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1973

Kategorie:

Neues Testament

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Neuerscheinungen

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versäumt, den Ausgangspunkt der Jesustradition und die
Bedingungen für ihre Weitergabe näher zu beschreiben. Diese
Lücke wird nur teilweise durch die von Riescnfeld, Schürmann
, Cerfaux und Jeremias angeregte Debatte über die
vorösterlichen, mündlichen Traditionen gefüllt (S. 31 ff.).
Der Vf. versucht einen eigenen Weg zu finden, indem er
sowohl die stark redaktionelle Arbeit der Evangelisten unterstreicht
wie ihre Abhängigkeit von Dokumenten verschiedenen
Ursprungs, die oft auf mündlichem Wege weitergegeben
wurden und nicht alle eine kirchliche Prägung erhielten
(S. 35). Auf diese Weise glaubt der Vf., er könne
aus den Traditionen hinter unseren Evangelien verschiedene
„Jesusbilder" sammeln, die zusammengenommen keine einfache
Synthese ergeben, sondern eher das Unbegreifliche der
Jesusgestalt unterstreichen (S. 142). In den Kapiteln 3 — 7
werden diese verschiedenen Bilder mit Hilfe der form-
geschichtlichen Bestimmungen bei Bullmann gezeichnet. Es
werden nacheinander die Traditionen hinter den „Herren-
worten" (Kap. 3), den Apophtegmala (Kap. 4), den biographischen
Erzählungen (Kap. 5), den Gleichnissen (Kap. 6)
und den Wundererzählungen (Kap. 7) studiert. Im Kap. 8
wird, entgegen diesen begrenzten lokalen Traditionen, dem
entscheidenden Motiv für die öffentliche Verurteilung Jesu
nachgegangen. Das letzte Kapitel mit der Frage: „Wer war
Jesus?" läßt den Leser in etwas calvinistisch geprägten
Formeln vor dem Mysterium dieser verschiedenen Jesus-
bildcr stehen: „Man hat nie Jesus in seiner Hand" (S. 143).

Das klar und knapp formulierte Buch ist als eine Bereicherung
der Forschung nach dem historischen Jesus zu
begrüßen. Der Vf. ist als Historiker meist vorsichtig in seinen
Behaupttingen. Manchmal wird man jedoch stutzig über die
Anhäufung hypothetischer Aussagen (S. 134: „Mais cela
reste du domaine de Ia conjecture"; S. 135: zweimal „il se
peut" usw.). In unserer Forschung nach dem historischen
Jesus sind diese „es ist möglich, daß . . .", „vielleicht" usw.
kaum zu umgehen. Man hätte jedoch an manchen Stellen
gerne mehr Begründungen für eine neue Hypothese gesehen.
Es ist in unserer neutestamentlichen Forschung leider so,
daß der, welcher sagt „vielleicht", an sich nie unrecht hat.
Aber ist seine Hypothese nützlich?

Wichtiger erscheint mir jedoch der Einwand gegen die
etwas naiv übernommenen Kategorien Bultmanns zu sein.
Ist es klar, daß die Einteilung in „dits du Seigneur", „apoph-
tegmes", „recits biographiques", „paraboles" und „recits de
miracles" so angemessen ist, daß sie als Grund für den
verschiedenen Ursprung der Traditionen gelten kann? Ich
hätte eine gründliche Diskussion über diese, bei Bultmann
u. a. als allzu unproblematisch dargelegte Kategorisation der
literarischen Gattungen in unseren Evangelien gewünscht.
Die moderne Linguistik könnte uns hier helfen, manche
unserer traditionellen Benennungen in Frage zu stellen. Da
Trocmes Darstellung gerade auf diesen Einteilungen gründet,
muß ich manches bei ihm mit Fragezeichen versehen. Wenn
man z. B. den Jesus der „Gleichnisse" als eine besondere
Kategorie isoliert hat, kann man als Schlußresultat einen
„etwas bleichen Jesus" (S. 110) in den Gleichnissen vernehmen
. Aber sind wir berechtigt, die „Gleichnisse" als ein
gut abgegrenztes „Corpus" anzusehen? Ich finde jedoch in
diesem Buche einen solchen Reichtum an interessanten
Gesichtspunkten, daß ich es sehr warm empfehle. Ich erwarte
auch mit Spannung in dem vom Verlag angekündigten
Kommentar zum Markusevangelium einige ausführliche
Begründungen für die in diesem Buche so oft als grundlegend
bezeichnete Bedeutung des zweiten Evangeliums.

I.und Rene Kieffer

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 10