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Ausgabe: | 1973 |
Spalte: | 939-942 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Autor/Hrsg.: | Schmidt, Hermann |
Titel/Untertitel: | Wie betet der heutige Mensch? 1973 |
Rezensent: | Bieritz, Karl-Heinrich |
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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 12
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S. 7). So Hegen hier Predigten vor, an denen viel gearbeitet
worden ist. Freilich ist der akademische Stil nicht immer
einer lebensnahen Predigtsprache gewichen. Hier und da
begegnen auch schillernde und schwebende Formulierungen,
deren Sinn beim ersten Hören nicht immer sogleich zugänglich
gewesen sein wird. Zurückhaltende Zartheit im
Ausdruck kann sich mit deutlichen und nüchternen Wendungen
verbinden, ohne daß grelle Polemik oder überzogene
ästhetische Empfindsamkeit die Feder regieren.
Klare Gedankengänge finden sich durchweg, freilich wechselt
die Breite ihrer Ausführung.
Selbstverständlich entsteht die Frage, wie der durch
seine Hermeneutik so äußerst anregende Theologe srfbsl
predigte, der durch seine Arbeit das Tor zur alttestament-
liehen Predigt für die letzte Generation so entscheidend neu
mit aufgestoßen hat. Es fällt auf, wie die Texte eben selbst
zur Sprache kommen und daß sie gerade da, wo ihre
theologische Weisheit für den Menschen von heute transparent
wird, ihren besonderen Glanz erhalten. Am wenigsten
überzeugen vielleicht die Stellen, in denen versucht wird,
ausdrücklich und kräftig „typologische" Aussagen zu machen
. In einer Predigt über 1 Sam 28 wird die Situation
des Saul, dem sich Gott verschlossen hat, zum Typus für
„die Leidensgeschichte Christi .. . Gott ist ihm noch viel
stummer und verborgener geworden, und er hat einen
Abgrund der Gottverlassenheit erfahren .. ." (S. 34). Diese
Art der Auslegung sprengt u. E. die Eigenart des alttesta-
nicntlichcn Textes zu sehr (vgl. ähnlich S. 28). Auf S. .r>6
geht die typologische Auslegung - entgegen des Vf.s theo
retischen Erkenntnissen - ins Allegorische über: „Der Weg
Jesu Christi ins Leiden, in die Anfechtungen von Gethsemane
und in die Gottverlassenheit von Golgatha - das ist
der Weg hinaus in das Grauen der Wüste, den Hosea geweissagt
hat" (Hos 2,16). Andere „typologische" Auslegungen
läßt man sich wohl gefallen (z. B. S. 42, 49ff„ 98).
Wichtiger ist jedoch, zu sehen, wie fast alle Predigten
zeigen, daß es möglich ist, der heutigen Gemeinde entscheidende
Glaubenswahrheiten des Alten Testaments zu
vermitteln, gerade wenn man sich im Horizont der Sprache
vnd der theologischen Erfahrung der Texte aufhält.
Rödersdorf bei Berlin Friedrich Winter
Schmidt, Hermann, S. J.: Wie betet der heutige Mensch?
Dokumente und Analysen, übers, v. J. u. T. Knust. Ein-
siedeln-Zürich: Benziger; Frciburg-Wien: Herder [1972).
288 S. 8° Pastoralliturgischc Reihe, in Verb, mit der
Zeitschrift „Gottesdienst", hrsg. von den Liturgischen
Instituten Salzburg, Trier und Zürich. Kart. DM 31,-.
Ein Literaturbericht von überdimensionalen Ausmaßen,
den uns H. Schmidt hier vorlegt: 991 Titel werden auf
224 Seiten präsentiert und besprochen - darunter znhl-
reiche Serien, die in der 60 engbedruckte Seiten umfassenden
Bibliographie (225-284) nur mit einer Ziffer erscheinen
, obwohl sie mehrere Titel umfassen. Weitere 229 Titel,
die im Textteil nicht mehr besprochen werden konnten,
werden wenigstens in einem bibliographischen Supplement
aufgeführt.
Die Bibliographie ist - wie es sich bei einem Vf. von
solch internationalem Rang, der als Holländer in Rom
lebt und lehrt, von selbst versteht - international: Knapp
ein Viertel aller besprochenen Titel ist - sei es im Origi
nal, sei es in Übersetzung - in deutscher Sprache greifbar;
des weiteren ist vor allem der niederländische, englische,
französische, italienische und spanische Sprachraum, je nach
Produktivität und sachlichem Gewicht, vertreten. Die Biblio
graphie ist - auch das verwundert bei diesem Autor in
keiner Weise - in einem ganz umfassenden Sinne „ökumenisch
": Nicht nur, daß Publikationen aus dem nichtrömischen
christlichen Bereich gleichberechtigt und gleichge
wichtig dargeboten und ausgewertet werden; auch nicht
christliche, ja, areligiösc, „atheistische" Autoren kommen
mit ihren Publikationen und Praktiken zum Thema „Gebet"
zur Sprache (vgl. z. B. Nr. 554 der Bibliographie!).
Und doch unterstreicht der Vf. nachdrücklich die Unvoll-
ständigkeit seines Unternehmens: „Unsere dokumentarische
Studie beschränkt sich auf das, was in der Zeit von 1960
bis 1972 über das Beten im Druck erschienen ist ... Die
Dokumentation ist keineswegs vollständig ... Es ist unmöglich
, alles, was jetzt über das Beten erscheint, zu verfolgen
und anzuschaffen . . . vieles wird nicht in Bibliographien
aufgenommen; vieles ist vergriffen und wird
nicht wieder aufgelegt; interessante Dinge findet man
zufällig auf Reisen oder bei irgendwelchen Treffen" (10).
Der Vf. hat weitgehend darauf verzichtet, ungedrucktes,
nur handschriftlich überliefertes oder vervielfältigtes Material
, abgezogene Blätter, Tonbandaufzeichnungen u. ä. mit
in seine Bestandsaufnahme einzubeziehen, obwohl gerade
dieses Material - Schmidt ist sich dessen bewußt - eine
besondere Nähe zur Basis, zum Vollzug des „Betens heute"
aufweist.
Betrachtet man die Fülle des vom Vf. zusammengetragenen
Materials (es handelt sich schließlich doch nur um
den Zeitraum eines reichlichen Jahrzehnts!), zieht man dazu
noch die Bruchstückhaftigkcit dieser Übersicht in Betracht,
auf die der Vf. immer wieder hinweist, so kommen einem
beträchtliche Zweifel, ob die Rede von der „Krise", in der
sich das Gebet in unserer Zeit befindet, berechtigt ist: Noch
nie zuvor - das läßt sich gewiß mit einfachen statistischen
Mitteln nachweisen - wurde so viel über das Gebet geschrieben
. Noch nie zuvor wurde so viel mit dem Gebet
und durch das Gebet experimentiert. Noch nie zuvor wurde
so intensiv um neue Gebete gerungen, nach einer neuen
Sprache, nach einer neuen Dimension des Gebets gesucht.
Noch nie zuvor - es klingt paradox, aber wenn hinter den
unzähligen zeitgenössischen Gebctssammlungen überhaupt
eine spirituelle Realität stehen soll, bleibt der Schluß unab-
weislich -, noch nie zuvor wurde so engagiert, so phantasievoll
, so konkret gebetet.
Krise des Gebets? Ja und Nein. Die Antwort, die die
Dokumentation auf die Frage gibt, fällt ambivalent aus:
In die Krise geraten ist das Gebet als „angelerntes, aber
leergewordenes Verhalten" (205). In die Krise geraten ist
der gewisse Stil eines entwcltlichten und lciblosen, pseudoinnerlichen
, individualistischen Gebets. In die Krise-
geraten sind die höfischen, zeremoniellen, devoten Umgangsformen
mit den göttlichen Majestäten. Aber diese
Krise selbst ist Voraussetzung und Ansatzpunkt eines neuen
Stils, eines neuen Engagements für Gebet, einer neuen
Spiritualität. Von diesem neuen Stil kann man - selbst auf
die Gefahr hin, die Dinge unzulässig zu verkürzen - zweierlei
sagen: Hier wird ungeheuer expressiv, sprachintensiv
gebetet. Und: Hier wird bis zur Blasphemie konkret
mit Gott gesprochen.
Aber auch dieser neue Stil hat seine Probleme und
Gefahren - Ansatzpunkte neuer Krisen. Das machen die
Beispiele, die Schmidt abdruckt, deutlich. Und man muß
ihm dankbar sein, daß er zahlreiche ausgeführte Gebetstexte
- oft sogar zweisprachig - in die 224 Textseiten
seiner Studie eingearbeitet hat. Auf den ersten Blick ist
man versucht, zwei Gestalten des neuen Bctcns voneinander
zu unterscheiden: den „lyrisch-expressiven" und den „sozial-
konkreten" Stil der modernen Gebctsspiritualität. Auf den
zweiten Blick aber stellt man fest, daß es Mischformen
gibt, ja, daß wohl beide Gestalten nur zwei Aspekte einer
Haltung sind.
„It's morning, Jesus ... I've got to move fast ... get
into the bathroom, wash up, grab a bite to eat, and
run some more. I just don't feel like it, Lord. What
I really want to do is get back into bed, pull up the
Covers, and slecp. All I seem to want today is the