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Ausgabe:

1973

Spalte:

838-840

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Rogge, Joachim

Titel/Untertitel:

Theologische Versuche 1973

Rezensent:

Haufe, Günter

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837

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 11

838

Enslin, Morton S„ and Solomon Zeitlin: The Book of Judith.
Greek Text with an English Translation, Commentary
and Critical Notes by M. S. Enslin. Edited with a general
Introduction and Appendices by S. Zeitlin. Leiden: Brill
for Dropsie University, Philadelphia 1972. XI, 218 S. 8° =
Dropsie University Edition, Jewista Apocryphal Literature,
ed. by S. Zeitlin, A. I. Katsh, S. Grayzel, VII. Lw. hfl. 40.-.
Eingangs (1-37) informiert Zeitlin über seine Auffassung
von Jdt im Rahmen eines Vergleichs von Jdt und Est. Das
hebräische Est ist im Unterschied zu Jdt kein religiöses Werk
(13); Z. nimmt an, daß Jdt für jenes einen Ausgleich schaffen
sollte (14). Entsprechendes gilt für die Zusätze zu Est', die
nach Z. in Antiochia verfaßt wurden (18), und zwar zuerst
aramäisch (20). Geschrieben wurde Jdt nach Z. vermutlich
in der späten hasmonäischen oder der frühen Römerzeit
(28), ebenfalls in Antiochia (32). Z. erörtert auch die Gründe
dafür, daß Est unter die heiligen Schriften aufgenommen
wurde, Jdt dagegen nicht (21-26). Abschließend äußert sich
Z. über die religiösen Anschauungen in Jdt (33f) und die
verschiedenen Fassungen der Schrift in den Übersetzungen
(34-37); die in Midrasch und Vulgata werden am Ende abgedruckt
, nach einem Anhang Z.s, Judith the Widow (180f),
in dem er u. a. auf Debora als Urbild Judiths hinweist und
erwägt, daß bei den 105 Jahren der Lebensdauer Judiths
(16,23) an den Zeitraum 168-63 v.Chr. gedacht sein könnte.

Enslin'-' gibt eine eigene Einleitung: Literary Concerns
(38-56). Danach wurde Jdt möglicherweise in Palästina
abgefaßt (42; unterstrichen 74). Der griechische Text verrät
den engen Anschluß des Übersetzers an die hebräische Vorlage
, ist aber zugleich sehr lesbar; der Übersetzer hat einen
erheblichen Wortschatz (40f; mehrfach wird darauf auch
im Kommentar aufmerksam gemacht). E. äußert sich ferner
über die griechische Textüberlieferung, die weiteren Übersetzungen
, die Nachwirkungen des Jdt bis in die Moderne,
über sein Verfahren bei der Übersetzung ins Englische. Sie
erfolgt in möglichst engem Anschluß an den Text, ohne den
Versuch, sie klarer erscheinen zu lassen, als das Griechische
(55); im Kommentar wird dann häufig zu einer freieren
Wiedergabe die wörtliche angeführt. Für dieses Verfahren
läßt sich in der Tat vieles sagen; vollends begrüßt der Rez.
das Vermeiden von Transkriptionen im Kommentar. Der
griechische Text ist der von Rahlfs' LXX (47f); Varianten
werden in einem speziellen Apparat rund 70mal angegeben.
Eine Bibliographie-1 schließt den Band ab (217f); E. bezeichnet
den Kommentar von Otto Fridolin Fritzsche (1853)
als den nützlichsten (54).

Der Kommentar E.s unter Text und Übersetzung füllt
durchschnittlich etwa die Hälfte der Seiten (in einer kleineren
Type). Fragen zur Gestalt des griechischen Textes werden
eingehend erörtert, wo sie von Bedeutung sind. Schwierige
Stücke werden philologisch analysiert; gegebenenfalls
wird die Übersetzung begründet. Nachwirkungen biblischer
AusdrucKsweise sowie zahlreiche bei der Übersetzung stehengebliebene
Semitismen werden registriert, ebenso Einflüsse
alttestamentlicher Berichte (z. B. Gen. 14) und Vorstellungen
. Ferner werden Erklärungen zu Geographie und Geschichte
gegeben, wobei freilich des öfteren festzustellen
ist, daß der Autor von Jdt recht ungenaue Vorstellungen hat
oder überhaupt seine Phantasie walten läßt. Die frei gestalteten
Geschehnisse macht er den Zielen der religiösen
Aussagen dienstbar. Im einzelnen haben z. T. Ereignisse und
Gegebenheiten, die seiner Zeit näher liegen, insbesondere
solche des 2. Jh.s v. Chr., seine Erzählung beeinflußt, wie
E. aufzeigt.

E.s Kommentar fördert das Verstehen des Jdt und seine
Einordnung zumal in die Geschichte der Religion des nach-
biblischcn Judentums wesentlich. Er regt überdies durch
zahlreiche Beobachtungen und Hinweise an zu weiteren
Untersuchungen etwa des Überblicks über die Geschichte
Israels in Jdt 5,6-19 (Rede des Anführers der Ammonitcr!)

oder des Gebets der Judith (9,2-14) oder ihres Liedes
(16,1-17) unter dem Gesichtspunkt der Einordnung in die
jüdische Religionsgeschichte sowie zur stärkeren Berücksichtigung
der Schrift bei thematischen Arbeiten aus deren
Bereich und gibt dafür mannigfaches Material an die Hand.

Halle/Saolo Gerhard Delling

1 Enslin möchte in dem Zusatz Est D (5,1-2b) eine Widerspiegelung
von Jdt 10,1-11,5 sehen (127; vgl. 128).

2 Zur Person s. (Festschrift) M. S. Enslin, Understanding the Sacred
Text ed. John Reumonn, 1972, 15f, vgl. OLZ 68, 1973.

• An größeren Arbeiten fehlt E. Haag, Studien zum Buche Judith.
Seine theologische Bedeutung und literarische Eigenart, 1963 (— Trierer
Theologische Studien, 16).

Maser, Peter: Die Siegelbildivorschläge des Clemens von
Alexandrien und das spätantike rabbinische Judentum
(WZ Halle 22, 1973 Gesellschaftswiss. Reihe H. 2 S. 65-70).

Ovadiah, A.: A Jewish Sarcophagus at Tiberias (IEJ 22,
1972 S. 229-232).

NEUES TESTAMENT

Rogge, Joachim, u. Gottfried Schüle [Hrsg.] i Theologische
Versuche, IV. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt [1972].
215 S., 7 Taf. gr. 8°.

Der vierte Band der „Theologischen Versuche" legt erneut
Beiträge aus allen theologischen Hauptdisziplinen vor, ausgenommen
das Alte Testament. Die Reihe der neutestament-
lichen Untersuchungen eröffnet Karl Martin Fischers Beitrag
zum Thema: „Asketische Radikalisierung der Nachfolge
Jesu" (11-25). Eine gründliche traditionsgeschichtliche und
exegetische Analyse der Perikope vom reichen Jüngling
(Mk 10,17-31) zeigt, daß in diesem Text eine auf asketische
Weltentsagung orientierte Gemeindegruppe spricht, deren
Radikalisierung der Jesus-Nachfolge sich deutlich von der
andersartigen Radikalität der ursprünglichen Jesus-Verkündigung
abhebt und als ein Mißverständnis dieser beurteilt
werden muß. - Wolfgang T r i 11 i n g steuert traditionsgeschichtliche
Überlegungen „Zum Petrusarrat im Neuen Testament
" bei (27-46). Nach grundsätzlichen Vorüberlegungen
zu einer sachgemäßen Fragestellung werden die thematisch
relevanten Daten aus Mt, 1. Petr und Joh untersucht. Im
Ergebnis zeigt sich, daß in Hinsicht auf das „Amtliche" verschieden
stark ausgeprägte Petrustraditionen sowohl auf den
einzelnen Überlieferungsstufen wie in breiter räumlicher
Ausdehnung nachweisbar sind. - Wolfgang Schenk geht
dem Thema „Naherwartung und Parusieverzögerung" als
Problem der Forschung nach (47-69). Den Einsatz kann nach
Lage der Dinge nicht die Rückfrage nach der Eschatologie
Jesu, sondern nur die Frage nach den ältesten cschatologi-
schen Konzeptionen des Urchristentums bilden. In engem
Anschluß an die Analyse der lukanischen Eschatologie durch
H.-W. Bartsch wird ein Traditionsstrang der vormarkini-
schen Passionsgeschichte als Zeugnis einer anfänglichen realisierten
Eschatologie in Anspruch genommen, deren Konzeption
Paulus kritisiert. Zwar kritisiert auch Mk die Terminfixierung
der Parusie, doch gelingt erst Lk, durch Aufgeben
jeglicher Terminfestlegung die Naherwartung in eine
existentiell gclebte Stetserwartung zu transformieren, als
die sie allein theologisch legitim ist. - Einen interessanten
kirchengeschichtlichen Beitrag liefert Gert H a e n d 1 e r mit
seiner Untersuchung „Das neue Bild des Kaisers Konstantin
und der sogenannte Konstantinismus" (71-87). H. zeichnet
den Umschwung in der neueren Konstantin-Forschung nach,
die im Gegensatz zu J. Burckhardt vom Primat der Frömmigkeit
beim Übertritt Konstantins zum Christentum überzeugt
ist. Gleichzeitig meldet H. einen Vorbehalt gegen diese Überzeugung
an, indem er auf ein kritisches Urteil des Bischofs
Hilarius von Poitiers über Konstantin verweist, das diesem
ein rein äußerliches Bekennen vorwirft. Endlich trägt H.