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Ausgabe: | 1973 |
Kategorie: | Neues Testament |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 5
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reicht worden. Wenn der Vf. nun in wesentlichen Teilen zu
den Ergebnissen kommt, die ich in meiner Einleitung in das
Neue Testament vertreten habe (vgl. vor allem S. 158 Anm.
83), kann ich mich über die „Schützenhilfe" nur freuen. Meine
dort vorgetragenen Ergebnisse bekommen durch dieses Buch
zwar eine erheblich breitere Grundlage, dennoch habe ich
mich gelegentlich gefragt, ob ein so langer Weg nötig war,
dieses Ziel zu erreichen.
Im ersten Teil geht es expressis verbis um die „Echtheitskontroverse
". Hier wird sehr viel der einschlägigen Literatur
ausgedruckt und kritisch gesichtet. Es ist für einen, der sich
viel mit den Thessalonicherbriefen beschäftigt hat, manchmal
interessant (aber auch manchmal ermüdend) alles noch
einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Ich frage mich allerdings, ob hier nicht das Anliegen des
Vf.s auf eine schiefe Ebene (überwundene Fragestellung) zu
geraten droht. Es wenden ja nachher ganz andere (bessere
und sicherere) Kriterien ins Feld geführt. - Ähnliches müßte
man zum zweiten Teil sagen, der Beobachtungen zum Stil
enthält, wobei der Vf. oft mit Tabellen arbeitet. Vf. bringt
hier (oft gegen die traditionellen Einleitungen und Einleitungen
zu den Kommentaren) die richtige Einsicht vor, daß
das bloße Vokabular etc. weithin paulinisch ist, man damit
aber kein Argument für die „Echtheit" in Händen hat. -
Wirklich weiter führen dann die „Formgeschichtlichen Untersuchungen
" (dritter Teil), die u. a. zum Ergebnis führen,
daß das Schreiben kein „Brief" an irgendeine Gemeinde, sondern
eher als Mahnschreiben zu chrarakterisieren ist, das
apostolische Autorität beansprucht. Hier werden Weichen
gestellt. - Mit großer Vorsicht wird im vierten Teil etwas
gesagt zur „Theologie des Briefes". Vf. will hier nicht eine
Theologie des Briefes darstellen, sondern eine Art von „Gegenprobe
" zu dem bisher festgestellten liefern. Die Theologie
weist in nachpaulinische Zeit.
Die „Abschließenden Erwägungen" (fünfter Teil) überzeugen
einfach. Die Bezeichnung des Briefes als „Fälschung"
lehnt Vf. bedingt ab. (Hier ist ja auch unser Sprachgebrauch
sehr oft ungenau.) Die Alternative zwischen echter religiöser
Pseudographie und Fälschung sind nun einmal fließend.
Im Anschluß an Hengel meint Vf., daß die Autorfixionen aus
einer theologisch begründeten Autorität erwachsen und das
prophetisch-apokalyptische Selbstverständnis ausdrücken.
Ein pseudos ist darin nicht enthalten. Wir haben es mit
einem spezifisch urchristlichem Phänomen zu tun.
Daß wir bei der Feststellung nichtpaulinischer Herkunft
(ich hatte das in meiner Einleitung, S. 44, gegen Jülicher-Fa-
scher behauptet) das Schreiben nicht „verlieren", sondern
gerade gewinnen (wenn auch auf ganz andere Art), nimmt
der Vf. auf (S. 45 u. 158). - Damit hängt aber eine weitere
Frage zusammen. In der liberalen Theologie konnte man
noch von „echt" und „unecht" sprechen. Daraus sind inzwischen
aber Sachurteile geworden, die den Inhalt bzw. den
Wert betreffen. Genau das aber muß verhindert werden. Die
Worte sagen heute sehr oft nicht mehr das, was sie damals
(zumindest primär) meinten. Ob jemand andere Worte findet
und sie in den theologischen Sprachgebrauch einführt? Das
wäre ein verdienstvolles Unternehmen, weil dadurch manche
Mißverständnisse vermieden werden könnten.
Der Vf. hat recht, wenn er betont, daß die Beweislast beim
Bestreiter der „Echtheit" liegt (S. 158). Prinzipiell gilt das.
Aber seit dieses Buch vorliegt, wird man (zumindest vorsichtig
) die Frage stellen müssen, ob für den 2 Thcss jetzt nicht
die Behauptung der „Echtheit" bei deren Vertretern liegt.
Münster Willi Marxsen
Strecker, Georg: Handlungsorientierter Glaube. Vorstudien
zu einer Ethik des Neuen Testaments. Stuttgart-Berlin:
Kreuz-Verlag (1972). 70 S. 8°.
Die Schrift ist nur ein Vorläufer für ein geplantes größeres
Werk zur Ethik des Neuen Testaments aus der Feder des
gleichen Vf.s. Sie gibt - in erweiterter und ergänzter Form -
Vorträge wieder, die 1971 vor dem Institut für ökumenische
Forschung in Straßburg gehalten wurden. Die damalige Tagung
in Straßburg stand unter dem Thema „Theologie und
Kirche zwischen Orthodoxie und Orthopraxie". Der Vf. steht
freilich den beiden Begriffen Orthodoxie und Orthopraxie
mit Blick auf ihre Anwendbarkeit im Bereich des Neuen Testaments
kritisch gegenüber. So will er denn auch, nach
einem gerafften Überblick über allgemeine Probleme der
ethischen Aussagen des Neuen Testaments, anhand der ethischen
Konzeptionen des Paulus und des Matthäus die Dispa-
ratheit der Ethik des Neuen Testaments konkret aufzeigen.
Allerdings findet St. doch insofern bei seinen beiden Gewährsmännern
eine erstaunliche Gleichartigkeit, als sie sich
beide in der inhaltlichen ethischen Weisung weitgehend in
Übereinstimmung mit der säkularen Ethik befinden. Man
wird m. E. freilich fragen müssen, ob die Übereinstimmung
in beiden Fällen nicht ausschließlich eine solche mit dem Judentum
ist (unbeschadet der Frage, welche Einflüsse auf das
Judentum eingewirkt haben, das überdies beiden wohl in je
etwas unterschiedener Gestalt vertraut war), und ob nicht
gerade diese inhaltliche Bindung doch eine besondere theologische
Bedeutung hat, die auch interpretierbar ist. Vielleicht
erscheint von daher dann auch die Dialektik des Weltverhältnisses
bei Paulus, die St. im Nebeneinander von Röm
13,lff und 1 Kor 6,lff wirksam sieht, in einem neuen Licht.
Der kurze Schlußteil drängt pointiert auf die notwendige
Handlungsorienticrung des Glaubens, die zugleich eine soziale
Situationsbezogenheit sein muß, im Gegenüber zu einem
einseitigen Rückzug auf die Rechtfertigungsbotschaft.
Ob St. dabei wirklich die von ihm genannten Gesprächspartner
trifft, ist mir allerdings nicht ganz sicher.
Insgesamt sieht man nach der Lektüre des Entwurfs erwartungsvoll
der in Aussicht gestellten großen Darstellung
entgegen.
Holle/Saale Traugott Holt;
Kingsbury, Jack Dean: Matthew's Redefinition of the Gos-
pel (Dialog 12, 1973 S. 32-37).
KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE
Brunner, Gerbert: Die theologische Mitte des Ersten Klemensbriefes
. Ein Beitrag zur Hermeneutik frühchristlicher
Texte. Frankfurt M.; Knecht 1972. IX, 177 S. 8° = Frankfurter
theologische Studien, hrsg. v. H. Bacht, F. Lentzcn-
Dcis, O. Semmelroth, 11.
Als ich 1966 mein Buch über Clemens Romanus herausbrachte
, geschah das in der Absicht, der etwas eingeschlafe-
nen Diskussion um das älteste Dokument der Patristik wieder
neue Impulse zu geben. In der Tat ist es seither um den
I Clem recht lebendig geworden. Über meine damalige Arbeit
existiert inzwischen schon eine ganze Reihe von Stellungnahmen
, angefangen bei der Rezension von H. G. Leder in
dieser Zeitschrift (92, 1967 Sp. 831ff), über die Clemensausgabc
von A. Jaubcrt in den Sources Chretiennes (1971) bis
zu den kritischen Auseinandersetzungen von Knoch, Mikat
und van Unnik, auf die ich einzeln geantwortet habe (zuletzt
in Vig Christ 1972, S. 18ff). Unmittelbar in den Kreis dieser
Stimmen gehört nun auch die im folgenden zu besprechende
kath.-theol. Innsbrucker Dissertation, die sich auf weite
Strecken mit meiner Arbeit befaßt, und zwar dergestalt, daß
die durch meine Quellendarbietung geschaffene „neue Ausgangslage
" (S. 21) zwar weitgehend akzeptiert, dagegen
meine übergreifende Problemstellung und ihre Voraussetzungen
durch eine Neuinterpretation des I Clem - wo nicht
widerlegt, so doch überwunden werden soll.