Ausdruck, Kommunikation (123, 177,185,189ff.,
211 u. ö.): „Vorliegende dokumentarische Studie zeigt deutlich
, daß beim Beten heutzutage der Kultur, dem Ausdruck,

der Erfahrung, dem Spiel und der Kommunikation besondere
Aufmerksamkeit gewidmet wird" (189 f.). Einer der
Gründe: „Beten ist eine Aktivität des ganzen Menschen.
Ohne Ausdruck und Kommunikation ist Beten .. . unmöglich
" (190). Schade, daß der Vf. nicht dazu kommt, diese mit
sehr viel Fracht beladenen Begriffe und Gedanken weiter
zu entfalten. Aber - Schmidt will ja nichts weiter bieten
als eine „dokumentarische Studie" (9, 10, 12, 222). Deshalb
verzichtet er weitgehend auf Wertungen (8); er will keine
„systematische oder abgeschlossene theologische Abhandlung
über das Gebet" (12) vorlegen: „Die persönliche Verarbeitung
der Dokumente zu einer förmlichen synthetischen
Studie über das Gebet (die Theologie, die Liturgie, die
Sprache, die Psychologie, die Kommunikation des Gebetes
usw.) gehört nicht zu den Zielen dieses Buches" (222).
Immerhin: Schmidt hat mit seiner Dokumentation eine
kaum zu überschätzende Vorarbeit für eine solche „synthetische
Studie" geleistet. Es bleibt der Wunsch, daß der Vf.
selber die Zeit dazu finden möge, uns bald diese noch ausstehende
systematische Verarbeitung des von ihm vorgelegten
Materials zu präsentieren.

Leipzig Karl-Iloinrkh Bicritz

LITURGIEWISSENSCHAFT

Archiv für Liturgiewissenschaft, in Verb. m. A. L. Mayer
u. O. Heiming hrsg. v. E. v. Severus. Bd. XII: 660 S.;
Bd. XIII: 543 S. Regensburg: F. Pustet 1970/71. gr. 8°
Abt-Herwegcn-Institut für liturgische u. monastische Forschung
Abtei Maria Laach.

In der ersten Hälfte von Bd. XII dieses Jahrbuchs finden
sich nebeneinander grundsätzliche und historische Arbeiten.
Die grundsätzlichen befassen sich mit dem Problem der
„Zeichen" oder „Symbole" im Hinblick auf den Gottesdienst.

Hermann Reifenberg schreibt unter dem Titel
„Neue Schwerpunkte der Liturgie" über die Bedeutung des
optischen Elements im Gottesdienst. Er behandelt dabei:
Benediktion, Prozession und „Kultspiele" - alles im Blick
auf die gegenwärtigen Fragen des Gottesdienstes. Es folgt
Robert S c h e r e r mit „Philosophische Gedanken zum
Symbolverständnis", die jedoch in theologische Gedanken
übergehen. Zum selben Bereich äußert sich John Hennig
unter dem Thema „Wandlungen des Zeichenhaften in der
römischen Meßliturgie". Rene Born er t schließlich entwickelt
die „Symbolgestalt der byzantinischen Liturgie" (als
Epiphanic des Mysteriums des Heilsgeschchens).

Die übrigen Beiträge sind hauptsächlich historische
liturgiewissenschaftlichc Aufsätze. Die wichtigsten sind:
Erich Schweitzer, „Fragen der Liturgie in Nordafrika
zur Zeit Cyprians" (zum Problem der Abendmesse), Anton
Z w i n g g i, „Die fortlaufende Schriftlesung im Gottesdienst
bei Augustinus" (eine Bestreitung weithin angenommener
lectio continua im damaligen Gottesdienst). Odilo
Heiming bringt Beiträge zur Geschichte der ambrosia-
nischen Liturgie (mit Fortsetzung im Jahrbuch 1971). Fer-
dinando dell'Oro liefert einen umfangreichen Einblick
in die „Benedictiones episcopales" aus dem Codex Warmon-
dianus. John Hennig berichtet über Anfang und Ende
eines fast ganz unbekannt gebliebenen Festes der Divisio
Apostolorum (irischen Ursprungs im Mittelalter). Schließlich
sei noch der schöne Aufsatz von Burckbard Neunheuser
über die „Taufe im Geist" erwähnt, worin er die Bedeutung
des Heiligen Geistes in den Riten der Taufliturgie zur
Sprache bringt.

Im Literaturbericht findet sich: Die Liturgie in
der Theologie und im kirchlichen Leben nach dem 2. Vatikanischen
Konzil (Angelus Häussling). - Pastoralliturgik
(Wilhelm Kahles). - Die Liturgie im Geistesleben des
Mittelalters (Emmanuel v. Severus). - Liturgie im Zeitalter