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1973

Kategorie:

Bibelwissenschaft

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825

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 11

826

In den Abschnitten „Zur Verkündigung" macht sich dem
Trend der Zeit entsprechend eine Tendenz zur politischen
Ausweitung der Botschaft bemerkbar. In dem Artikel über
Kreuz werden im Abschnitt „Zur Verkündigung" die Fragen
des heutigen Menschen zum stellvertretenden Sühnetod Jesu
und zur Versöhnung gut artikuliert. Es ist zuzustimmen, daß
die jüdische Opfer- und Sühnetheologie dem Menschen der
Gegenwart schwer verständlich zu machen ist. Mit Recht
wird davor gewarnt, das Kreuz mit Rosen zu verschönen
oder die Karfreitagspredigt zur frommen Gesetzespredigt
zu machen, vielmehr hat die Antwort auf die Fragen nach
der Bedeutung des Kreuzes von der Auferweckung Jesu auszugehen
. Von da aus hätte gezeigt werden müssen, welche
bahnbrechende Bedeutung in der von der Sünde beherrschten
Welt das Tun und Erleiden Jesu für die Gestaltwerdung
des neuen Menschen hat. Das geschieht nicht in der nötigen
Weise, sondern es wird der politische Aspekt des Kreuzes
herausgestellt und damit letzten Endes doch eine Leistungstheologie
propagiert, indem aufgefordert wird, sich für das
Recht der Entrechteten und für die Befreiung der Unterdrückten
einzusetzen.

Etwas Ähnliches ist in dem Abschnitt über die Versöhnung
zu konstatieren. In dem biblischen Teil wird richtig herausgestellt
, dafj Gott als Subjekt der Versöhnung das theologische
Novum im NT ist. Die Folge der durch das Werk Christi
geschehenen Versöhnung ist die Umkehrung des Feindschaftsverhältnisses
zwischen Gott und den Menschen, die
Rechtfertigung des Sünders. Der Dienst der Versöhnung ist
die Aufforderung zur Annahme der von Gott geschenkten
Versöhnung. Während in dem biblischen Teil Rom 5,10f und
2 Kor 5,18f im Mittelpunkt steht, wird im Abschnitt „Zur
Verkündigung" Epheser 2,14ff stark herausgestellt und die
Folgerung gezogen: „Die Verwirklichung der Versöhnung
hat ... ihren Ort nicht so sehr in der Rechtfertigung des
Einzelnen als vielmehr im konkreten Zusammenleben in der
Gemeinde.. . Das Evangelium von der Versöhnung beschränkt
sich jedoch nicht auf die christliche Gemeinde, es
zielt vielmehr ... auf die Versöhnung der Welt. . . Zum Auftrag
der Christen gehört es daher, für das Niederreifjen der
Mauern zwischen verfeindeten Kapitalisten und Sozialisten,
Reichen und Armen, Freien und Ghettobewohnern, Weißen
und Schwarzen einzutreten." Niemand wird bezweifeln, dafj
Christen diese Aufgabe haben. Aber ist das der Dienst der
Versöhnung, von dem Paulus 2 Kor 5,18 spricht?

Vielen und besonders solchen, die kein Griechisch gelernt
haben - die griechischen Wörter werden für sie in Umschrift
geboten -, wird das Theologische Begriffslexikon zum Neuen
Testament eine große Hilfe sein. Die Praktiker werden durch
die Abschnitte „Zur Verkündigung" manche Anregung erhalten
. Da es nicht so umfangreich ist und seine Artikel
nicht den Charakter von selbständigen Monographien angenommen
haben, wie es zum Teil im Theologischen Wörterbuch
der Fall ist, orientiert es schnell, so daß es für viele
ein unentbehrlicher Ratgeber sein wird.

Kiel Gerbard Friedrich

I H. Glinz, Die Darstellung eines Wortschatzes, Zeitschrift für Mundartforschung
22 (1954) S. 34.

- F. Dornseiff, Buchende Synonymik, Neue Jahrbücher für das klassische
Altertum 47-' (1921) S. 422.

' W. von Wartburg, Einführung in die Problematik und Methodik
der Sprachwissenschaft (1962) S. 175.

* F. Dornseiff, Buchende Synonymik S. 425.

8 K. Baldinger, Die Gestaltung des wissenschaftlichen Wörterbuchs,
Romonistisches Jahrbuch 5 (1952) S. 88.

Harvey, A. E.: New Wine in Old Skins: II. Priest (ET 84.

1973 S. 200-203).
McKenzie, John L.: Biblical Anthropomorphism and the

Humaneness of God, in: Religion and the Humanizing

of Man, ed. by J. M. Robinson. Los Angeles: The Council

on the Study of Religion 1973 S. 175-189.

Rue, Loyal D.: Michael Polanyi and the Critical Approach
to Sacred Texts (Dialog 12, 1973 S. 117-120).

Schroeder, Johannes: Das Weihnachsovangelium in der
Zulu-Sprache (Missionsblatt 64, 1972 S. 258-269).

Sparks, H. F. D.: On Translations of the Bible. The Ethel
M. Wood Lecture delivered before the University of London
on 6 March 1972. London: University of London, the
Athlone Press 1973. 20 S. 8°. 45 p.

ALTES TESTAMENT

Schatz, Werner: Genesis 14. Eine Untersuchung. Bern-. H.
Lang; Frankfurt'M.: P. Lang 1972. 384 S. gr. 8° = Europäische
Hochschulschriften, XXIII: Theologie Bd.2. sfr.48.-.
Die in mancher Hinsicht merkwürdige Überlieferung vom
.Krieg der Könige' in Gen 14 hat bis in die Gegenwart nach
Herkunft, Bedeutung und Historizität sehr unterschiedliche
Beurteilungen erfahren, ohne dafj sich eine klare Mehrheit
zugunsten einer Auffassung herausgebildet hat. Eine Aufrechnung
der bisherigen Forschungsergebnisse ist deshalb
ebenso willkommen wie eine erneute weiterführende Untersuchung
des Textes und seiner Probleme. W. Schatz kann
also gewiß sein, dafj seine Untersuchung, die er als Frucht
einer mehr als zehnjährigen Arbeit neben seinem Pfarrdienst
der Öffentlichkeit nunmehr vorlegt, in der Fachwelt großes
Interesse finden wird.

Vorangestellt wird ein umfangreicher Forschungsbericht
(S. 13-61), der lebendig geschrieben ist und die großen Unsicherheiten
in der zeitlichen Ansctzung und in der historischen
Bewertung von Gen 14 deutlich macht. Der durch die
Fülle der bisher vorgelegten Ergebnisse und Hypothesen1
nicht entmutigte Verfasser eröffnet dann seine eigene Erörterung
der Probleme des Textes mit einer philologisch
kommentierten Übersetzung (S. 63-80) nebst Beobachtungen
zur Komposition des Abschnittes (S. 81-84). Den größten Teil
des Buches beansprucht die Untersuchung der zahlreichen
Eigennamen (S. 85-206). Sch. holt dabei ziemlich weit aus
und bietet für jeden der Eigennamen unter selten gründlicher
Heranziehung der teils sehr umfangreichen Spezial-
literatur eine kürzere oder längere Abhandlung im Stil eines
Lexikon-Artikels. Auf diese Weise wird für die in Gen 14
anzutreffenden Eigennamen ein Überblick geschaffen, der
nicht nur für die Interpretation dieses Textes von Nutzen
ist. Wer sich z. B. über die Rephaim oder die Amoriter in
Kürze informieren und den gegenwärtigen Stand der Forschung
einschließlich entsprechender Literaturhinweise kennenlernen
will, wird gründliche Belehrung finden, öfters
freilich scheint es, daß der Vf. über der Fülle des zu Registrierenden
das Ziel der Untersuchung etwas aus dem Blick
verliert. Manchmal läßt er auch den Leser zwischen verschiedenen
Auffassungen allzusehr im ungewissen (z. B. im Abschnitt
über Lot, S. 130f), wie überhaupt seine Kritik selbst
bei ganz unsinnigen Hypothesen sehr zurückhaltend ist. Die
Fragestellung aber ist klar: Können die dreiundzwanzig
Personen- und Völkernamen sowie die dreizehn topographischen
Namen jeweils in einer Erzählung, die geschichtliche
Vorgänge in Palästina spätestens aus der ersten Hälfte des
zweiten Jahrtausends v. Chr. wiederzugeben beansprucht,
vorkommen oder nicht? Der Vf. bemüht sich sichtlich um
eine positive Beantwortung dieser Frage. Das ist methodisch
richtig. Zunächst müssen alle Argumente, die für die geschichtliche
Zuverlässigkeit des Textes sprechen oder sprechen
könnten, beigebracht und geprüft werden. Das Ergebnis
der Überprüfung entspricht dem, was jeder aufmerksame
Bibelleser schon ahnt: „Bei der Untersuchung über Personen
und Völker in Gen 14 hat sich gezeigt, daß der größte Teil
der Angaben nicht mit der historischen Wirklichkeit übereinstimmt
" (S. 235). Im Hinblick auf die topographischen
Angaben, zu deren Interpretation übrigens die Ergebnisse
der archäologischen Forschung umfassend herangezogen