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Ausgabe:

1973

Spalte:

507-509

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Thompson, Robert J.

Titel/Untertitel:

Moses and the law in a century of criticism since Graf 1973

Rezensent:

Wagner, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 7

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nehmen ist, daß die Aquila-Lesart auf der antimessia-
nischen Auslegung der Jesaja-Stelle durch die Synagoge z.i
Akibas Zeiten ausgelöst ist.

Darüber hinaus vermittelt die Umschrift der Eigennamen
- um kurz auf ein Einzelproblem einzugehen -
wertvolle Einblicke in die Geschichte der Ausspracheübcr-
lieferung des Hebräischen. Bei voherrschender Spirierung
der Explosivlaute weist Aquila eine Reihe von Namen meist,
wenn auch nicht immer fremder Herkunft auf, die eine
explosive Aussprache der Mutae kennen; so findet sich
etwa gräzisiertes KctpiinAoc, »Karmel" Jesaja 29,17 bei
Aquila (Symmachus und Theodotion) für XepueA in Sep-
tuaginta (tiberisch karmael), und unter gleichzeitiger zweifacher
Laryngalelision überliefert Aquila (und Symmachus)
den ägyptischen Ortsnamen „Thachpanhes", der tiberisch als
tahpanhes oder fhafnes (((?]f h t p' nhsj) vokalisiert ist,
als Tctfvdg „Daphne" Jeremia 43, 7 (S. 234). Diese gelegentliche
explosive Aussprache, die sich durch Jahrhunderte
hinzog und in der Aquila nur ein, wenngleich sehr wert
volles Glied darstellt, mag eine der Voraussetzungen darstellen
, auf Grund deren dann die Tiberier die doppelte
Aussprache von bgdkpt zu normieren versuchten

Um wieder auf das große Ziel, dem der Index dienen
soll, zurückzukommen, so macht N. Turner in aller kritischen
Nüchternheit darauf aufmerksam (S. X), daß mitunter
die Zuweisung von Lesarten an Aquila strittig und sogar
unwahrscheinlich ist: derartige Fälle sind jeweils besonders
gekennzeichnet. Lassen sich somit für den Aquila-Text nicht
in jedem Falle scharfe Konturen zeichnen, so vermittelt der
Index gleichwohl einen wertvollen Einblick in die vor-
hexaplarische Textgeschichte. Rückschlüsse auf eine vor-
masoretische hebräische Septuaginta-Vorlage mit Hilfe der
Gewinnung eines „leidlich zuverlässigen Septuaginta-Tex-
tes" (a reasonably acurate Septuagint text [S. VII)) werden
freilich nur mit Vorbehalt gezogen werden können; wie
kompliziert hier die Dinge liegen, zeigen uns diejenigen
hebräischen Qumran-Fragmente, die als Vorlagen zur
griechischen Version des Alten Testamentes anzusehen sind.

Jena Rudolf Meyer

1 Vgl. hierzu R. Meyer, Hebräische Grammatik 1* (1968),
§ 13, Ü.

Thompson, R. J., Dr. theol.: Moses and the Law in a Century
of Criticism since Graf. Leiden: Brill [1970]. XII,
207 S. gr. 8° = Supplements to Vetus Testamentum, ed.
by the Board of the Quarterly G. W. Anderson, P. A. H.
de Boer, G. R. Castellino, H. Cazelles, E. Hammershaimb,
H. G. May, W. Zimmerli, XIX. hfl. 54,-.
Hinter dem Titel verbirgt sich mehr, als man zunächst
dahinter vermutet. Es geht nicht allein um Mose und das
Gesetz in dem Jahrhundert nach den Grafschen Ausführungen
dazu, sondern praktisch um eine Geschichte der jün
geren Pentateuchkritik. Diese ist freilich etwas künstlich
auf Graf und die Frage nach der Beurteilung und zeitlichen
Ansetzung des mosaischen Gesetzes, speziell der Priesterschrift
, bezogen. Tatsächlich läßt sich ein solches Thema
nicht abhandeln, ohne dafj man den Kontext der pentateuch-
kritischen Probleme insgesamt vor Augen hat. Und so ist
das Buch von Th. auch auf eine sehr breite wissenschaftsgeschichtliche
Basis gestellt. Das weist einmal der umfängliche
Anmerkungsapparat aus, in dem der Autor seine
Ausführungen quellenmäßig belegt (zuweilen fast jeden
Satz, z. B. S. 133) und seine eigenen Meinungen in Auseinandersetzung
mit denen anderer begründet und diskutiert,
das beweist aber auch die ausführliche Bibliographie
(S. 174-199), die keineswegs als Schmuck oder Ausweis der
Gelehrsamkeit des Verfassers dienen soll, sondern wirklich
angibt, was in den Ausführungen der Studie herangezogen

worden ist. Die Kontrolle darüber ist durch einen Author
Index (S. 200-206) jederzeit möglich. Die Bibliographie
stellt eine Fundgrube für den wissenschaftsgeschkhtlich
Interessierten dar, namentlich der deutschsprachige Leser
wird den Nachweis einschlägiger anglo-amerikanischer Literatur
begrüßen. Darin besteht überhaupt ein Vorzug dieses
Buches, daß es die Diskussion der pentateuchkritischen
Probleme innerhalb der englischen und amerikanischen
Theologiegeschichte nachzeichnet, aber auch Entwicklungen
in Skandinavien, in Frankreich und in der Schweiz nicht
außer acht läßt. Bei diesem ungeheuer umfänglichen Material
, das die Abhandlung von Th. verarbeitet, findet sich
auf den rund 170 Textseiten eine große Dichte der Aussagen
. Hinzu tritt, daß der Autor gelegentlich von dem
Recht des Zitates Gebrauch macht. Der Leser gerät allerdings
hierbei in Sorge darüber, ob dem Vf. nicht Vergröberungen
, Verzeichnungen und perspektivische Verkürzungen
der wirklichen Sachverhalte in der Darstellung unterlaufen
könnten. Selbst bei der Anwendung einer stark
deskriptiven Methode, die sich bei der Wertung vorsichtig
zurückhält - Th. wendet sie vornehmlich im 3. Teil an -,
wird sich mancher Zeitgenosse fragen, ob er in d?m
Zusammenhang gesehen sein will, in den er durch Th.
geordnet ist. Wissenschaftsgeschichtliches Arbeiten ist entsagungsvoll
und schwer, schwer vor allem deswegen, weil
der Wissenschaftshistoriker immer vor der Frage steht, ob
er dem von ihm Dargestellten auch wirklich gerecht geworden
ist. Wahrscheinlich wird man Wissenschaftsgeschichte
künftig stärker als bisher in Gemeinschaftsarbeit treiben
müssen.

Th. stimmt den Leser in einem „Prologue" (S. 1-12) in
die Problematik ein, indem er auf die Wandlung der Beurteilung
des .Gesetzes Moses' im NT eingeht. Der Satz aus
Joh 1,17 "The law given by Moses . .." repräsentiert nach
seiner Auffassung "The Tradition" (S. 1). Des Paulus
Stellung in Gal 3,17 "The law came . . . after" sei für "The
Challenge" (S. 4) charakteristisch, während das Votum von
Rom 5, 20 "The law came in between . . ." "The Defence"
markiere (S. 10). Mit diesen drei prononcierten neutesta-
mentlichen Stellungnahmen zum .Gesetz' meint Th. die
drei charakteristischen Perioden seiner Geschichtsdarstellung
gefunden zu haben: I. The law by Moses. The Pre-
Grafians (1805-1865) (S. 15-50); II. The law came after.
The Grafians (1865-1925) (S. 53-105); III. The law came
between. The Post-Grafians (1905-1965) (S. 109-165). Es
sind dreimal Zeiträume von je 60 Jahren im Blickfeld,
wobei der zweite und dritte sich zeitlich überschneiden.
Hier schon muß die Frage gestellt werden, ob sich nicht
auch der erste und der zweite überschneiden. Der Vf. hilft
sich bei diesem Problem mit Unterabschnitten im ersten
Teil wie "Grafians before Graf" (S. 21 ff) und "The First
Grafians" (S. 32 ff). Im Prolog zeichnet Th. in sehr abge
kürzter Weise nach, wie sich die .Grafsche Frage' schon vor
1800 bemerkbar machte, eigentlich schon sehr früh, und
auch der erste Unterabschnitt seines ersten Teils ("Before
1805"; S. 15 ff) blickt über die zeitliche Begrenzung nach
rückwärts in das 18. und 17. Jh. zurück und stellt den
Zusammenhang mit der frühen Geschichte der Pentateuch-
Kritik (R. Simon, J. Astruc, J. G. Eichhorn, A. Geddes u. a.)
her. Bemerkenswert ist im ersten Teil das vorletzte Kapitel
(Chapter Four. Motives for Grafianism. S. 35 ff). In diesem
versucht der Vf., den .Grafianismus', wie er ihn nennt, in
den geistesgeschichtlichen Gesamtzusammenhang zu ordnen
und daraus die Motive für diese Forschungsrichtung zu
gewinnen. Er nennt deren vier, einmal den .Evolutionis
raus', wobei Th. darauf aufmerksam macht, daß Graf seine
Hauptschrift nur wenige Jahre nach dem Erscheinen von
Darwins 'Origin of Species' verfaßt hat. Th. möchte sogar
feststellen, daß Grafs 'phraseology ... the evolutionary
mood' reflektiere (S. 35 u. f.). Sodann verweist er auf den
.Hegelianismus' (S. 37 ff). Hier ist sich der Autor - durch