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1973

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 9

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Hesiod erwähnt und besonders seit hellenistischer Zeit mit
Astarte/Aphrodite verbunden wurde. In der Beweinung
des Adonis durch die Göttin möchte Helck einen babylonischen
Einfluß erkennen. - Bs führte zu weit, wenn wir
hier referierten, was Helck über die Entstehung der
Aphrodite, über die Wandlungen der Göttin im anato-
lischen und westkleinasiatischen Raum im 1. Jahrtausend
und über den Ausklang der Großen Göttin zu
sagen hat. Wenn wir das Buch gleichsam in einem doppelten
Durchgang, einmal im Blick auf seine provozierenden
Thesen, ein zweites Mal im Blick auf die von Helck aufgezeigte
:! Zusammenhänge, referiert haben, mußten wir
uns angesichts der von ihm verarbeiteten Materialfülle
notwendig auf einige Grundlinien beschränken. Aber selbst
so dürfte deutlich geworden sein, daß es sich bei diesem
Buch um eine der ganz wenigen Monographien der letzten
Jahrzehnte handelt, die in die Hand aller an der Aufarbeitung
der vorchristlichen östlichen Mittelmeerkulturen
Beteiligten gehört. Daß es eine lebhafte, ja
vielleicht zum Teil stürmische Diskussion auslösen wird,
läßt sich absehen und entspricht letztlich der Intention
seines Autors. Sie zu beschleunigen, ist nicht der letzte
Zweck dieser ausführlichen Besprechung.

So seien einige Fragen angefügt, welche dem Rezensenten
bei der Durcharbeit des Buches gekommen sind,
mögen sie auch, wie die erste, auf einer vielleicht unzureichenden
Kenntnis des Materials beruhen. Wenn Helck
mit dem Wettergott von seiner Wurzel her ein kultisches
Beilager verbindet, dem ein halbgöttlicher Nachwuchs
entspringt, stellt sich wohl notwendig die Frage, ob sich
daraus nicht konsequent auch eine Verbindung des Wettergottes
zum Vorstellungsbereich des Prokreativen ergab
. Die Frage, ob sich denn das Wesen des alten Wettergottes
in einem gewalttätigen Dahinstürmen und donner-
dem Brüllen erschöpfte, läßt den Leser wohl kaum in Ruhe.
Und sollte Ähnliches nicht auch bei der Großen Göttin
angeklungen haben? Die vorsichtigere Formulierung zeigt
jedoch, daß Helcks Demonstration gerade hier besonders
eindrucksvoll und jedenfalls für den Nichtaltorientalisten
der Bestätigung oder Widerlegung aus kompetenter Feder
bedürftig ist. Überaus problematisch erscheint mir die
Hypothese, daß die Beweinung des Adonis durch die
Göttin erst auf babylonischen Einfluß zurückzuführen ist.
Kann es sich hier nicht mindestens ebensogut, wenn nicht
besser um eine Aufnahme des Mythologems von der Beweinung
des toten Ba'al handeln, wie es CTA 5: VI. 3ff.
VI: 25-6: I. lff. im ugaritischen Ba'al-Zyklus überliefert
worden ist? Schließlich hätte Helck, gerade weil sie seiner
These von der späten Verbindung des Fruchtbarkeitsaspektes
mit dem sterbenden Gott zu widersprechen
scheinen, Texte wie CTA 5: V:4ff. und CTA 6: III:
1-IV :29 besprechen und dabei das ganze Problem des zur
Unterwelt absteigenden Wettergottes behandeln sollen.
Von der Tatsache der scharf gegeneinander abgesetzten
Regen- und Trockenzeiten im östlichen Mittelmeergebiet
stellt sich die Frage, ob es sich bei dem Mythologem vom
Gang des Wettergottes in die Unterwelt wirklich erst um
eine späte und sekundäre Entwicklung handelt. An dieser
Stelle muß der auf einen engeren zeitlichen und örtlichen
Raum begrenzte Alttestamentier die Frage zur Neuüberprüfung
an den Autor und seine Fachgenossen zurückverweisen6
.

Angesichts des Materialreichtums des Buches vermißt
der Rezensent neben einem Text- vor allem ein Sachregister
. Gewiß lassen sich manche Dinge im Zusammenspiel
zwischen dem Orts- und dem Götternamenregister
aufschließen; aber selbst das Götternamenregister erscheint
noch zu wenig differenziert. Um dem Bedürfnis
des Alttestamentiers vorläufig entgegenzukommen, zeige
ich hier an, daß er auf S.66f. eine Diskussion des Problems
, wie sich die Figürchen und die Teraphim zueinander
verhalten, auf S. 157ff. eine solche über die Beziehung
zwischen der Äschere und der Göttin Aschera, auf
S.162ff. die Ausführungen über Knabenopfer und Beschneidung
, auf S.172 die Erörterung der Stiergestalt
Eis, auf S.171 die Überlegungen zu Jahwes Bezeichnung
als Wildstier sowie die zum „Starken" oder „Stier
Jakobs", auf S. 177 die über Jahwe als alten Berggott, auf
S. 179f. Erwägungen zu den alttestamentlichen Be'alim,
auf S.182f. und 186f. Informationen über das Adouis-
gärtchen, auf S.226f. über das Motiv der Frau im Fenster
auf den Elfenbeintäfelchen, auf S.232 und 269 über die
Himmelskönigin, auf S.234ff. über kultische Prostitution
und auf S.254 über die Kedeschen findet. - Schließlich sei
im Blick auf das vorliegende Buch wie auf eine immer weiter
um sich greifende Unsitte beanstandet, daß in den
Anmerkungen die Literaturverweise weder den Vornamen
der Autoren, und wäre es auch nur abgekürzt, noch Erscheinungsort
und Erscheinungsjahr enthalten. Auch bei
Zeitschriften sollte neben der Bandnummer das Erscheinungsjahr
nicht vergessen werden, weil andernfalls
bei etwa sich einschleichenden Druckfehlern überhaupt
leeine Aufklärungsmöglichkeit besteht7. Im Zweifelsfall
zahlt sich ein vollständiges Literaturverzeichnis für den
Verleger, den Autor und den Benutzer am besten aus. Je
dürftiger künftig die Angaben zur benutzten Literatur in
den wissenschaftlichen Publikationen sind, desto eher
läßt sich das völlige Zusammenbrechen des Leih- und vor
allem Fernleihverkehrs unserer Bibliotheken voraussehen
. Ob nicht auch mancher Leser für eine Zeittafel
dankbar gewesen wäre, weil ihm die Chronologie der einzelnen
vorgeschichtlichen Grabungen und selbst der einzelnen
geschichtlichen Reihe und Dynastien nicht so
gegenwärtig ist, daß er ohne zusätzliche Nachschlagearbeiten
den Faden verlor?

Marburg/Lahn Otto Kaiser

1 Die zahlreichen Fehler im hebräischen Satz seien ganz auf
das Konto des Druckteufels gesetzt.

2 Neben S.57 Abb. 152 kann jetzt noch der hübsche Goldanhänger
bei R.Hachmann, Kamid-el-Loz 1966/67. Saar-
brücker Beiträge zur Altertumskundo 4, Bonn 1970, Taf. 1, 3,
vgl. Taf. 7, 6, gestellt werden.

3 Aus ökologischen Gründen ist er bei der sumerischen
Inanna durch den Löwen ersetzt.

4 Der bei der ephesinischen Artemis vermißte Zug des geschädigten
Liebhabers könnte sich unter Umständen hinter der
Siebenschläferlegende und -grabhöhle verbergen, eine Vermutung
, die sich in einem Gespräch zwischen dorn Autor und
dem Rezensenten nach einem Besuch in Ephesus ergab.

6 EvTh 26, 1966 S.281ff.

6 Auf die Behandlung bei H. Gese, Die Religionen Altsyriens
. Die Religionen der Menschheit 10, 2 Stuttgart 1970,
S.70ff. und J.C. de Moor, The Seasonal Pattern in the Ugari-
tic Myth of Ba'lu, AOAT 16, Kevolar und Neukirchen-Vluyn
1971, S. 164ff., sei inzwischen hingewiesen. Auch auf die letzte
monographische Behandlung der ugaritischen Anat durch
A.S.Kapelrud, TheVioIent Goddess. Anat in the Ras Shamra
Text s, Oslo 1969, sei aufmerksam gemacht.

7 Die ugaritischen Texte sollten heute, auch wenn eine
Übersetzung zitiert wird, grundsätzlich nach CTA bezeichnet
werden, soweit sie dort enthalten sind.

Haack, Friedrich-Wilhelm: Mit Hubbard ins Jahr 1984.
Scientology - das Ende aller Barmherzigkeit (LuMo 12,1973
S. 243-245).

Haug, Hellmut: Es entsteht eine neue Person. Zen als Herausforderung
an das christliche Denken (LuMo 12, 1973 S.257
bis 261).

Hertel, Bradley: Some Dimensions of Sanskritization: Belief,
Practice and Egalitarianism Among Hindus of the Gangetic
Piain (Journal for the Scientific Study of Religion 12, 1973
S. 17-32).