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Ausgabe:

1973

Spalte:

546-549

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Riesenhuber, Klaus

Titel/Untertitel:

Die Transzendenz der Freiheit zum Guten 1973

Rezensent:

Schlüter, David

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 7

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tion einordnet und dialektisch durcharbeitet. Dazu kommt
die Verdeutlichung eines theologischen Hauptbegriffes durch
Hinzunahme von psychologischen Begriffen, wie ihm das
z. B. virtuos gelingt beim Begriff „Synd" („Sünde" S. 951-
964; 936 mal) durch die Begriffe „Angest" („Angst",
S. 27-32; 461 mal) und „Fortvivlelse" („Verzweiflung",
S. 272-281 und Addenda, S. XXI; 647 mal) mit ihren verschiedenen
Spielarten. Dazu gesellen sich die Begriffe
.Lidelse" („Leiden", S. 562-573; 781 mal) und „Sorgen"
(„die Sorge", S. 916-919; 176 mal). Die Verbindung der
beiden letztgenannten Begriffe mit dem der Sünde bildet
den Schlüssel zur Rede „Anläßlich einer Beichte" aus dem
Jahre 1845 (bes. SV' 6, 264-274 / GW 13-14. Abt. 135-143;
vgl. S. 918, Fragmentzeile 20-24) und zeigt SK's Vertiefung
in Richtung auf die paradoxal gelagerte Religiosität B
in den späteren, halbpseudonymen Schriften.

Die Behandlung eines Begriffes nach dem Nutzeffekt
kommt gemäß der Konkordanz innerhalb der Ästhetika gut
zum Ausdruck bei den Stichworten „Musik" (S. 678 f.;
70 Belegstellen für „Entweder-Oder" I neben nur drei aus
dem Schaffen der Frühperiode und 18 seit 1845). Hier zeigt
sich nun, wie begrenzt wichtig ihm der Begriff „Musik",
bzw. des „Musikalischen" für die Beschreibung des ästhetischen
Stadiums ist, genauer für die Analyse von Mozarts
Don Giovanni. - Anders verhält es sich mit dem Begriff
„Poesie" (S. 777 f.; 72 mal), weil mit dessen Hilfe - besonders
in den „Taten der Liebe" (1847) - immer wieder die
Unterscheidung zwischen ihm bzw. dem „digter" („Dichter",
S. 136-140; 295 mal, vgl. S. 138 und 139 oben) und den
Nachfolge-Kategorien des Christentums hervorgehoben wird.

Ein bisher verkannter und daher vernachlässigter Bereich
innerhalb der Kierkegaard-Forschung ist der von
SK's Gesellschaftsauffassung. Lediglich P. Wagndal hat
bisher in seinem Werk „Gemensftapsproblemet hos SK"
(Lund 1954) eine gute Analyse gegeben. So ist es sehr
begrüßenswert, daß McKinnon und sein Team die wichtigen
Begriffe „Samfund" („Gemeinschaft", S. 844-845;
116 mal), „Folk" („Volk", S. 220-226; 405 mal) „Faellesskab"
(„Gemeinschaft", S. 309; 18 mal), „Stat" („Staat", S. 930-934;
394 mal) und „Borger" bzw. „Borgermand" („Bürger",
„Bürgersmann", S. 77; 38 mal) aufgenommen haben. Bei
der Auswahl fehlen die wichtigen Begriffe „Selskab"
(„Gesellschaft"), „Menighed" („Gemeinde"), „Maengde"
(„Menge", der bei SK wertneutralere der „Masse" ist S, 621
mit 29 Belegstellen vertreten!), „Publikum", „Det Nume-
riske" („das Numerische") und „Tallet" („die Zahl", „Anzahl").
Letztere vier Begriffe spielen seit dem Korsarstreit (1846)
im Schrifttum SK's eine große Rolle und geben die Eigenschaften
der dem Begriff „Christendom" (S. 96-107) entgegengesetzten
„Christenhed" (S. 107-109) wieder.

5. Und hier nun werden auch für andere Bereiche Wünsche
laut: Warum hat man z. B. sämtliche Komposita für
das Grundwort „Moder" ausgesucht wie „Modersmaal"
(„Muttersprache", S. 665; 12 mal) und ein für das Verständnis
des ethischen Stadiums in „Entweder-Oder" so
wichtiges Kompositum wie „(det) Almeen-Menneskelige"
und sein Grundwort „(det) Almene" (vgl. z. B. SV5 3, 302 f. /
GW 2.-3. Abt. 354 f.) wie die Variante „(det) Almindelige"
(vgl. SV3 3, 274,'GW2.-3-Abt. 318) nicht. Das Wort „Barndom
" (S. 42-43) ist aufgenommen, aber das Grundwort
»Barn" („Kind") ist genauso wichtig wie die Ableitung
„Barndom" („Kindheit"). Sein Fehlen ist um so bedauerlicher
, da die Nachwelt dem großen Dänen viele Gleichnisse
aus dem Leben des Kindes zu verdanken hat. Die Begriffe
..Beslutningen" („der Entschluß", S. 45-47) und „Valg"
(.Wahl", S. 1053-1055) sind in der Konkordanz vorhanden,
aber es fehlt die dritte, dazugehörige wichtige Kategorie
„Afgjörelse" („Entscheidung"). Es würde das Gesamtbild
vervollständigen, wenn dem Schlüsselwort „Frihed" („Freiheit
", S. 293-297) der es in den späteren Schriften SK's
vertiefende Begriff „det Frivillige" („das Freiwillige") bzw.

„Frivillighed" („Freiwilligkeit") beigesellt worden wäre.
Vermißt wird auch der wichtige und häufige Begriff „Öieb-
likket" („der Augenblick"). Doch hier ist der ausdrückliche
Auswahlwillen des Programmleiters zu respektieren. Es
ist wirklich kein leichtes Unterfangen, aus 55 000 verschiedenen
Worten, die SK gebraucht, 586 mit 210 Varianten
auszuwählen.

Eine besondere Schwierigkeit bildet die Einsicht in dte
Methode des Auswahlverfahrens von Substantiven mit Artikeln
und solchen ohne, zuweilen wie beim Schlüsselwort
„Tro" wird beides angegeben. So wird dann ein Begriff
doch nicht komplett wiedergegeben. Es sind die Belegstellen
für „Christendom" ohne Artikel aufgenommen,
die für „Christendomm e n", also mit Artikel nicht. Letztere
sind aber noch häufiger (Beispiel: In SV'9, 46 findet sich
„Christendommen" Zeilen 2, 8, 12, 16, 18, 23, 24, 25; vgl.
GW 16. Abt. I, 46). So verhält es sich auch mit dem Begriff
„Christenhed". Umgekehrt: Warum wird „Beslutningen"
mit Artikel aufgenommen, ohne aber nicht. Es kommt vielfach
vor (Vgl. SV'16, 126 ff/GW 26. Abt. 123 ff.). So verhält
es sich auch mit Worten wie „Alvoren" („der Ernst",
„Kjerligheden" („die Liebe"), „Sorgen" („die Sorge"). Auch
hier fehlen die Angaben dieser Worte ohne Artikel.

Nachteile des Komputerverfahrens zeigen sich auch in
der wahllosen Aneinanderreihung von so großen Verschiedenheiten
wie „Abraham" / „Abraham a Sancta Clara" (S. 13,
erste Belegstelle für „Abraham") und „Jesus" / „Jesus Sirach"
(S. 521, zweite Belegstelle für „Jesus"), schließlich auch in
der unterschiedslosen Aufzählung der Belegstellen für
„Testament" (S. 974-977), ohne zwischen Altem und Neuem
Testament zu trennen.

Diese eben angeführten, durch das technische Verfahren
bedingten Mängel beeinträchtigen nicht die Güte der vorliegenden
Konkordanz. Sie lädt den ernsthaften Kierkegaard-
Forscher zur tieferen Beschäftigung mit dem großen Dänen
ein, eröffnet damit einen neuen Horizont und erweist sich
so als unentbehrlich.

Gosl.-ii' Wolldietrich v. Kloeden

Riesenhuber, Klaus: Die Transzendenz der Freiheit zum
Guten. Der Wille in der Anthropologie und Metaphysik
des Thomas von Aquin. München: Berchmanskolleg Verlag
1971. VII, 411 S. gr. 8° = Pullacher philosophische
Forschungen, in Verb. m. den Professoren der Hochschule
für Philosophie, München (Philosophische Fakultät S. J.)
hrsg. v. W. Brugger u. J. B. Lötz, VIII. Kart. DM 56,-.
Das Buch von R. ist wenigstens für den deutschen
Sprachraum die erste wirklich umfassende Monographie zur
Lehre vom Willen bei Thomas von Aquin. In dieser Hinsicht
bietet es eine wichtige Ergänzung oder besser gesagt
eine längst fällige Korrektur: Denn die zahlreichen Veröffentlichungen
zur thomanischen Erkenntnislehre bzw. die
geschichtlich bedingte einseitige Bevorzugung dieser
Thematik seitens der gelehrten Forschung konnte nur allzu
leicht zumindest dem unterschwellig wirksamen Vorurteil
Vorschub leisten, daß sich „Geist" für den Aquinaten mehr
oder weniger ausschließlich auf Vernunft und intellektuelles
Erkennen beschränke. Einer solchen Verkürzung der thomanischen
Geistmetaphysik tritt R. gestützt auf eine immense
Fülle einschlägiger Texte mit allem Nachdruck entgegen.

Um Eigenart und Rang des beachtenswerten Werkes
würdigen zu können, sei zunächst bemerkt, daß es sich um
eine streng philosophische Untersuchung handelt, die nur
die Lehre von Thomas berücksichtigt. Daher fehlen Erörterungen
, die Ergebnisse empirischer Forschungen zur Willenspsychologie
einbeziehen würden. Aber auch philoso
phische Diskussionen, in denen die thomanischen Doktrinen
anderen, seien es mittelalterliche oder neuzeitliche, konfrontiert
würden (etwa in der Frage nach der Willensfrei-