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Ausgabe:

1973

Spalte:

387-389

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Rordorf, Willy

Titel/Untertitel:

Sabbat und Sonntag in der Alten Kirche 1973

Rezensent:

Nagel, William

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 5

388

dertwende benutzt. Die Vf.in schildert Entstehung, Inhalt
und weitere Geschichte des Buches auf Grund eingehender
Nachforschungen. - Konrad Ameln erstattet u. a. einen Bericht
über „neue Faksimileausgaben kathol. Gesangbücher"
und Folke B o h 1 i n über die 6. internationale Tagung für
Hymnologie vom 9. bis 14. 8. 1971 in Vadstena (Schweden).

Der wesentlich auch für 1969 gegebene hymnologische
Literaturbericht unter der Verantwortung von K. Ameln wird
ergänzt durch Berichte aus Frankreich (Edith Weber), Polen
(1968-1970) (Karol Hlawiczka), Schweden (1967-1969) (Allan
Arvastson, Folke Bohlin), Tschechoslowakei (1968-1970)
(Jan Kouba).

Verzeichnisse der Lied- bzw. Strophenanfänge und der
Personennamen sowie zwei Bildttafeln und drei Abbildungen
vervollständigen das Buch.

Wie alljährlich werden alle liturgisch und hymnologisch
Interessierten den Herausgebern und dem Verlag, nicht zuletzt
auch den an der Finanzierung Beteiligten für den wieder
so gehaltreichen Band herzlichen Dank wissen.

Greifswald William Nagel

Kordorf, Willi: Sabbat und Sonntag in der Alten Kirche.

Zürich: Theologischer Verlag [1972]. XXIX, 256 S. gr. 8° =
Traditio Christiana. Texte u. Kommentare zur patristischen
Theologie. In Verb. m. F. Bolgiani, O. Cullmann, M. Geiger
, H. Karpp, A. Labhardt, H.-I. Marrou, J. Meyendorff,
H.-Ch. Puech, M. A. Schmidt, W. C. van Unnik, L. Vischer
hrsg. v. A. Benöit, J. G. Davies, W. Rordorf, II. Lw. DM
35.-.

Dieser II. Bd. der Reihe „Traditio Christiana" gewinnt
durch die Tatsache, daß der Sonntag in seinem traditionellen
Charakter als Tag des Gottesdienstes und der Arbeitsruhe
heute zunehmend in Frage gestellt wird, eine ganz unmittelbare
praktisch-theologische Bedeutung. Soll die Frage, was
den Sonntag seinem ureigenen Wesen nach zum Sonntag
macht und wie dem auch unter modernen Lebansbedingungen
Raum geschaffen werden kann, eine zukunftsträchtige Antwort
finden, können nicht Tageseinfälle weiterhelfen. Praktisch
-theologische Aufgaben dieser Art werden stets auch die
„quaestio juris" zu stellen haben. Diese wird aber ohne eine
gründliche Besinnung auf das geschichtliche Werden des zum
Problem Gewordenen nicht in dessen ganze Tiefe eindringen.
Darum wird man es dankbar begrüßen, in der hier vorliegenden
, sorgfältig kommentierten Quellensammlung jene
Zeugnisse beieinander zu haben, die für Sabbat und Sonntag
reichlich vier Jahrhunderte lang ein unterschiedlich akzentuiertes
Nebeneinander und deren allmähliches Zusammenwachsen
erst in der nachkonstantinischen Zeit erweisen.
Dementsprechend gibt diese Quellensammlung in zwei Teilen
zunächst die Texte für den Sabbat, dann für den Sonntag.
Für beides aufschlußreiche Texte werden nur in einem dieser
Teile aufgeführt, aber im anderen auf die betr. Stelle verwiesen
. In chronologischer Reihenfolge ist, beim NT einsetzend
, für die ersten drei Jahrhunderte das Material fast
vollständig aufgenommen bzw. wenigstens in den Anmerkungen
erwähnt, während die Fülle der Zeugnisse aus nach-
konstantinischer Zeit durch charakteristische Texte aus allen
Teilen der Kirche des 4. und 5., für den Sonntag auch noch
des 6. Jh.s repräsentiert wird. Griechische und lateinische
Texte werden im Original und auf der Gegenseite in einer
eng sich dem Original anpassenden Übersetzung geboten;
koptische und syrische Texte erscheinen lateinisch oder
deutsch übersetzt, Bibelzitate im Kursiv- oder Sperrdruck.
Der kritische Apparat weist auf die wichtigsten Varianten
und Konjekturen hin. Mit besonderem Dank wird jeder Benutzer
des Buches die drei ihm beigegebenen Register begrüßen
: ein Verfasserverzeichnis für die Quellenstücke hilft
dazu, einem Autor oder einer Autoren- bzw. Traditionsgruppe
nachzugehen; ein Bibelstellenverzeichnis kann deutlich
machen, wie bestimmte Bibelworte immer wieder geltend
gemacht worden sind; das Sachregister ermöglicht es,
das Quellenmaterial unter motiv- oder liturgiegeschichtlichen
Gesichtspunkten zu durchforschen. Ein reichhaltiges Literaturverzeichnis
wird spezieller Forschung auf diesem Gebiet
willkommen sein.

In einer „Einleitung" (S. IX-XXI) gibt der Vf. einen Überblick
über die Geschichte des Gottesdienst- und Ruhetages,
wie sie sich ihm auf Grund des Quellenmaterials darstellt.
Der Benutzer des Buches wird so aufgefordert, dieses Ergebnis
an den Quellen selbst nachzuprüfen. Es sei hier nur
in wenigen wichtigen Punkten anvisiert: Da erst in der nachkonstantinischen
Zeit Sabbat und Sonntag zunehmend in
einer fraglosen Einheit verstanden wurden, behandelt der
Vf. Sabbat und Sonntag getrennt voneinander. Hinsichtlich
des Sabbats lassen die Ew. bei Jesus wohl mehrfachen Sabbatbruch
, aber nicht in gleicher Deutlichkeit dessen eigentliche
Motive erkennen. Die Urgemeinde scheint Jesu Freiheit
gegenüber dem Sabbatgebot nicht praktiziert zu haben, während
in der Nachfolge des Paulus die heidenchristliche Kirche
jene Freiheit nicht nur in Anspruch nahm, sondern auch zu
verteidigen bemüht war. Man konnte dabei das Sabbatgebot
als einziges Stück des Dekalogs bewußt spiritualisieren, nämlich
im Sinn einer inneren, von Christus gewährten Ruhe
und Heiligkeit, die das tägliche Leben begleiten soll, um
schließlich in Gottes ewige Sabbatruhe einzumünden. Zeugnisse
eines „Judaisierens" hinsichtlich des Sabbats fehlen
zwar in der heidenchristlichen Kirche nicht ganz, doch erst
im 4. Jh. kommt es zu einer neuen weitreichenden Hochschätzung
des Sabbats, deren Wurzel wohl im ägyptischen
Mönchtum zu suchen ist. Sie verschwindet wieder, um bis
heute nur je und dann in einzelnen Sekten aufzuleben. Der
Vf. weist aber auf die heute vergessenen Bemühungen der
östlichen Kirchen im 4. Jh. hin, dem Sabbat „in einer gemilderten
, ungesetzlich-vergeistigten Form" Raum zu geben; er
meint, diese Position könne „im Zeitalter der Fünftagewoche
und in einer Periode der Aufgeschlossenheit zwischen Christen
und Juden wieder aktuell werden" (XIV).

Die Frage nach dem Ursprung der eindeutig erst im Heidenchristentum
bezeugten Sonntagsfeier ist noch immer
einer Lösung fern. Jedenfalls taucht ihre Begründung mit
der Auferstehung Christi erst - und auch da noch sporadisch
- im 2. Jahrhundert auf. Jüngst hat man im Zusammenhang
mit diesbezüglichen Kalenderforschungen die christliche
Sonntagsfeier sogar, wenn auch nicht historisch, so doch
„psychologisch" mit der „liturgischen Auszeichnung" des
Sonntags durch die Qumransekte in Zusammenhang bringen
wollen. Vf. setzt sich auch mit der von ihm in Frage gestellten
These H. Riesenfelds auseinander, aus praktischen Gründen
hätten die Christen sich am Sabbatabend versammelt;
da aber nach jüdischer Zeitrechnung der Samstagabend
schon zum Sonntag gehört, hätte sich von hier aus, und befördert
durch die Auferstehung in der Nacht vom Samstag
zum Sonntag, die Verlegung des Gottesdienstes in die Frühe
des Sonntagmorgen durchgesetzt. Bei dem wichtigen Problem
, wie der Sonntag seinerseits zum christlichen „Sabbat"
wurde, was ja durch Konstantins Gesetzgebung eingeleitet
wurde, spielt die Einschätzung des christlichen Glaubens
des Kaisers eine Rolle. Wollte er so den Tag der Sonne oder
wirklich den Herrentag auszeichnen? Jedenfalls aber will
er auch die im Reich immer mehr anwachsende Christenheit
begünstigen, indem er eine öffentliche und von Arbeitssorgen
unbelastete Sonntagsfeier ermöglicht. Einer solchen
„Übertragung" des Sabbats auf den Sonntag hatte zudem die
Hoftheologie vorgearbeitet; „nun wurde die Gleichsetzung
aber in großem Stil durchgeführt" (XX). In der Folgezeit haben
sich die großen christlichen Kirchen mit wenigen Ausnahmen
von dieser konstantinischen Synthese nicht mehr
lösen können. Demgegenüber kann es heute hilfreich werden
, zu erkennen, „daß christlicher Gottesdienst und öffentliche
Arbeitsruhe, auch wenn sie sich am gleichen Tage be-