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Ausgabe:

1973

Spalte:

860-861

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Beck, Horst W.

Titel/Untertitel:

Weltformel contra Schöpfungsglaube 1973

Rezensent:

Fritzsche, Hans-Georg

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859

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 11

860

zeption der Angst (so J. P. Cole, Kierkegaard's Concept of
Dread; With constant reference to S. Freud; Ph. D.-thesis,
Drew University 1964) oder auf Kurzvergleiche (so Ludwig
Marcuse, Freud. Sein Bild vom Menschen, Zürich2 1972, pp.
186-210).

Hinzuweisen ist noch auf den glänzend geschriebenen
Unterabschnitt 'von Kap. VII, nämlich 2:2 „Geistlosigkeit
und Dämonie" (323ff), wo die Verbindung der beiden Themenbegriffe
mit der Basiserklärung erarbeitet wird, dafj gemäß
Kierkegaard die Geistlosigkeit eine stets latente Dämonie
in sich hält, sie also Angst ist, wenn auch nicht so
intensiv. Der Unterschied zur Angst vor und nach der Sünde
ist hier nicht nur psychologisch, sondern auch soziologisch
zu sehen. Wesentlich trägt auch hier das Wesen der selbstzentrierten
Liebe (Unterabschnitt 2:3) dazu bei, dafj der
Mensch im Mißtrauen sich ängstlich mit sich selbst beschäftigt
und kein echtes Verhältnis eingehen kann (326ff). Dieser
Liebe im Mißtrauen stellt nun Nordentoft am Ende seines
Buches die aufbauende Liebe gegenüber, die sowohl im
psychischen wie sozialen Bereich zugleich gründet. In der
Selbstbeobachtung durch die verschiedenen Stufen hindurch
blickt der Mensch in sich selbst hinein, er kommt zu sich
selbst; aber wenn er z. B. nur die Verzweiflung sieht und
nicht die aufbauende Liebe, dann sieht er nichts (485). Ein
Zweifaches ist so über Kierkegaards Psychologie zu sagen:
„Ihre eigentliche Aufgabe ist es, das negative Verstehen,
das der Inhalt des Sündenbewußtseins ist - und das Sündenbewußtsein
ist wiederum der meist definitive Ausdruck für
die Selbsterkenntnis -, zu fördern. Weiter zeigt Kierkegaards
Psychologie, daß diese Selbst- und Sündenerkenntnis
eine wirkliche Erkenntnis ist, ein Verstehen, und folglich
nicht nur ein blindes Nichtigkeitserlebnis" (459).

Eine sechsundzwanzigseitige englische Zusammenfassung
rundet das durch zahlreiche Skizzen aufgelockerte, tiefschürfende
, da den ganzen Kierkegaard erfassende, und stilistisch
glänzend geschriebene Werk ab. Sauber durchgeführt ist
auch der am Ende des Buches sich findende Personen- und
Literaturindex.

Goslar Wolfdietrich von Kloeden

1 Hinsichtlich der Kierkegaard-Texte wird nach der 2. Ausgabe der
Samlede Vaerker („SV"), hrsg. von Drachmann, Heiberg und Lange,
1930—1936, mit nachgestellter Band- und Seitenongabe und nach der
ersten Ausgabe der Papirer („Pap."), hrsg. von Heiberg, Kühr und
Torsting, 1909—1948, mit der üblichen Band- und Stellenangabe zitiert.
Die deutschen Ubersetzungen der Texte von Kierkegaard und Nordentoft
stammen vom Rezensenten.

2 Als Übersetzung für den Begriff „tvesind" böte sich auch das deutsche
Wort „Wankelmut" mit Vorbehalt an, da das von Kierkegaard
häufig gebrauchte Schlüsselwort „Tvesindethed" (z. B. SV VIII, 154ff)
gemäß seinem Ursprungsort Jak 4,8 von E. Hirsch z. B. nach der Lutherübersetzung
mit „Wankelmut" wiedergegeben worden ist. Für eine
psychologische Studie aber wird der Sinn des Zwiespältigen im Wort
„tvesind" am besten mit „Gespaltensein" wiedergegeben.

Brechtken, Josef: Die Wirklichkeit Gottes in der Philosophie
Ludwig Feuerbachs (TijdschrFil 35, 1973 S. 87-108).

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SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Beck, Horst W.: Weltformel contra Schöpfungsglaube. Theologie
und empirische Wissenschaft vor einer neuen Wirklichkeitsdeutung
. Mit einem Geleitwort von H. von Oyen.
Zürich: Theologischer Verlag [1972]. VIII, 281 S. 8°. Kart.
DM 24,80. sfr. 27.50.

Grundgedanke und Grundtendenz dieses Buches sind wertvoll
und wichtig - wenngleich die Titelformulierung diese
mißverständlich andeutet (und auch der Untertitel fragwürdig
ist). Beck scheidet die Bereiche von „empirischer
Wissenschaft" und christlichem Schöpfungsglauben nicht in
für die Theologie lähmender Weise, sondern in dem Bemühen
, gegenseitige Impulse zu aktivieren. Allerdings steht
dies mehr auf der Person desjenigen, der in beiden Bereichen
verwurzelt ist, als auf sachlich schlüssigen Gedankenketten
vom einen zum andern hin. Sachlich bleibt nur die
These von der Offenheit besonders der Naturwissenschaften
zum Schöpfungsglauben (und zu christlichem Glauben
an ein Heilsgeschehen in der Menschenwelt überhaupt).
Das Eindrucksvolle an diesem Buch ist dies, daß es an Problemen
und Aporien heutiger „empirischer Wissenschaft"