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Ausgabe:

1973

Spalte:

588-589

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Mánek, Jindřich

Titel/Untertitel:

Ježíšova podobenství 1973

Rezensent:

Pokorný, Petr

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 8

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Engels vor der Jungfrau möglich zu machen" (S. 633). ständnisse der Bultmannschen Position mit zuzuschreiben:

Da Bultmann mit dem ,Christusmythos' also in Wahrheit Bultmann hält z. B. das „moderne existentiale SeLbstver-

das Christusmysterium, die zu glaubenden Tatsachen mißver- ständnis" nicht für den Gehalt der Schrift (S. 99. 151); er

steht, ist sein Entmythologisierungsprogramm grundlegend spricht nicht von einem „verhängnisvollen Einfluß" der

zu kritisieren. Prümm läßt bei dieser seiner Kritik Bultmann Gnosis auf das Urkerygma (S. 100); er rechnet sehr wohl die

Gerechtigkeit widerfahren. Er bestätigt ihm immerzu den Kirche zum eschatologischen Heilsgeschehen hinzu (S. 117ff) ;

guten Willen, „eine Rehabilitierung des Glaubens" (S. 526) er setzt keineswegs „das gnostische Dascinsverständnis als

für die moderne Welt zu erreichen. Seine Auseinandersetzung die das religiöse Denken des Hellenismus beherrschende

mit Bultmann ist in der Form konziliant und besonnen, frei Macht" an (S. 220) usw. Wichtiger ist, d^'j der Vf. z. B. die

von jeder persönlichen Schärfe, ein erfreulicher Zug dieses Bedeutung der Kategorie ,Wort' bei Bultmann und den Sinn

Buches. In der Sache aber duldet Prümm keine Aufweichung der Entmythologisierung a 1 s existentialer Interpretation

der supranaturalen Position, und dies sein Nein gilt dem nur unzureichend erfaßt hat, ebenso wie den hermeneuti-

katholischen Modernismus ebenso wie dem typischen Pro- sehen Sinn der Unterscheidung von historischem Jesus und

testanten Bultmann, ja, dem ersteren, immer wieder apo- biblischem Christus, also Motive, die vom dogmatischen

strophierten Phänomen will Prümm wohl vor allem entge- Ansatz des Vf.s her auch schwerlich seine Aufmerksamkeit

gentreten. Führt die Rehabilitierung des Glaubens auf dem angemessen finden können.

Wege der Entmythologisierung doch nicht nur dazu, dem am Allerdings rechtfertigt dieser Ansatz nicht, daß oftmals

Glauben Irregewordenen ein Rettungsseil zu reichen, son- Zitate nicht verifiziert werden, z. B. S. 123 Anm. 26.27; S. 126

dem auch dazu, jene zu verunsichern, »die der von den Apo- Anm. 32; S. 163. Auf S. 624 Anm. 5 erfährt der Rezensent zu

stein im Auftrag des Herrn vorgelegten Heilsbotschaft, der seiner Überraschung, er habe „später ehrlich widerrufen",

unverkürzten Kunde von der Sühnetat des menschgeworde- im 2. Korintherbrief gebe es Glossen gnostischer Herkunft;

nen Gottessohnes, den vollen Glauben im Sinne der kirch- der Ort dieses angeblichen Widerrufs wird nicht angegeben,

liehen Symbole bewahrt haben" (S. 533). Auf S. 121 findet sich, wiederum ohne Stellenangabe, ein

Prümm bestreitet nicht, da§ die neutestamentlichen Auto- angebliches Zitat Bultmanns: „So wenig mein Jesusbuch
ren im Rahmen des antiken Weltbildes sprechen. Daraus Kerygma ist, so wenig begegnet im Kerygma der historische
darf man indessen nicht ihre Irrtumsfähigkeit ableiten. Die Jesus. In ihm begegnet vielmehr Jesus als der Christus, als
von ihnen geübte „Sprechweise nach dein Augenschein" dient eschatologisches Phänomen, d. h. als Phänomen, das mit der
der Akkomodation; denn der „Sprechwille eines Berich- zeit nichts mehr zu tun hat." Der 1. Teil dieses Zitates finters
und das Verständnis des Lesers müssen auf jeden det sich in der Tat in ,Kerygma und Mythos' I S. 133; der
Fall parallel gehen" (S. 61.63). zweite, mit ,d. h.' beginnende Teil ist ein falsch interpretie-

Nicht zuletzt geht es Prümm bei alledem, wie der Haupt- render Zusatz Prümms!

titel seines Buches zeigt, um den Nachweis, daß die Annahme Auch wer die unkritischen dogmatischen Prämissen

gnostischer Elemente an der Wurzel des Christentums, die Prümms teilt, folge also den historischen Ausführungen nicht

das Entmythologisierungsprogramm besonders befruchtete, ohne kritische Vorsicht.

nicht haltbar sei. Zumindest in den frühen Schriften des _ „ ,,, , _ . . . ,

, , - , _ . , Berlin Walter Schmttnals

Neuen Testaments gebe es noch keine Spuren gnostischen
Denkens (S. 262ff): das Christusmysterium war dogmatisch
ausgebildet, als von einem gnostischen Christusmythos noch

keine Rede sein konnte. Es stimmt Prümms Meinung nach fVMänek, Jindfich: Jesizova padobenstvi. Praha: Blahoslav -

auch nicht, dafj die Umwelt des Neuen Testaments von einer UCN 1972- 205 S- 9r- 8" Kart Kcs 25'~

gnostisierenden Strömung bestimmt war (S. 325ff; 421). Der Verfasser des tschechisch geschriebenen Buches, des-

Und wenn es anders gewesen sein sollte, so habe doch wegen sen Titel „Die Gleichnisse Jesu" lautet, ist Neutestamentier

der dem Heidentum gegenüber wachen „inneren Haltung an der Huss-Fakultät in Prag. Der vorliegende Band ist

der Apostel und erst recht wegen ihrer verantwortungsbe- schon seine dritte Arbeit dieser Art: Eine sachliche Ausle-

wußten Führerstellung im Gesamtleben der Kirche" eine gung, die auch dem gebildeten Nichttheologen verständlich

Aufnahme gnostischen Gutes ganz außer Betracht zu blei- ist und über die gegenwärtige Debatte informiert, die jedoch

ben (S. 343). Auch zu der p ra epa r a t i o evangelica, gleichzeitig einen eigenen Beitrag bedeutet und deshalb

die der katholische Theologe natürlich nicht überhaupt leug- schon erwähnenswert ist.

nen will, gehört die Gnosis also keinesfalls (S. 207ff). In den einleitenden Kapiteln beschäftigt sich M. mit der Ii-
Ausführlich, in wissenschaftlich freilich nicht weiterfüh- terarischen Gattung Jesuswort - Gleichnis, die er näher glie-
render Weise -und mit negativem Ergebnis durchmustert dert und von der mehr theoretischen Anwendung der Gleich-
Prümm „Die von Bultmann vermuteten Quellensitze eines nisse im Talmud unterscheidet (S. 5f). Aufgrund der Untervorchristlichen
gnostischen Erlösungsmythos" (S. 421-520) in suchung des hebräischen Begriffs mäsal und des griechischen
hermetischen, mandäischen, iranischen und anderen Schrif- Wortes PARABOLE bzw. ALLEGORIA behauptet er, daß die
ten. Sein eigenes historisches Urteil lautet: „Die gnostische Grenze zwischen Gleichnis und Allegorie fließend ist. Schon
Bewegung ist eine von mehreren helläugigen Aposteln schon in der ältesten Schicht der Überlieferung gibt es in den
früh vorausgesehene und von ihnen (freilich erst in den Gleichnissen allegorische Züge. Zum Beispiel „Ernte" haben
späteren Jahren ihrer Tätigkeit) sogar anfanghaft schon mit- wahrscheinlich schon die Hörer Jesu von dem AT her als
erlebte eigenmächtige Umformung der eben vollendeten Symbol des eschatologischen „Tages des Herrn" verstanden
Offenbarungswahrheit", ein frühes Zeugnis „der von Gott (S. 9). Die Allegorie als Gattung hat Jesus jedoch offensicht-
selbst zugelassenen schädlichen Rückwirkung seines Offen- lieh nicht benutzt und sie taucht erst im Urchristentum wie-
barungsangebots auf bildungsstolze Menschen" (S. 436). der auf.

Prümm bezieht Bultmann gegenüber mit Bewußtsein eine Im Unterschied zu den Strukturalisten (D. O. Via, E. Gütt-

Glaubensposition (S. 81). Das muß man respektieren, auch gemanns), die das Gleichnis vor allem als ein autonomes

wenn sich deshalb die wissenschaftliche Auseinandersetzung ästhetisches Objekt begreifen, betont M. die Bedeutung des

mit dem Kern des Prümmschen Buches verbietet. Dieser Aus- konkreten historischen Zusammenhanges - des Verhaltens

gangspunkt beim Glaubensvollzug mag die ungewöhnliche, Jesu und des Lebens der Gemeinde - für die Deutung der

meditative Breite der Prümmschen Ausführungen mit ver- Gleichnisse.

ursacht haben. Er erlaubt auch die eklektische und unpräzise Den Gedanken, daß die Abwesenheit deutlicher allegori-

Verwendung der Sekundärliteratur durch den ungewöhnlich scher Züge in den Gleichnissen des Thomasevangeliums ein

belesenen Verfasser. Ihm sind wohl auch manche Mißver- Zeichen ihres Alters ist (J. Jeremias), lehnt M. nicht ab. Er