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Ausgabe:

1973

Spalte:

495-503

Autor/Hrsg.:

Tröger, Karl-Wolfgang

Titel/Untertitel:

Die sechste und siebte Schrift aus Nag-Hammadi-Codex VI 1973

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495

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 7

496

' Vgl. U. vou Wilarnowitz-Moellendorff, Geschichte der
Philologie, Leipzig *1959 (Nachdruck), S. 9 ff.
' P. Maas, Textkritik, Leipzig -"i960, S. 13.

8 Ebda.

9 Das wird z. B. besonders deutlich, wenn mau den kritischen
Apparat der im Erscheinen begriffenen .Editio funditus
renovata' der Biblia Hebraica mit den älteren Ausgaben von
K. Kittel vergleicht. "Verwiesen sei aucb auf die im Gegensat/,
zu früher sehr viel vorsichtigere Handhabung der Konjektu-
ralkritik in den neuen Kommentarwerken (BK und KzAT).

10 H. S. Nyberg, Das textkritische Problem des Alten
Testaments am Hoseabuehe demonstriert, ZAW LH, 1934, S. 244.

11 Deshalb ist auch in den modernen Einleituugswerken
die literarische Analyse der einzelnen Bücher des Alten Testaments
immer mehr in den Vordergrund getreten, und zwar
offensichtlich zu Lasten der Einführung in die Probleme und
Methoden der Textkritik. In O. Eißfeldts umfangreicher .Einleitung
in das Alte Testament' (Tübingen 81964) werden dieser
Thematik lediglich VA Seiten gewidmet (S. 979 f.). Bei O. Kaiser
, Einleitung in das Alte Testament, Gütersloh 1969, erfährt
die Textkritik überhaupt keine Berücksichtigung, abgesehen
von gelegentlichen Bemerkungen. In den älteren Lehrbüchern
spielte dagegen die Einführung in die textkritische Methodik
eine wesentlich größere Bolle. W. M. L. de Wette z. B. bot
seinen Lesern einen umfangreichen Abschnitt allein über die
„Theorie der Kritik des hebräischen Textes" (a.a.O., S. 134—50).
Es trifft also jedenfalls für die ältere Einleitungswisseuschaft
nicht zu, wenn H. S. Nyberg bemerkt, daß „die Prinzipien,
die der textkritischen Arbeit auf dem ATlichen Gebiete zugrundegelegt
wenden,. .. fast nie formuliert" werden (a. a. O.,
S. 242). Auch im 16. und 17. Jahrhundert ist in dieser Hinsicht
schon gründliche Arbeit geleistet worden. Vgl. L. Diestel, Geschichte
des Alten Testaments in der christlichen Kirche,
Jena 1869, S. 346 11.

12 Es ist ein nachdenklich stimmender Umstand, daß ein
.Lehrbuch der Literarkritik', das auch die Erfahrungen der
verwandten Homerkritik berücksichtigen sollte, immer noch
aussteht. Auch aus den entsprechenden Abschnitten der Einleitungswerke
kann man nicht viel über die methodischen
Grundsatze der Literarkritik und ihre Anwendung erfahren,
abgesehen von dem, was sich aus der meist ausführlich dargestellten
Forschungsgeschichte ablesen läßt. Der kurze Paragraph
„Methoden, Ergebnisse und Probleme" bei G. Fohrer,
Einleitung in das Alte Testament, Heidelberg "1969, S. 124-31,
beschränkt sieh auf die Literarkritik im Pentateuch.

11 Ein amüsantes Beispiel dieser Art, eine literarkritische
Analyse des Kirchenliedes „Auf, auf, ihr Heichsgenossen!",
lindet sich bei K. Kabast, Die Genesis, Berlin 1951, S. 18 f.

14 Der ,Altersbeweis' 6pielt freilich schon im Alten Testament
(Vordatierung von prophetischen Texten!) und bei der
Kanonbildung eine wichtige Rolle. Gerade hier wird aber seine
Fragwürdigkeit offenkundig.

14 Es sei erinnert an die einschlägigen Versuche von
K. Budde, Die biblische Urgeschichte, Gießen 1883; O. Procksch,
Das nordhebräische Sagenbuch, Leipzig 1906; J. Hempel, Die
Schichten des Iieutoronomiiuns, Leipzig 1914; G. von Rad, Die
Priesterschrift im Hexateuch, BWANT 65, Stuttgart/Berlin 1934.

" (Jommentar zum Pentateuch, Halle 1802—05.

17 Historisch-kritische Forschungen über die Bildung, das
Zeitalter und den Plan der fünf Bücher Mose's nebst einer
beurtheilenden Einleitung und einer genauen Charakteristik
der hebräischen Sagen und Mythen, Rostoek/Güstrow 1831.

18 Diese Hypothese versuchte vor allem Teile der Urgeschichte
vou ägyptischen Urkunden und Inschriften herzuleiten
oder wenigstens auf die ägyptische Bildung Moses

(Priester in Heliopolis!) zurückzuführen. Einige Vertreter dieser
Auffassung werden kurz vorgestellt von L. Diester, a.a.O.,
S. 725 f. Sehr ausführlich setzt sich A. Th. Hartmann, a. a. ()••
S. 76 ff., mit den oft phantastischen Vermutungen auseinander.
Zu modernen Nachläufern der ägyptischen Urkundenhypothese
vg). K.-H. Bernhardt, Amenophis IV. und Psalm 104, MIO XV.
1969, S. 193 ff.

18 A.a.O., S. 256 ff.; 291 ff.

2,1 Vgl. ZAW LH, 1934, S. 241 ff.; Studien zum Hoseabuche,
UUA 1935, 6,

21 Vgl. den forschungsgesehichtlichen Überblick bei A. IL
J. Gunneweg, Mündliche und schriftliche Tradition der vor-
exilischen Prophetenbücher, FRLANT 73, 1959, S. 7 ff.

22 Vgl. oben Sp. 885.

28 Vgl. u. a. A. Alt, Die Ursprünge des israelitischen
Hechts, Leipzig 1934, S. 44 ff. (= KS I, S. 31 off.); K. Koch. Was
ist Formgeschichte! Berlin/Neukirchen 21968, S. 10 ff.; E. Niel-
Ben, Die zehn Gebole, Kopenhagen 1965, S. 18 IT.

24 Vgl. den Überblick bei ,T. ,T. Stamm, Der Dekalog im
Lichte der neueren Forschung, Bern/Stuttgart '1962, S. 11 ff.,
und E. Nielsen, a. a. O., S. 64 ff.

25 Z. B. Weglassung des Sabbatgebotes in der Rekonstruktion
von H. Schmidt oder Präzisierung des Diehstahlsverbotis
auf Mensehendiebstahl bei K. Rahast.

28 Die kulturhistorische Argumentation ist freilich im Falle
dos Dekalogs überhaupt problematisch. Wenn man annimmt,
daß die Erwähnung des .Gußbildes' im Dekalog von Deut. 5
ursprünglicher ist als die Erwähnung des mehr allgemein
.plastischen Bildes' im Dekalog von Ex. 20 und die Existenz
im Kulturland voraussetzt, dann gerät schon die erste Gruppe
der Gebote in eine relativ späte Zeit (so K. Koch, a.a.O.,
S. 63).

21 Um den Nachweis eines gemeinsamen Grundbestandes
der beiden Reihen hat sieh besonders K. Koch, a.a.O., S. 60ff.,
bemüht.

28 Vgl. E. Nielsen, a. a. O., S. 83 ff.

28 So G. Fohrer, a. a. O., S. 74. — Es kann vielleicht auch
angenommen werden, daß der oder die Verfasser des Dekalogs
bzw. der Urdekaloge formkritische Gesichtspunkte — besonders
auch in metrischer Hinsicht - nicht konsequent berücksichtigt
haben.

*° Ein besonders interessantes Beispiel für eiue solche
Fehlinterpretation ist die These von der Abhängigkeit des
alttestamentlichen .Bundesformulars' von den hethitischen
Vasallenverträgen, die es in den letzten Jahren zu einer stattlichen
Bibliographie gebracht hat.

81 Vgl. oben Sp. 890.

82 Vgl. oben Sp. 886.

88 Von der Geschichte der Oberlieferungseinhelten ist die
Geschichte der sogonannten , Traditionsstrome' (vgl. oben
Sp. 14) sorgfältig zu unterscheiden. Ihr Charakteristikum ist
es, daß sie die Geschichte bestimmter Überliefernngsinhalte im
Alten Testament auf ganzer Breite verfolgt. Sie erfaßt also
nichtliterarische Zusammenhänge zwischen verschiedenen ('ber-
lieferungseinheiten und Quellen und sucht sie zu erklären.
Entscheidend wichtig ist dabei die Herausarbeituug des Le-
benssitzes der Traditionsströme, da man sonst über eine unverbindliche
Motiv- oder Stoffgeschichte nicht hinauskommt.

84 Das „Rückwärtswandern" (E. Nielsen, a. a. O., S. 75) von
der kritisch ermittelten frühesten Gestalt der Überlieferungseinheit
bis zu ihrem uns im Alten Testament begegnenden
literarischen Text bedeutet zugleich eine Kontrolle der kritischen
Analyse. Die Überlieferungsgeschichte bietet dabei insofern
noch einen besonderen Beitrag, als sie von ihrer Fragestellung
aus die Wirkungsgeschichte der Überlieferungseinheit
mit erfaßt.

Die sechste und siebte Schrift aus Nag-Hammadi-Codex VI

Eingeleitet und übersetzt vom Berliner Arbeitskreis für koptisch-gnostische Schriften •

In Codex VI von Nag-Hammadi mit seinen so auffallend
unterschiedlichen Texten befinden sich auch mindestens
drei hermetische Schriften. Es sind die
Traktate 6-8 am Ende der Schriftensammlung, die mit
einer apokryphen Apostelgeschichte beginnt und im Anschluß
an diese die gnostischen Traktate .Nebront', ,Authen-
tikos Logos' und .Noema' enthält. Besondere Aufmerksamkeit
verdient die 5. Schrift, die wir anfänglich nennen
wollten, ,De utilitate violentiae' weil es in ihr um die
Frage der Nützlichkeit von Gewalt geht. Dieses Fragment,
das durch die Vorstellung von einem im Innern des Menschen
stattfindendem Kampf zwischen guten und bösen
Kräften zunächst an die hermetische Gnosis erinnert, ist
jedoch - wie Hans-Martin Schenke soeben (Juli 1972) entdeckt
hat - die Übersetzung eines Abschnittes aus Piatons
Politeia (588 b - 589 b).

Traktat 8 (p. 65,8-78 Ende) war vor dem Nag-Ham-
madi-Fund bereits in seiner lateinischen Version bekannt
und braucht daher hier nicht übersetzt zu werden. Dieser
koptische .Asklepios' (Askl) entspricht den Kapiteln 21
(Mitte) bis 29 des lateinischen Asclepius und ist ein Dialog
zwischen (Hermes) Trismegistos und Asklepios (Tat, Ammon
u. a.). Besonders interessant und für die Textgeschichte der
Asclepiustexte wichtig ist die in den laufenden Text eingeschaltete
, ursprünglich selbständig gewesene Apokalypse
(p. 70, 2-74,17 = Asel 24-26) '. Überhaupt ist ein Vergleich
des koptischen Textes mit der lateinischen Version und den
griechischen Fragmenten bei Laktanz, Stobaios und Lydos
für die Textgeschichte recht aufschlußreich2 und zeigt
neben der unterschiedlichen Textgestaltung auch, daß die
einzelnen Abschnitte ursprünglich noch gar nicht oder zu-