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Ausgabe:

1973

Spalte:

683-684

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Krämer, Michael

Titel/Untertitel:

Das Rätsel der Parabel vom ungerechten Verwalter 1973

Rezensent:

Weiß, Konrad

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Seite 1

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683

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 9

684

9 Interpretationen recht hilfreich sind, seien doch drei als
besonders gelungen herausgehoben: „Jesus - der Jude
und erste Christ" (S.68-72), „Dualistische Jenseitsreligion
?" (S.95/96), „Der .historische' Jesus" (S. 211-213).
In dem zweiten „Auswertung" überschriebenen Hauptteil
(S. 235-254) vermittelt Schierse Anregungen, wie die
Informationen für die theologische Erwachsenenbildung
und für den Religionsunterricht fruchtbar gemacht werden
können. Besonders beachtenswert erscheint uns hier
die Bemerkung, es komme keineswegs darauf an, „daß die
Gläubigen nun wahllos mit bibelwissenschaftlichen Informationen
überschüttet werden sollten. Eine solche Aufklärungsarbeit
würde nur Verwirrung stiften und den
Widerstand vor allem älterer Menschen hervorrufen".
Vielmehr müsse man „mit stets positiver Zielstellung vorangehen
" und die Erwachsenen „mehr mit den Sachentscheidungen
des Glaubens" konfrontieren als mit exegetischen
Methodenfragen (S.238/239). Dem Materialbuch
sind dann noch im Kleindruck auf 23 Seiten
21 „Texte", z.B. Auszüge aus E.Käsemaims „Ruf der
Freiheit", H.Brauns Jesusbuch, aus Veröffentlichungen
von H.Küng, Th.Sartory, II. Kessler, K.Rahner, J.Ratzi-
ger usw., sowie Gedichte von E.Kästner, J. von Eichendorff
und P. Hüchel, ferner ein Sach- und ein Personenregister
und ein Autorenverzeichnis beigegeben. Insgesamt
gesehen stellt das Buch einen hilfreichen Beitrag zur
heute notwendigen Intellektuellen Diakonie dar, wenn
auch manche der dargebotenen Informationen einen
unbedingt kritischen Leser erfordern. Der von J.Schierse
verantwortete Sammelband ist eine dem Stile unserer
Zeit entsprechende, durchaus willkommene Fortführung
und Ergänzung der beiden bekannten älteren Darstellungen
der Diskussion um Jesus durch Heinrich Weinel:
Jesus im neunzehnten Jahrhundert (19143) und durch
Johannes Leipoldt: Vom Jesusbilde der Gegenwart
(19252).

Berlin Hans-Hinrich Jenssen

Krämer, Michael: Das Rätsel der Parabel vom ungerechten
Verwalter Lk 16,1-13. Auslegungsgeschichte, Umfang, Sinn.
Eine Diskussion der Probleme und Lösungsvorschläge der
Verwalterparabel von den Vätern bis heute. Zürich: PAS-
Verlag; Rom: Libreria Ateneo Salesiano 1972. XI, 303 S.
gr. 8° = Biblioteca di Scienze Religiöse, 5. Lire 7000,—.

Als Ergebnis seiner Arbeit stellt K. die beiden in seinem
umständlichen Untersuchungsverfahren immer wieder abgewogenen
Möglichkeiten nebeneinander, den ursprünglichen
Umfang der Parabel auf die Verse 1-7 zu begrenzen
oder die Verse 8 u. 9 als die von Jesus (so oder so ähnlich)
hinzugefügte Deutung mit ihr zusammenzufassen. Indem
er sich für die letztere als die s.E. mit geringeren Schwierigkeiten
belastete Möglichkeit entscheidet, versteht er
die Parabel als eschatologisch-dringliche Ultimativforderung
Jesu an Nachfolge willige, sich des weltverhaftenden
Besitzes um des Gewinnes der Himmelsbürgerschaft willen
rücksichtslos zu entledigen, also als Seitenstück zu Texten
wie Mt 19,18-30; Lk 14,28-33; 9,57-62; 12,33-45;
14,25-27. Er nimmt dabei den einleitenden Vers „Er
sprach zu seinen Jüngern" als historisch richtige Situationsangabe
(gerät dabei aber schon in die Schwierigkeit,
daß Jünger und „Jüngeranwärter" ja nicht dasselbe
sind). Dieser ursprüngliche radikale Sinn werde dann gemeindlich
umgedeutet in: Richtige Verwaltung des irdischen
Besitzes durch Almosengeben an Glaubensbrüder
führt zur Himmelsbürgerschaft, dies angedeutet schon
in der unrichtigen Übersetzung 6t? njj' ytveäv x^v suvtS»>
(= unter ihresgleichen V. 8, also einer unjesuanischen Konfrontation
Welt^Gemeinde), deutlicher ausgeführt in den
durch einen Katecheten später zugefügten Versen 10-12.

Diesen Komplex habe Lk alsdann völlig richtig durch das
Logion V. 13 ergänzt, zu dessen Erläuterung Jesus einmal
die Parabel (V. 1-9!) gesprochen habe.

Das zu diesem Ergebnis führende Verfahren ist ein merkwürdiges
Gemisch aus der Vorführung und Diskussion
aller in der Geschichte der Exegese von Irenäus bis
heute je geäußerten Ansichten zu jedem der vielfältigen
Probleme dieses Textes und aus exegetischen Erörterungen
im eigentlichen Sinn, also sprachlichen, textgeschichtlichen
, traditionsgeschichtlichen Kriterien usw. Wenn
auch die letzteren die Annahme oder Ablehnung jener Ansichten
begründen sollen, so haben die Schlüsse, zu denen
K. gelangt, doch immer den fatalen Charakter einer -
meist sogar recht unsicheren - Entscheidung zwischen
eben jenen von anderen erdachten bzw. erarbeiteten Lösungen
. Wenn dem Autor damit Unrecht geschehen sollte,
so müßte er das dem von ihm selbst bewußt und betont
gewählten Verfahren zuschreiben, die Darbietung einer
Geschichte der Exegese und die eigene kritische Untersuchung
des Textes ineinander zu verschlingen. Weder die
eine noch die andere Aufgabe ist auf diese Weise überzeugend
gelöst noch lösbar. Denn auch der manchmal
seitenlange Abdruck von meist nur kuriosen, nur teilweise
für das kritische Verständnis belangreichen Auszügen aus
anderen Auslegungen oder die Mitteilung, daß dieser 5,
jener 10, 18 oder gar 32 Seiten auf die (ergebnislose!) Erörterung
eines schwierigen Textwortes verwendet habe,
oder auch die alphabetische Aufzählung aller für eine bestimmte
Auffassung eintretenden Ausleger von Irenäus
bis Fritz Rienecker (wo also Holz, Heu, Stroh, Gold, Silber
und edle Steine durcheinandergemengt sind) - alles
das ist keine Geschichte der Exegese. Deren Aufgabe, die
weitläufiger zu erörtern hier nicht der Ort ist, kann auch
das Kapitel II des Buches „Die geschichtliche Entwicklung
der Auslegung" nicht überzeugend lösen.

Es dürfte gleichwohl deutlich sein, daß das Bucli ein bequemes
Repertorium für den ist, der sich beim Bemühen
um diesen schwierigen Text nach einem kritischen oder
bestätigenden Urteil über sein eigenes Verständnis oder
nach Rat in seiner Ratlosigkeit umhört. Und diesem Zweck
wollte die unerquickliche und entsagungsvolle Mühe, die
das Buch erforderte, ja vor allem dienen; niemand, der davon
profitiert, wird dem Vf. seinen Dank versagen.

Rostock Konrad Weil!

Kehnscherper, Günther: ... und die Sonne verfinsterte sich.

Archäologische Forschungen um das letzte Buch der Bibel.
Halle/S.: Niemcyer 1972. 138 S., 22 Abb. a. Taf., 1 Tabelle
gr. 8° = Arbeiten zur Kirchengeschichte u. Religionswissenschaft
, hrsg. v. K.Meier u. H.Moritz, 5. Lw. M 19,80.

1. Die These dieses Buches lautet - kurz gefaßt - so;
Die Darstellung der endzeitlichen Katastrophe in dei
Offenbarung des Johannes (Offb.) hat in einigen Abschnitten
(6,12-15; 8,5-12; 9,2-10) eine frühgeschicht-
liche Santorinkatastrophe zum Vorbild. Die Überlieferung
dieser Naturkatastrophe, die den gesamten östlichen
Mittelmeerraum in Mitleidenschaft gezogen hat, ist besonders
in Ephesus bewahrt worden und dort dem Apo-
kalyptiker Johannes zur Kenntnis gekommen. Der Ausbruch
des Vesuvs im Jahre 79 n.Chr. hat lediglich dazu
beigetragen, diese Überlieferungen zu aktualisieren. - Zur
Untermauerung dieser These trägt K. eine Fülle von
historischen, philologischen, archäologischen und naturwissenschaftlichen
Erkenntnissen und Hypothesen zusammen
. Ein Baustein im Beweisgefüge ist z.B. die
vulkanologische Erforschung der Inselgruppe Thera und
Therasia (= Santoringruppe) Ende des vorigen Jahrhunderts
, die ergeben hat, daß diese Gruppe geologisch
gesehen der Rest eines Bergmassivs aus vulkanischem Ge-