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Ausgabe:

1973

Spalte:

843-846

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Ibañez - Izquierdo 1973

Rezensent:

Völker, Walther

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843

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 11

844

Simonsen, Hejne: Messiashemeligheden og Markusevange-

liets struktur (SEA 37/38, 1972/73 S. 107-124).
Stogiannos, Basileios P.: Über die Lehre vom Gesetz im

Galater-Brief des Apostels Paulus (neugr.) (Deltion Bi-

blikön Meietön 1, 1972 S. 312-328).
Synofzik, Ernst: Die Gerichts- und Vergeltungsaussagen bei

Paulus (Theol. Dissertation, Göttingen 1973).
Tilborg, Sjef van: .Neerdaling' en incarnatie: de christologie

van Johannes (Tijdschr Th 13, 1973 S. 20-33).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Dictionnaire de Spiritualite, ascetique et mystique, doctrine
et histoire, fonde par M. Viller, F. Cavallera, J. de Guibert,
S. J., continue par A. Rayez et C. Baumgartner, S. J., assi-
stes de M. Olphe-Galliard, S. J. avec le concours d'un
grand nombre de collaborateurs. Tome VII,1: Haakman -
Hypocrisie. Tome VII,2: Ibaiiez - Izquierdo. Paris: Beau-
chesne 1969/71. 2382 Sp. 4".

Seit dem Erscheinen dieses ebenso umfänglichen wie belehrenden
und geradezu unentbehrlichen Lexikons habe ich
immer wieder in dieser Zeitschrift auf diese in ihrer Eigenart
einzige Quelle solider und zuverlässiger Information hingewiesen
(1935, Sp. 382-384; 1936, Sp. 423-425; 1938, Sp.
51-52; 1939, Sp. 85; 1957, Sp. 362-364; 1964, Sp. 847-848;
1965, Sp. 755-757; 1968, Sp. 587-588; 1970, Sp. 353-364
(hier ist bei der Titelei ein Fehler unterlaufen, der durch
eine spätere Notiz in Sp. 880 berichtigt worden ist]).

Der siebente Band, den ich jetzt anzeigen möchte, umfaßt
die Artikel, die mit den Buchstaben H und I beginnen. Angesichts
ihrer großen Zahl - es handelt sich um einige hundert
Beiträge - ist es ganz unmöglich, bei einer Besprechung
in Einzelheiten einzugehen, zumal kaum ein Rezensent in
der Lage sein dürfte, das weite Gebiet quellenmäßig zu
überschauen und überall aus eigener Kenntnis und Mitarbeit
die verschiedenen Problemstellungen selbständig zu
durchdringen. Es mag daher mit einigen grundsätzlichen Bemerkungen
über die Arbeitsweise und mit gelegentlichen
Stichproben bei Artikeln, die vertraute Gebiete behandeln,
sein Bewenden haben.

Unter den großen Artikeln, auf die sich die Aufmerksamkeit
zunächst richtet, fällt der umfassende Beitrag über die
Gestaltung des geistlichen Lebens in Italien auf (Sp. 2141
bis 2311), der 170 Spalten umfaßt und an dem etwa zwanzig
Theologen mitgearbeitet haben. So dankenswert dieser Überblick
an sich auch sein mag, der Artikel wirkt ungefüge und
wenig ausgeglichen, ganz verschieden in der Anlage der einzelnen
Abschnitte. So drängt sich das 19./20. Jahrhundert
ungebührlich in den Vordergrund, denn es nimmt ein Viertel
des Gesamtumfangs für sich in Anspruch, während anderes
sehr kurz behandelt wird, wie etwa die Bettelorden
oder die sektiererische Bewegung im Mittelalter, obwohl
deren Bedeutung gerade im geistigen Sektor recht groß ist.
Einige Autoren begnügen sich mit knappen Charakteristiken
einzelner Persönlichkeiten, die aneinandergereiht werden
(cf. Sp. 2168-2176: Columba, Paulus Diaconus, Romuald,
Petrus Damiani), andere teilen die Spiritualität in eine solche
der Mönche und Eremiten oder der Kleriker und Laien,
wobei man chronologisch immer wieder von vorn anfängt,
ein Schematismus, der jedes tiefere Verständnis verhindert
(Sp. 2178-2184). Oder man begnügt sich damit, lediglich
Namen aufzuzählen und diese nach Schulen zu gruppieren
(Sp. 2252-2258). Der Leser wird mit einer Fülle von Einzelheiten
geradezu überschüttet, die bei ihrer Skizzenhaftig-
keit ein wirkliches Eindringen erschweren, ohne daß die
großen richtungweisenden Gedanken deutlich hervorträten.

Ähnliche grundsätzliche Bemerkungen müssen auch beim
Artikel Humanisme et Spiritualite (Sp. 947-1033) vorgebracht
werden. Man ist sich deutlich der Schwierigkeit eines

solchen Themas bewußt (Sp. 947: un sujet aussi complexe)
und will im Grunde nur einzelne Anregungen vortragen
(ebd.), wobei alles besitze un caraotere fort provisoire
(Sp. 971). Im Grunde liest man aber nur disparate Stücke,
die von verschiedensten Blickrichtungen aus konzipiert sind.
Raymond Marcel mahnt vergeblich, daß man immer vom
italienischen Humanismus ausgehen müsse (Sp. 1001), sein
Beitrag erscheint erst als Kapitel 5. Für die ältere Zeit wird
aller Nachdruck darauf gelegt, daß ein Bündnis bestanden
habe zwischen der Antike samt ihren literarischen Werken
und dem geistlichen Leben (Sp. 962: nicht ohne Gott),
wobei auch die Würde des Menschen christlich gewertet
werde (Sp. 963). Fünfzig Seiten später liest man dagegen,
daß die Spiritualität des Erasmus gerade deshalb humanistisch
sei, weil Gott und Welt auf den Menschen bezogen
sind (Sp. 1026). Schließlich ist der Humanisme devot
eines Bremond, mit dem die Darstellung schließt, ein Gewächs
eigener Art (Sp. 1028-1033). Es fehlt eine scharfe Definition
des Humanismus, die Ergebnisse begnügen sich daher
auch mit Feststellungen ganz allgemeiner Art. Die Darstellung
ist meist knapp gehalten und besitzt viel Material
in nur andeutender Form, an zwei Stellen wird sie aber ungewöhnlich
breit, so bei der großen Übersicht über die Stände
im späten Mittelalter oder bei der Beschreibung der eras-
mischen Frömmigkeit, die im Anschluß an Kohls erfolgt. Die
immerhin bescheidenen Resultate rechtfertigen nicht die etwas
langatmigen Exkurse.

Es ist nicht erforderlich, auf weitere Artikel einzugehen,
da sie ähnlich angelegt sind und deren Autoren überzeugt
sind, einen komplizierten Gegenstand nicht erschöpfend behandeln
zu können: nur les aspects prinoipaux (Sp. 1152),
absolument impossible (Sp. 1562) u. ö.

Wird dagegen ein größerer Zeitraum von einem Kenner
gewürdigt, so gewinnen wir einen völlig anderen Eindruck.
So ist Camelots Beitrag über den Hellenismus (Sp. 145-164)
sehr förderlich. Der Autor ist gewiß davon überzeugt, nur
ein rapide apergu zu bieten (Sp. 147, cf. Sp. 162), aber innerhalb
dieser Grenzen wird das Problem scharf gestellt, in Auseinandersetzung
mit v. Harnack ein neuer Gesichtspunkt
aufgezeigt, wonach der Hellenismus in seinem Einfluß auf
das Christentum auch glückliche Resultate gezeitigt hat; die
Alexandriner und Kappadozier werden als Mittler treffend
gewürdigt, während umsichtige Schlußgedanken alles abrunden
(Sp. 163).

Am förderlichsten sind kleinere Artikel über einzelne
Theologen und Mystiker. Aus dem Bereich der Väterzeit sind
mir fünf Beiträge besonders aufgefallen. Hervorragend ist
Camelots Arbeit über Ignatius v. Antiochien (Sp. 1250-1266),
der auf die schwierige handschriftliche Überlieferung hinweist
, die Persönlichkeit des Märtyrerbischofs feinsinnig
nachzeichnet, einige Aspekte seiner Lehre mit ihrer Zentrierung
auf Ghristus, der Rolle des Geistes und den kirchlichen
wie sakramentalen Bezügen aufzeigt und allem schließlich
eine reichhaltige Bibliographie beifügt. Mit Gewinn liest
man ferner die Abhandlung über den Hirten des Hermas
(Sp. 316 - 334), die besonderen Nachdruck auf die handschriftlichen
und literarischen Fragen legt, den Quellen nachspürt
(Sp. 319: survol tres rapide des problems) und eine Übersicht
über einzelne Lehrstücke bietet.

Der IrenaeusnArtikel (Sp. 1923-1969) ist von zwei Sachkennern
verfaßt. Doutrelau untersucht die Handschriften,
Übersetzungen etc. und betont im Gegensatz zu Loofs die
Originalität dieses Vaters (Sp. 1923-1938), während Regnault
einen Einblick in dessen Lehre vermitteln will, wobei er sich
der Unmöglichkeit bewußt bleibt, alle geistlichen Reichtümer
auf wenigen Seiten zu entfalten. Im Gegensatz zu früheren
Ansichten, nach denen Irenaeus nur als unschöpferischcr
Weitergeber der Tradition erschien, wird er jetzt als Bahnbrecher
in der Theologie gefeiert, dessen Ansichten mit dem
Vatikanum II in Zusammenhang gebracht werden und dadurch
an Aktualität gewinnen sollen.