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Ausgabe:

1973

Spalte:

523-526

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lentzen-Deis, Fritzleo

Titel/Untertitel:

Die Taufe Jesu nach den Synoptikern 1973

Rezensent:

Grundmann, Walter

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 7

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wenigsten befriedigt die Behandlung der Leib-Terminologie.
Hier knüpft der Vf. zu einseitig an die hellenistische
Popularphilosophie an (65); für den Eph-Autor dürften
doch eher tiefere Spekulationen des jüdischen Hellenismus
dahinterstehen (vgl. zuletzt J. Gnilka, Der Epheserbrief,
Frsiburg 1971, 99-111). Auch den „Reinheits'-Traditionen
stehe ich skeptisch gegenüber; die Bildsprache erklärt sich
aus dem Gedanken an die Taufe als Reinigungsbad, ohne
daß man spezielle Bezüge zu jüdischen Reinigungsvorstcl-
lungen annehmen müßte.

Von den weiteren Abschnitten seien die Ausführungen
über die Gedankenbewegung in Eph 5,21-33 und die Einzelexegese
hervorgehoben. Hilfreich, aber etwas zu schematisch
ist die Gegenüberstellung des Haustafel-Schemas (Verhältnis
von Mann und Frau) mit den dazwischen geblendeten
Sätzen, die über das Verhältnis von Christus und Kirche
sprechen (S. 104). In der Einzelexegese überzeugt die Beurteilung
von V. 21 als Überschrift zur gesamten Haustafel
(S. 116) und von V. 33 als Abschluß der Mahnung an die
Ehemänner und zugleich als Zusammenfassung der ganzen
Mahnredc an die Eheleute (vgl. auch S. 30). Bei der Würdigung
des ganzen Abschnittes vermißt man ein tieferes
Fragen nach der Bedeutung, welche die Analogie Christus -
Kirche für die christliche Ehe hat (vgl. S. 157 f). Das
"exalted portrait of marriage" hätte eine Präzisierung verdient
. Die Eheleute sind selbst Glieder des Leibes Christi
(V. 30) und gerade darum zu gegenseitiger Liebe und Ehr
furcht angerufen.

Im ganzen ist die These nicht nur ein förderlicher Beitrag
zur Exegese von Eph 5,21-33, sondern auch zur
Frage des Hintergrundes dieses eigentümlichen Schreibens.

Würzbmg Rudolf Schnackenbure

Berichtigungen zur Bibliographie auf
S. 1G7: Der Aufsatz von C. Colpe findet sieb in Beiheft 2« zur
ZNW (= Festschrift für .T. Jeremias); der Aufsatz von N. A.
Dahl steht nicht in der Theologischen Literaturzeitung, sondern
in der Theologischen Zeitschrift (Basel).

Lentzen-Deis, Fritzleo: Die Taufe Jesu nach d;en Synoptikern
. Literarkritische und gattungsgeschichtliche Untersuchungen
. Frankfurt/M.: Knecht 1970. VTII, 324 S.
gr. 8" = Frankfurter theologische Studien, hrsg. v.
H. Bacht, F. Lentzen-Deis, O. Semmelroth, 4. Kart.
DM 48,-.

Die vorliegende Studie gehört in eine Reihe von Untersuchungen
einzelner Perikopen und Perikopenzusammen-
hänge, wie sie in den neuesten katholischen Bibelforschungen
häufiger vollzogen werden. Sie zeigt mit ihnen die
Differenziertheit auf, die die neutestamentliche Wissenschaft
in ihren Untersuchungen gewonnen hat. Sie erweist sich
als fruchtbar in der Aufarbeitung bisheriger Forschung, für
die Fixierung der Problemlage, für die Zusammenfassung
verschiedener Arbeitsgebiete mit ihrer unterschiedlichen
Fragestellung und für die Bestimmung offener Fragen, die
zum Ausgangspunkt der weiteren Arbeit werden. Diese
Aufgabe erfüllt die vorliegende Studie in hohem Maße. Sie
zeichnet sich aus durch einen eigenen wesentlichen Beitrag.
Sie erfaßt für den Taufbericht der Synoptiker auf Grund
der Targumforschung die Gattung der Deutevision
. Diese dient der Deutung einer geschichtlichen
oder sagenhaften Gestalt durch eine Vision, die sie »in
einem wichtigen Augenblick ihres Lebens" schaut und »die
auf die Heilsgemeinde ausstrahlt" (249). In ihr kommen
verschiedene traditionsgcschichtliche Linien zusammen, deren
Eigenheit und Zusammentreffen beobachtet sein will. Für
den Taufbericht ergibt sich ein jüdisches bzw. judenchristliches
Milieu (252); sein Ereignis erweist sich als „durch
und durch christlich" (259). Der Taufbericht stellt „Jesus
von Nazareth nicht im Endstadium oder auf einer späteren
Stufe seines Wirkens" dar, „sondern - von seinem erst am

Ende voll erkannten Idealbild und Wesen her - am An
fang" (258). Die Geschichte Jesu bis zu seiner Auferwek-
kung ist also vorausgestzt (265); die Deutung dieser entscheidenden
Gestalt am Anfang ihres Wirkens für die
Heilsgemeinde hat dieses Ganze im Hintergrund, ohne es
auszuführen, und der Taufbericht hebt die Bedeutsamkeit
dieser Gestalt selbst in dem entscheidenden Augenblick am
Anfang hervor. Dieses Ergebnis wird in einer umfassenden
Untersuchung gewonnen.

Der Vf. beginnt mit einem Kapitel „Geschichte der Auslegung
und heutige Fragestellung"; der Oberblick reicht
bis zu F. Hahns Analyse der Verklärungs- und Tnufge
schichte (Christol. Hoheitstitel 334-346). In ihm zeigt sich
der Zusammenhang zwischen exegetischen Ergebnissen und
theologischem Standort des jeweiligen Autors, auf den hin
auch die Ergebnisse von F. Lentzen-Deis zu prüfen sein
werden. Das zweite Kapitel führt eine „Literaturanalyse
der synoptischen Texte" durch, deren Ergebnis die Erkenntnis
der festen Verknüpfung von Taufmitteilung und Taufgeschehen
in einer Szene himmlischer Offenbarung ist, die
sich in Vision und Audition ereignet (57).

Mit der Frage nach dem „Sinn der Johannestaufe" wird
die Untersuchung fortgesetzt; sie nimmt an dieser Stelle
auch die Frage nach dem Verhältnis von Täufer und
Qumran auf und arbeitet Unterschiede und Gemeinsamkeiten
zutreffend heraus (64-72). Der Vf. kommt zu dem
Ergebnis, der Täufer leite seine Taufe aus den allgemeinen
jüdischen Voraussetzungen ab und bestimme sie in Vollzug
und Inhalt neu aus seiner prophetisch-eschatologischcn
Geisteshaltung (92). Sie sei ein „äußerer Ritus", der die
Umkehr zu Gott bestätigt (vgl. Definition 94). Der in der
Täuferverkündigung bestimmende Gerichtsgedanke und sein
Bezug auf Bund und Erwählung Israels bedarf freilich einer
kräftigeren Akzentuierung, als sie beim Vf. vorliegt. Dies
um so mehr, als er die weitere Untersuchung an dieser
Stelle mit dem Satz einsetzt: „Das historische Faktum der
Taufe Jesu rief die Reflexion der ersten Christen und der
ersten Verkündigung hervor" (95), und darin den „Sitz im
Leben" für den Taufbericht sieht.

Das umfangreiche Kapitel „Hintergrund der Motive in
der Szene nach Jesu Taufe" geht den einzelnen Elementen
des Taufberichtes nach. Es wird im letzten Kapitel über
„die Entstehung der Tauferzählung" wieder aufgenommen,
nachdem im fünften Kapitel „die literarische Gattung der
,Deute-Vision" erörtert worden ist. Das Heraufsteigen
aus dem Wasser empfängt für den Vf. - mit Recht - seine
Bedeutung nicht aus einer für Markus postulierten symbolisch
-mythischen Theologie, sondern ist „die selbstverständliche
und sehr natürliche Handlungsweise eines jeden Täuflings
" (98). Die Himmelsöffnung bzw. das Aufreißen der
Himmel hat ihre Funktion „im Dienst theologischer Aussage
, nämlich der zu wahrenden Transzendenz Gottes"
(106.250). Sic setzt das apokalyptische Verständnis von
Himmel und Erde voraus, Himmel als Platz des ewigen
Heiles und Lichtes, und Erde als Ort der Sünde und der
Finsternis (100), und dürfe nicht überbewertet werden
(250). Zusammen mit der Himmelsstimme bildet sie ein in
der alttestamentlich-jüdischen Literatur öfter begegnendes
Schema, das nicht von sich aus eschatologisch interpretiert
werden darf, sondern sein eschatologisches Gewicht durch
den Bezug auf die Gestalt - messianischer König oder
Hoherpriester - bekommt, auf die Himmelsöffnung und
Himmelsstimme hinweisen (127). Vorbildtext ist Ez 1-3
(107-109) verbunden mit einer Anlehnung an Jes 63, 19
(103).

Die Untersuchung des Motivs der Geistbegabung führt
zu dem Ergebnis, daß keine direkte literarische Beziehung
zum Verständnis des Geistes als Gerichts- und Läuterungsgeist
, als Lebensodem und Schöpfergeist und zur prophe
tischen Geistbegabung besteht, wohl aber in den beiden
letzten Fällen mit der Möglichkeit indirekter Beeinflussung