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1973

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 5

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ung. (Z. B. heißt es von Ed. Thurneysen, er sei Pastor einer
Kirchgemeinde in der Nachbar Stadt Lentwil gewesen j
S. 11.) Der sozialethisch ergiebigen 1. Fassung des Römerbrief
-Kommentars wird kein Eigengewicht zuerkannt, sondern
ihrer nur mit einem Satz gedacht (S. 21). - Auch Barths
große Ethik-Vorlesung von 1928, die bisher freilich nur
hektographiert vorgelegen hat und darum nicht leicht zugänglich
gewesen ist, die aber mit als erstes aus dem Barth-
Nachlaß erscheint2, kennt der Vf. offenbar nur aus dem
Kurzreferat von Cullberg3. Sie enthält Sachbereiche, zu
deren Bearbeitung Barth später nicht mehr gekommen ist,
und Aspekte, die Willis hätten interessieren müssen, auch
oder gerade weil Barth sie nachher wieder verrückt hat.
Gutgetan hätte Willis auch die Einbeziehung des Mozart-
Büchleins1 - als Exemplars des Humanismus des Theologen
Karl Barth5. Schließlich verwundert es, daß Willis das Tauf-
Fragment der Kirchlichen Dogmatik (KD IV,4) nicht in die
Diskussion der Barthschen Ethik einbezogen hat - nicht nur,
weil die ethische Interpretation der Taufe an sich theologisch
-ethisch denkwürdig ist, sondern weil diese Interpretation
bei Barth eine sozialethische ist; auch weil da die Bardische
Grundkategorie der Antwort zu besonderer Anschauung
kommt. Willis sieht nämlich bei Barth Analogie zu
sehr als ,Gleichnis' und zuwenig als Entsprechung', als
Antwort in Freiheit. - Das skizzierte Manko ist, soweit es
sich auf das Sozialethische bezieht, darum besonders schade,
weil Willis von seinem Studium und seiner (genuin theologischen
und ausgeprägt kirchlichen) Sicht Barths her Gesprächspartner
Marquardts sein sollte. Bei so wenig gemeinsamer
Bezogenheit auf entscheidende Dokumente lassen sich
beide auch von dritter Seite in keine ergiebige Beziehung
setzen. Tadeln kann man R. E. Willis darum kaum. Nach
den zu seiner Arbeitszeit in den USA verfügbaren Materialien
hat er sich eifrig umgetan (vgl. S. IX). Und daß auch
stattliche Bücher sehr schnell einen Geruch von Vergangenheit
tragen können, verbindet dieses schließlich mit vielen
anderen.

Eine andere Frage an dieses (und nicht nur an dieses)
Werk wäre, ob man von einem - ebenso stattlichen - Buch
nicht entweder ein herzhafteres Votum für oder ein entschiedeneres
und konstruktiveres gegen seinen Gesprächspartner
sollte erwarten dürfen. Aber diesmal ist das Buch,
mit seiner achtbaren Darstellung von Barths Ethik im Kontext
seiner Dogmatik und seiner redlichen, wenn auch nicht
sehr hilfreichen Kritik, als Dissertation erst recht entschuldigt
.

Wuppertal Jürgen Fongmeier

1 Deutsch: .Reden von Gott in der Sprache der Welt', Zürich/Stuttgart
1965.

2 Inzwischen erschien deren erste Hälfte: K. Barth, Ethik I, hrsg. v.
D. Braun, Zürich 1973.

;1 J. Cullberg, das Problem der Ethik in der Dialektischen Theologie,
Uppsala 1938.

» K. Barth, Wolfgang Amadeus Mozart 1756/1956, Zollikon-Zürich 1956.
■ Auch K. Barth, Humanismus, Theol. Studien 28, 1950.

Klug, E. F., Th. D.: From Luther to Chemnitz on Scripture
and the Word. Grand Rapids, Mich.: Eerdmans [1971]. X,
261 S. gr. 8°.

Dieses Buch ist der Lehre der »beiden Martins" über
Schrift und Wort Gottes gewidmet. Da mit Recht noch immer
die hermeneutische Debatte geführt wird, wenn wohl auch
nicht mehr so leidenschaftlich, ist es gut, wenn solide historische
Untersuchungen vorliegen. Sie werden der Sachgemäßheit
der Debatte zugute kommen. Vf. greift darum auch
wiederholt in die gegenwärtige Debatte ein.

Die Teile I und III der vorliegenden Untersuchung sind
fast parallel zueinander aufgebaut. Teil I: „Luther on the
Word" (13-114) untersucht in sieben Kapiteln (Inspiration;
Scripture - Word of God; Centrality of Christ; Authority of
the Word; Efficacy of the Word; Perspicuity of Scripture;
Truthfulness of the Woid) Luthers Lehre, Teil III „Chemnitz

on the Word" (143-224) ebenfalls in sieben Kapiteln (Inspiration
, Word of God - Scripture; Christ and the Word; Authority
of the Word; Efficacy of the Word; Clarity of the
Word; Truthfulness of the Word) die Lehre von Martin
Chemnitz über Wort Gottes und Heilige Schrift, wobei jeweils
den sieben Kapiteln eine Einführung vorangestellt ist.
Der parallele Aufbau gibt in seinen Abweichungen voneinander
bereits kleine Akzentverschiebungen der Aussagen
beider Theologen an. Zwischen Kapitel I und Kapitel III steht
Kapitel II und ist „Martin Chemnitz - life and work" gewidmet
(115-140). Die Untersuchung wird mit einer umfangreichen
„Conclusion" (225-248) und ausführlicher Bibliographie
beschlossen. Typisch für amerikanische Untersuchungen
wird ein Heft mit ausgewählten Übersetzungen der im
Text vorkommenden (lateinischen und deutschen) Zitate
gegeben. Man ist geneigt zu fragen, ob dies nicht auch für
unseren Sprachbereich hin und wieder nützlich wäre. Das
Literaturverzeichnis weist neben zahlreichen deutschen Untersuchungen
erstaunlich viele amerikanische Veröffentlichungen
auf. Offensichtlich hat man sich im amerikanischen
Luthertum wesentlich intensiver über die lutherische Orthodoxie
Gedanken gemacht als bei uns. Das dürfte sich nicht
allein aus der Stellung der Missouri-Synode zu ihr erklären!

Vf. weist darauf hin, daß der Schlüssel jeder Theologie
ihr Verständnis des Wortes Gottes ist, speziell ihre Stellung
zur Schrift (226). Gegen die Verfälschung des Evangeliums
in ein neues Gesetz wehren sich CA und FC. Vf. betont dabei
die führende Rolle, die M. Chemnitz gerade bei der endgültigen
Komposition dieses Punktes in der FC gespielt hat, wobei
dieser Punkt die Gestalt der Lutherischen Kirche und
ihrer Theologie bis heute bestimmt (231). „Für beide, Luther
und Chemnitz, besteht eine heilige und unzerstörbare Verbindung
von sola gratia'sola fide (theology's heart) und sola
scriptura (theology's direction-settcr)!" (231).

Da M. Chemnitz der lutherische Theologe ist, der sich
mit dem Tridentinum auseinandergesetzt hat, muß seine
Haltung der damaligen römischen Theologie gegenüber für
uns heute einer veränderten römisch-katholischen Theologie
gegenüber von besonderer Bedeutung sein, wobei sich ergibt
, daß die Veränderung anscheinend leicht überschätzt
wird. Vf. kann davon ausgehen, daß Chemnitz gerade auch
von seinen Gegnern besonders geschätzt und gefürchtet
worden ist. Wiederholt weist er auf die Redeweise von den
„beiden Martins" hin. Vf. setzt sich auch mit der gegenwärtigen
römisch-katholischen Einschätzung des reformatorisch-
nachreformatorischen sola scriptura auseinander. Er nennt
hier u. a. E. Schillebeeckx und J. Lortz. Mit H. Sasse betont
er aber ihnen gegenüber, daß Luther „nicht als einzelner
Christ der Gesamtheit der Kirche" gegenübertrat, sondern
daß er sich dessen bewußt war, „die rechte Lehre der wahren
katholischen Kirche aller Zeiten gegen
die Irrtümer" zu verteidigen. Und Vf. fährt fort: „The story
is the same for Chemnitz" (243).

Vf. betont (trotz kleiner Akzentverschiebungen) wohl mit
Recht die enge Zusammengehörigkeit von Luther und Chemnitz
gerade an diesem zentralen Punkt („theology's direction-
setter"!): „Sworn doctors of the Word - the two Martins"
(244ff).

Schlettau/Erzgeb. Karl-Hermann Kandier

Amiet, Peter: Systematische Überlegungen zum Amt (IKZ
62, 1972 S. 176-184).

Aymans, Winfried: „Volk Gottes" und „Leib Christi" in der
Communio-Struktur der Kirche. Ein kanonistischer Beitrag
zur Ekklesiologie (TThZ 81, 1972 S. 321-334).

Bassarak, Gerhard: Das Wort von der Versöhnung (ZdZ 26,
1972 S. 178-184).

Baumeister, Theofried: Das alte Credo und die neuen Kurzformeln
des Glaubens (ThCl 62, 1972 S. 375-383).

Beck, Horst W.: Der Mensch — Geschöpf oder Denkmaschine
? (DtPfrBl 72, 1972 S. 289 - 290).