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Ausgabe:

1973

Spalte:

655-658

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Judéo-christianisme 1973

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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665

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 9

656

65 DS3881f.

54 Enzyklika Mysterium fidei vom 3.9.1965, AAS 57, 1965,
S.755 u. 758; s. dazu die hervorragende Einleitung zu dem
Buch von Hans Geisser: Glaubenseinheit und Lehrentwicklung
bei Johann Adam Möhler, Göttingen 1971, S.19.

57 Geisser, a.a.O.

58 Magnus Löhrer: Überlegungen zur Interpretation lehramtlicher
Aussagen als Frage des ökumenischen Gesprächs, in:
Gott in Welt, Festgabe für Karl Rahner, Band II, Freiburg
etc. 1964, S.499.

59 A.a.O. S.502.

80 A.a.O. S.512.

81 A.a.O. S.507; bei Karl Rahner: Zur Frage der Dogmen-
entwiekhing, Schriften zur Theologie I, S.69; bei Gerhard
Ebeling: Wort Gottes und kirchliche Lehre, in: Wort Gottes
und Tradition, S.167; bei George Lindbeck: Das Problem der
Lehrentwicklung und die heutige protestantische Theologie,
a.a.O. S.63; bei Gregory Baum: Das Lehramt in einer sich
wandelnden Kirche, a.a.O. S.37.

8! Löhrer, a.a.O. S.507.

83 A.a.O. S.509.

84 A.a.O. S.617.

85 DS 3008: „Hanc vero fidem, quae humanae salutis ini-
tium est, Ecclesia catholica profitetur, virtutem esse supernaturalem
, qua, Dei aspirante et adiuvante gratia, ab eo re-
velata vera esse credimus, non propter intrinsecam rerum
veritatem naturali rationis lumine aspectam, sed propter
auctoritatem ipsius Dei revelantis, qui nee falli nee fallere pot-
est."

88 Löhrer, a.a.O. S.518.
8' A.a.O. S.519.

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

[Danielou, Jean:] Judeo-Christianisme. Recherches historiques
et theologiques olfertes en hommagc au Cardinal Jean
Danielou. Paris: Recherches de Science Religieuso; Edi-
tions Beauchesne [1972]. 327 S. gr. 8°.

Jean Kardinal Danielou gilt als eine umkämpfte Persönlichkeit
, doch nicht der Rang, allein der Standort dieser
Lebensleistung mag noch strittig erscheinen. Die
unterschiedliche Positionsbestimmung, die einem Werk,
dem selber Stetigkeit und Kontinuität in hohem Grade
eigen sind, im Laufe der letzten Generation zuteil wurde,
läßt die Verschiebung des Koordinatensystems theologischer
Wertung erkennen. Das einzigartige wissenschaftliche
Oeuvre, ohne das die geistliche Erneuerung des
französischen Katholozismus nicht zu denken ist, die
Teilhabe am ökumenischen Gespräch seit dem denkwürdigen
Briefwechsel mit Karl Barth nach dem Amsterdamer
Vortrag, die profilierte Position in der nachkonziliaren
Epoche haben diesen französischen Gelehrten aus dein
Orden des Ignatius zu einer maßgebenden Gestalt im
theologischen Gespräch unserer Tage werden lassen. Der
Promotor einer Erneuerungsbewegung wurde zum Sachwalter
eines nicht mehr ungefährdeten gesamtkirchlichen
Erbes.

Das wissenschaftliche Lebenswerk Jean Danielous
kreist um zwei Pole: die Neubestimmung und Wiedergewinnung
der unter dem Leitbegriff Judeo-Christianisme
zusammengeschauten alttestamentlich-jüdischen Komponente
in der frühchristlichen Kirche und die Rezeption
der den Neuplatonismus aufnehmenden Theologie mit
Gregor von Nyssa als zentraler Figur. So erschien es legitim
, wenn dem Fünfundsechzig jährigen zwei große Festgaben
dargebracht wurden, diehier anzuzeigende, die sich
thematisch um den erstgenannten Forschungsschwerpunkt
bewegt, und eine weitere mit patristischen Arbeiten. Es
verdeutlicht den ökumenischen Rang des Jubilars, wenn
sich in ihr Gelehrte verschiedener nationaler Herkunft
und konfessioneller Verwurzelung vereinen. Es offenbart

den Reichtum seiner geistigen Welt, wenn fast jeder dieser
Beiträge sich direkt oder indirekt auf Anregungen des Jubilars
zu beziehen vermag. Die Zeitschrift, deren Profil er
in 30jähriger Mitarbeit1 wesentlich bestimmt hat, bot dafür
den angemessenen Rahmen.

Oscar Cullmann, dessen Erstlingsarbeit den Pseudo-
klementinen galt und der seither vielfach auch entlegenen
Gegenständen der Forschung die ökumenische Dimension
abzugewinnen verstand, zeigt in seinem Aufsatz Courant
multiples dans la communaute primitive (S. 55-68), daß
sich die im zeitgenössischen Judentum gegebenen Differenzierungen
im Judenchristentum in Gestalt divergenter
Richtungen reproduzieren. Das Martyrium des Zebedai-
den Jakobus, des,,Donnersohns", lasse erkennen, daß auch
die zelotische Strömung stärker war, als man bisher beachtete
. Als kritischen Kontrapunkt darf man den Beitrag
von R. A.Kraft, Insearch of „Jewish Christianity" and its
„Theology" (S.81-92) begreifen, der die methodischen
und definitorischen Probleme erörtert, die sich aus Danielous
Bestimmung des Judenchristentums ergeben und das
außerpalästinensische Judentum und die Gedankenwelt
der Apokalyptik noch stärker zur Geltung bringen will.
Hier greift auch W.D.Davies ein, der in Paul and Jewish
Christianity (S.69-79) die judenchristliche Substruktur
der frühkirchlichen Theologie verdeutlicht und Paulus als
Vereinfacher des judenchristlich-apokalyptischen Erbes
einordnen zu können glaubt.

Dem Historiker Danielou wird der Dank erstattet in
einigen speziellen Gegenständen der Geschichte des Urchristentums
gewidmeten Aufsätzen. Marcel Simon stellt
die Frage nach einem Geschehen, an dem vor anderen die
Kontinuität zwischen dem frühen Judenchristentum der
Urgemeinde und dem späteren häretischen Judenchristentum
an der Peripherie Palästinas hängt, der Flucht nach
Pella (S. 35-44), an deren Historizität er entgegen den Bestreitungsversuchen
von Munck, Strecker und Brandon
festhalten will. Sie sei jedoch vor dem Jüdischen Krieg
im Zusammenhang mit dem Martyrium des Herrenbruders
Jakobus erfolgt und habe dann zu einer Verschmelzung
mit heterodox-jüdischen Kreisen des Ostjordanlandes
geführt. Mit einer besonderen Form der Verarbeitung
zeitgeschichtlicher Umstände, wie sie durch die nach
70n.Chr. in die Gemeinde einströmenden Juden vermittelt
wurde, beschäftigt sich Bo Reicke in seiner materialreichen
Untersuchung über die jüdische Apokalyptik
und die johanneische Tiervision (S. 173-192), die er in den
Kontext der im jüdischen und außer jüdischen Milieu
gepflegten Überlieferung vom Nero redivivus einordnet.
P. B. Bagatti (OFM) zeigt am Beispiel des Salomonsring,
der zunächst im Probatikon, seit dem 4. Jahrhundert in
der Grabeskirche gezeigt und verehrt wurde, das Geschick
eines eigenartigen Stücks judenchristlichen Erbgutes
im heidenchristlichen Jerusalem (S. 151-160).
A. Guillaumont geht in Monachisme et fithique judeo-
chretienne (S. 199-288) den jüdisch-hellenistischen Wurzeln
monastischer Terminologie nach, in der griechische
und bibüsche Begriffe verwandt werden, die von einer
letztlich jüdischen Exklusivitätsvorstellung ihren Zusammenhang
erhalten.

In der Ehrung eines Forschers, der den Weg vom Alten
Bund zur frühen Kirche als einen durch die Rezeption von
Typoi und Strukturen bestimmten Aneignungsprozeß
beschrieben hat, konnten Beiträge zur Wirkung8"
geschichte des alttestamentlichen Erbes nicht fehlen. Birger
Gerhardsson deutet mit seiner anderweitig veröffentliche
Forschungsergebnisse neuakzentuierenden Studie
Du Judeo-Christianisme k Jesus par le Shema (S. 23-36)
auf ein wichtiges Bindeglied hin, wenn er synoptische
Erzähltraditionen am Beispiel der drei Versuchungen
Jesu, des Sämanngleichnis und der Kreuzigungsgeschichte
als Midrasch zu Kernsätzen des Sch'ma aufzuweisen