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Ausgabe:

1973

Spalte:

933-935

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Ausgewählte alttestamentliche Texte 1973

Rezensent:

Voigt, Gottfried

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933

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 12

934

derjenige, der sich die Mühe macht, genau zu vergleichen,
kann erst recht beirrt werden: die Absatzeinteilung und die
Unterstreichungen sind gegenüber den Originaltexten fast
durchweg verändert; bisweilen wird in einem ausführlich
reproduzierten Originaltext ein Wort ersetzt (s. S. 43 statt
.Zeit" im Original wird „Frühe" eingesetzt), so da§ man
fragen mufj: liegt hier die authentisch verbesserte Zwcit-
auflage mancher Texte von Ernst Fuchs vor? Dergleichen
Fragen zeigen, dafj man dem Buch, was sein Verfahren
betrifft, nur wünschen kann, da5 es einzigartig bleibt.

Wenn man die genannten Gefahren beachtet, dann vermag
das Buch, und nur das kann sein Sinn sein, zur Lektüre
der Originaltexte an ihrem originalen Ort einen erleich
ternden Zugang zu schaffen.

Dem Buch sind zwei Arbeiten von E. Fuchs beigegeben ■
einleitende Thesen zum Ansatz einer christlichen Theologie
und eine Predigt über Johannes 14,6.

Potsdam Christoph Domku

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Breit, Herbert, u. Claus Westermann (Hrsg.]: Calwer Predigthilfen
. Bd. 6: Ausgewählte alttestamentliche Texte.
Unter Mitarb. v. J. Kühlewein u. H. D. Preufj. 319 S.
Lw. DM 18,-.

— u. L. Goppelt (Hrsg.]: Calwer Predigthilfen. Bd. 9:
Neutestamentliche Texte der fünften Reihe. 338 S. Lw.
DM 19,50. - Bd. 10: Neutestamentliche Texte der sechsten
Reihe. 339 S. Lw. DM 19,50. - Bd. 11: Neutestamentliche
Texte der ersten Reihe. 415 S. Lw. DM 22,-. Stuttgart:
Calwer Verlag [1970/71/72]. 8°.
Mit den Bänden 9-11 wird die neue Folge der Calwer
Predigthilfen (vgl. ThLZ 96, 1971 Sp. 543 ff) fortgesetzt.
Zu dem Stamm bewährter Mitarbeiter sind einige neue
Namen hinzugekommen. Die dieser Sammlung eigene Linie
ist beibehalten, im Methodischen wie im Sachlichen. Die zu
den Reihen 5 und 6 gehörigen alttestamentlichen Texte
sind bereits in den Bänden 3 und 4 bearbeitet. Einige
kleine Lücken sind freilich in den Bänden 9 und 11
geblieben. (In Bd. 10,'S. 8 sind die Texte für Himmelfahrt
und Exaudi vertauscht.) Für Neujahr ist jeweils die Jahreslosung
besprochen.

Der Gedanke, Textgruppen zu bilden, ist zwar grundsätzlich
beibehalten, in Einzelfällen jedoch (mehr und mehr)
aufgegeben. Es erweist sich an nicht wenigen Stellen als
hilfreich, darzulegen, was zusammengebündelte Texte verbindet
und was sie unterscheidet, aber man hat wohl
bemerkt, daß dieses Kunstmittel nicht in jedem Falle anwendbar
ist. Geschickt, dafj die beiden Einzugsperikopen
nebeneinander und von einer Hand bearbeitet sind (11/15 ff).
Viel zu lernen ist dort, wo der Vorspann oder auch eine
exkursartige Ausweitung des exegetischen Teils Zusammenhängendes
über den Stand der Forschung berichtet (z B
9/46.104; 10 123.138; 11/143.153). Nur selten ist die
Exegese zugunsten der „Besinnung" kurz gehalten (10/214;
11/51. 161); meist hat sie gegenüber der „Besinnung" und
dem Vorschlag „zur Predigt" das Übergewicht. Hier ist
nicht nur der Ertrag der Forschung aufgearbeitet (zahlreiche
Literaturhinweise), sondern es wird auch nicht
selten Eigenes, Weiterführendes geboten - einzelnes aufzuzählen
(etwa zur Johannes- und Hebräerbrief-Forschung,
wo es dem Rez. besonders auffiel) möchte man sich aus
Gründen der Gerechtigkeit versagen. Genug: der Benutzer
darf sich dem zuverlässigen Geleit anvertrauen. Er wird
bestätigt finden, dafj der Umgang mit den von heutiger
Exegese verwendeten Methoden (z. B. der traditionsgeschichtlichen
) auch für den Prediger von Gewinn ist.

Wer nach dem theologischen, speziell hermeneutischen
Standort der vorliegenden Predigthilfen fragt, erwartet
hoffentlich keine schematische Antwort. Uns machen ohnehin
die falschen Alternativen genug zu schaffen, die aus
einem Klischeedenken - hüben und drüben - entstehen.
Schon die Vielzahl der Verfasser würde einer vereinfachenden
Antwort entgegenstehen Der Leser wird in die Diskussion
hineingezogen; die Verfasser sind gesprächsoffen,
aber sie scheuen sich nicht, Standort zu beziehen. Im ganzen
wird man sagen dürfen, dafj sie in dem Bemühen einig
sind, aus der (nötigen) Interpretation biblischer Sachverhalte
nicht doch am Ende so etwas wie eine Eliminierung
werden zu lassen. Nur auf weniges können wir schlagwortartig
hinweisen: Mit dem „Verlust der Transzendenz"
(Horkheimer) findet man sich nicht ab (z. B. 9/51; 10/53).
Das Transzendente ist ja nicht einfach als Metaphysisches
zu diffamieren (10/19). Das personhafte Geschehen beim
Einswerden Gottes mit dem Menschen in der Inkarnation
darf nicht zu einer falschen Alternative gegenüber dem
ontologischen Aspekt werden (10/51). Die existentiale Interpretation
Bultmanns wird aufgeschlossen gewürdigt und
doch zugleich als Verkürzung beurteilt (9/55). Das Kreuz
wird als sühnende Leistung verstanden, die Gott selbst erbringt
(10/324). Das Anliegen einer präsentisch-aktualisti-
schen Eschatologie, noch mehr vielleicht das des Hereinra-
gens des Eschaton ins Heute wird durchweg verbunden mit
der (im klassischen Sinne) futurischen Eschatologie (9/95f. 208;
10/149.155.171.195 f; 11/58. 391 u.ö.). Seit Ostern „steht eine
Wirklichkeit gegen die andere" (10/203). Freilich mufj man
wissen: „Christus hat keine Sphären durchschwebt. Er ging
in Gottes Geheimnis ein" (10/152). Das Wort Mythos löst
keine Schockwirkung aus, wenn man weift, was der Mythos
meint: das Kommende, das mit dem Wort „neue Schöpfung
" bezeichnet ist (10/179). Das in diesen Bänden zu
erkennende Vertrauen zum Wort ist jedenfalls ein herme-
neutisch verantwortetes Vertrauen, in dem die einzelnen
Autoren einander genügend Freiheit gewähren.

Die Abschnitte, die mit „Zur Besinnung" überschrieben
sind, mühen sich um den Brückenschlag zur Situation (z. B.
(10/248.296; 11/32. 35. 44. 65 f. 210); Rez. meint darin im
Laufe der einzelnen Jahrgänge ein gewisses Crescendo feststellen
zu können. Willkommen werden besonders in Band
11 die (meist sehr eindrucksvollen) Zitate sein (71 f. 184.
192. 320. 399 u .a.). Der Gefahr, in Situationsanalysen auf-
und unterzugehen, ist m. W. keiner der Verfasser erlegen.
Der Text mufj ja in jedem Falle in Vorhand bleiben. -
Auffällig ist, dafj auch die „Besinnung" den Text meist
mehr reflektiert, als dafj sie ihn meditierend
nachspräche (natürlich gilt dies von der einen Predigthilfe
mehr als von der anderen). Dem Benutzer, der den Stoff
gern noch einmal in der Überschau durchnehmen will, ist
damit gedient. Andere werden gern mehr „eintauchen"
wollen. Vielleicht bedürfen unser viele noch mehr der Hilfe
an der Stelle, wo der Intellekt das Seine getan hat und der
Bereich beginnt, in dem der ganze Mensch von der
„Strömung" dessen, was der Text meint, erfafjt wird und
wo darum auch die Weise des Redens stärker von der
Meditation bestimmt sein sollte. Aber hier senden und
empfangen die einzelnen auf verschiedener Wellenlänge,
und es ist gut, da§ ein jeder nach dem greifen kann,
was ihm gemäfj und nötig ist. - Auch die Vorschläge „zur
Predigt" - sie deuten erfreulicherweise nicht selten mehrere
Möglichkeiten an (9/79.176; 10/191; 11/186 u. ö.) -
scheinen überwiegend vom Gedanklichen her konzipiert zu
sein. Inwieweit werden sie in der Praxis dienlich sein? Bs
ist nicht zu bezweifeln, dafj der jeweilige Autor selbst so,
wie skizziert, predigen kann (bzw. schon gepredigt hat),
aber hier wird die „Übertragbarkeit" oder auch die Assimi
lierbarkeit am stärksten zum Problem. Man kann, meine
ich, die thematischen „Felder" stichwortartig angeben auf
denen sich die Predigt bewegen könnte, aber die gedank-