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Ausgabe:

1973

Spalte:

606-618

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Ahlstrom, Sydney E.

Titel/Untertitel:

A religious history of the American people 1973

Rezensent:

Wendelborn, Gert

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 8

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nis. Dazu zählt die jetzt zugänglich gemachte Sammlung
Sarrau, die 15 Briefe an den Genfer Reformator enthält. Um
ihr Vorhandensein wußten schon die Herausgeber der Cal-
vini Opera Baum, Cunitz und Reuss; nur gelang es ihnen
nicht, das Konvolut damals aus dem Familienbesitz zu erhalten
. Jetzt hat Gerald de Sarrau die Veröffentlichung freigegeben
.

Es handelt sich um Schreiben verschiedenen Inhalts, die
zwischen 1541 und 1563 an Calvin gesandt worden sind. Für
manchen Calvinforscher ist vielleicht die Namensliste interessant
: Simon Sulzer, Professor in Bern, Maturin Cordier,
Professor in Neuchätel, Martin Bucer, der Straßburger Reformator
, Francois Hotman, ein Hugenotte, berühmter französischer
Jurist, der aus Lausanne schreibt, Piere Toussain, Pastor
und Superintendent in Montbeliard, Eduard, Herzog von
Somerset, mit einem Brief aus London, Jean Laski (Johannes
a Lasco), polnischer Reformator, der aus Emden schreibt,
Jean Thenaud, Schüler Calvins und Professor in Polen, mit
einem Brief aus Zürich, Albert Blaurer, (Sohn des berühmten
Konstanzer Senators und Bürgermeisters Thomas Blaurer
) Arzt, Medizinprofessor und Pastor, mit einem Schreiben
aus Avignon, Felix Cruciger, im reformatorischen Sinne
wirkender Theologe in Polen, der aus Cracovie schreibt,
Heinrich Bullinger, Reformator in Zürich, Nachfolger Zwing-
lis, Pierre Boquin, reformierter Pastor, zuletzt in Lausanne,
mit einem Schreiben aus Heidelberg, Jean Morely, Humanist
und im reformatorischen Sinne an mehreren Orten
Frankreichs tätig, der aus Lyon schreibt, Theodor von Beza,
Professor und Pastor in Genf, mit einem Brief aus Blämont,
und schließlich Nicolas des Gallars, Pastor in Genf, Jussy
und vorübergehend in Paris, der aus London schreibt.

Der Personenkreis und die Abfassungsorte geben ein weiteres
Mal Aufschluß über Calvins ökumenische Beziehungen,
die West- und Osteuropa umfaßten. Theologische, rechtliche
und kirchenpolitische Fragen, Probleme weiterer Ausbreitung
der Reformation und damit verflochtene persönliche
Schicksale sind in den 15 ausschließlich lateinisch abgefaßten
Schreiben angesprochen. Die Herausgeber vermitteln in
einem ausführlichen, bisweilen seitenlangen Anmerkungsapparat
auf vorbildliche Weise den zeitgenössischen Rahmen,
vor allem aber die biographischen Daten für jeden Briefschreiber
, so daß wir ein Kaleidoskop westeuropäischer und
polnischer reformationsgeschichtlicher Vorgänge vor uns
haben.

Ausführungen über die Geschichte der Kollektion, Kurzbiographien
ihrer Erstbesitzer (Jean Carre, Genfer Student
und später Pastor zu Chätelleraut und Claude Sarrau, königlicher
Rat beim Parlament in Paris), ein ausführliches Namen
- und Ortsregister (S. 91-101) und jeden Brief einleitende
Summarien sind weitere Bestandteile dieser Ausgabe,
für deren Informationswert man Rodolphe Peter und Jean
Rott herzlich danken darf.

Berlin Joachim Rogge

Gündisch, Gustav: Über die Bücherei des Damasus Dürr
(Kirchliche Blätter 1, 1973 Nr. 1 S. 4-6).

Hahn, Sönke: Luthers Übersetzungsweise im Septembertestament
von 1522. Untersuchungen zu Luthers Übersetzung
des Römerbriefs im Vergleich mit Übersetzungen
vor ihm (Theolog. Dissertation, Hamburg 1972).

Hofmann, Linus: Ratifizierung der Taufe? Zu einer pastora-
len Anregung des Erasmus von Rotterdam, in: Zeichen
des Glaubens. FS Balthasar Fischer, hrsg. v. H. auf der
Maur und B. Kleinheyer. Zürich-Freiburg: Benzinger/
Herder 1972 S. 95-107.

Iserloh, Erwin: Sakraments- und Taufverständnis bei Thomas
Müntzer, in: Zeichen des Glaubens. FS Balthasar Fischer
, hrsg. v. H. auf der Maur und B. Kleinheyer. Zürich-
Freiburg: Benzinger/Herder 1972 S. 109-122.

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Ahlstrom, Sydney E.: A Religious History of the American

People. New Häven/London: Yale University Press 1972.

XVI, 1158 S. m. 9 Abb. 4°. $ 19,50. (£ 7.95).

Das Erscheinen der nach zehnjähriger Arbeit 1971 fertiggestellten
ersten vollständigen Geschichte der Kirchen im Bereich
der heutigen USA in einem Band aus der Feder von
Sydney E. Ahlstrom, Professor der amerikanischen Geschichte
und modernen Kirchengeschichte an der Yale-Universität,
der bereits früher durch bedeutende Arbeiten hervortrat,
stellt ein wissenschaftliches Ereignis dar. Das auch äußerlich
vorzüglich ausgestattete dickleibige Werk nötigt tiefen Respekt
vor der wissenschaftlichen Leistungskraft des Autors
ab. Auch wenn Ahlstrom auf mannigfachen Forschungsergebnissen
anderer Kirchengeschichtler der USA aufbauen
konnte, die meist leider außerhalb des Gesichtskreises der
deutschen Theologie liegen, besticht sein Werk doch durch
die Fülle neuer Einsichten wie durch das stets ausgewogene
Urteil, das jeder kirchengeschichtlichen Strömung gerecht
zu werden sucht, indem es ihr Für und Wider sorgfältig
abwägt, ohne es an'eigenständiger Wertung fehlen zu lassen.
Natürlich ist es möglich, einige Akzente anders zu setzen,
zumal Ahlstrom verständlicherweise von den Werrungsmaß-
stäben seiner Gesellschaft geprägt ist. Einige Einsichten
könnten durch stärkere Beachtung marxistischer Geschichtsmethodik
vertieft oder auch modifiziert werden. Ahlstrom
kommt hier über Max Weber nicht hinaus. Jedoch ist die
Einbettung der Kirchengeschichte in die allgemeine politische
, ökonomische, kulturelle und geistige Geschichte des
Landes vorbildlich. Auch der Wille zur Erfassung der zuvor
vernachlässigten oder völlig umgangenen Bereiche der Kirchengeschichte
außerhalb des puritanischen Hauptstromes
muß dankbar hervorgehoben werden. Durch eine straffe
Gliederung wird verhindert, daß die vor dem Leser ausgebreitete
ungeheure Materialfülle die Gesamtübersicht trübt.
Geschrieben ist das Werk in der englischsprachigen Autoren
eigenen gut lesbaren und leicht verständlichen Diktion, der
es auch an feinsinnigem Humor nicht fehlt. Das Buch ist
tatsächlich, wie der Klappentext ankündigt, breit und tief
zugleich; nur gelegentlich hielte ich eine Straffung und
Präzisierung für wünschenswert. Die profunde Arbeit kann
deshalb mit einem breiten gebildeten Leserkreis rechnen,
und auch eine Übersetzung ins Deutsche kann warm empfohlen
werden, zumal der deutsche Kirchenhistoriker meist
keinen umfassenden Überblick über die Gesamtgeschichte
der Kirchen in den USA besitzt. Um dem Leser dieser Rez.
eine Vorstellung von dem behandelten riesigen Komplex zu
geben, soll im folgenden der Inhalt der 63 Kapitel des Bandes
wenigstens angedeutet werden.

Kap. 1 arbeitet die Eigenart der früheren US-Kirchengeschichtsschreibung
heraus, die vom puritanischen Glauben
an die USA als auserwählte Nation ausging, wobei sich evan-
gelikale und nationalistische Voraussetzungen unentwirrbar
mischten, und begründet, warum im letzten Jahrzehnt der
Krise der nordamerikanischen Gesellschaft diese Sicht einem
fundamentalen kirchlichen Pluralismus weichen mußte, dem
sich auch Ahlstrom verpflichtet weiß. Kap. 2 zeichnet ein
komplexes Bild der Situation der kafch. Kirche Europas im
15. Jh., erörtert die kirchlichen und allgemeinen Ursachen
des Zusammenbruchs der spätmittelalterlichen Gesellschaft
und weist auf die Kräfte der Katholischen Reform des 16.
Jh.s hin, die den neuzeitlichen Katholizismus vielfaltig prägten
. Kap. 3 charakterisiert die im wesentlichen noch mittelalterliche
katholische Kultur im spanischen Herrschaftsbereich
Amerikas und die vor allem von Jesuiten und Franziskanern
getragene spanische Mission als Instrument imperia-