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Ausgabe:

1973

Spalte:

348-350

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hoffmann, Paul

Titel/Untertitel:

Studien zur Theologie der Logienquelle 1973

Rezensent:

Schmithals, Walter

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 5

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durch seine Vergangenheit und durch sein zukünftiges Ende
definiert ist, in einem sakramentalen Essen seinen Jüngern
zu eigen" (229). „Die Abendmahlsworte . . . sagen, in welcher
Weise das Heilswirken Jesu . . . weitergehen wird" (230).

Bemerkenswert ist m. E. an der Münchener Dissertation
zumal, wie sie die speziellen Abcndmahlsworte in den großen
Rahmen der historischen Jesusforschung hineinstellt,
nicht nur nach der Seite der kritischen Behandlung der Texte,
sondern auch nach der der Einordnung in die Verkündigung
und das Wirken Jesu insgesamt"1. In kundiger Handhabung
der gängigen Methoden kritischer Forschung wird ein wichtiges
, weiterführendes Ergebnis gewonnen; Weg und Ertrag
lohnen zumindest ein Nach-Denken. - Die Literatur ist in
erheblichem Umfang nicht nur erfaftt, sondern auch verarbeitet
, z. T. in lebhafter Auseinandersetzung.

Halle/Saale Gerhard Delling

1 Meine Berichterstattung zu I A—C könnte allerdings eventuell fragmentarisch
sein; in meinem Exemplar sind 34f 38f 42f 46f leer. Der Satz
ist mit der Schreibmaschine hergestellt.

- Das Abendmahl als christologisches Problem, 1963.

3 Auch der Lk-Bericht ist „ein eigener Uberlieferungszweig" (67), „er
enthält Teile, die älter sind als Pls" (78).

4 Der Rahmen zum Brotwort ist bei Mk älter (71), der zum Becherwort
bei Paulus (73.88).

5 P. bemüht sich in dem Passus um eine Abgrenzung von „eschato-
logisch" und „apokalyptisch".

• Daß die Gottesherrschoft nach Jesu Erwartung „von einem Mahl
begleitet sein wird" (142, entsprechend 140), ist in § 36 herausgehoben.

' Nach J. Roloff, Anfänge der soteriologischen Deutung des Todes
Jesu (Mk x. 45 und Lk xxii. 27), NTSt 19, 1972/73, 38-64, gehört auch
Mk 10,45 „in die Herrenmahlstradition" (51).

H Es „ist das hellenistische Pendant zu dem" ,wie geschrieben ist'
(193). In welchem Sinn hellenistisch?

9 Das zweite Motiv hat seinen Sitz „in der schriftgelehrten Diskussion"
(192), das dritte wird im Unterschied dazu im Sinn des Bekenntnisses
verstanden I

1,1 Daß P. das im Becherwort jedenfalls nicht bedeutungslose „Motiv
des Bundes" nicht weiter berücksichtigt, begründet P. von daher, daß es
„vermutlich nachträglich ad vocem ,Blut' eingebracht worden ist" (257).
Es wäre zu wünschen, daß das anderswo aufgezeigt würde.

Delling, Gerhard: Der Kreuzestod Jesu in der urchristlichen

Verkündigung. Berlin i Evang. Verlagsanstalt, u. Göttingen:

Vandenhoeck & Ruprecht [1971]. 187 S. 8°.

In dieser Schrift hat der Vf. den Ertrag seiner exegetischen
Arbeit zusammengefaßt, die er als Mitglied der Kommission
geleistet hat, die die 1968 durch F. Viering herausgegebenen
Thesen „Zum Verständnis des Todes Jesu" erarbeitet hat.
Dem Vf. kommt es mit Recht darauf an, die ständige Rückfrage
nach den Aussagen des Neuen Testaments wachzuhalten
. Seine Darstellung setzt bei den ältesten Aussagen ein,
die in vorpaulinischen Fragmenten erhalten sind, und zeigt
dann im einzelnen auf, wie das urchristliche Kerygma von
Jesu Kreuzestod durch die neutestamentlichen Zeugen entfaltet
worden ist.

In der Rekonstruktion vorpaulinischer Stücke bleibt der
Vf. sehr vorsichtig (S. 9-16). Nur der Satz „Ihn hat Gott öffentlich
hingestellt als Sühnzeichen in seinem gewaltsamen
Sterben" (Rom 3,24f) wird als dem Apostel vorgegeben angesehen
. Rom 4,25 könne durchaus Paulus selbst zugeschrieben
werden (S. 13f). Die grundlegenden Aussagen, die die
urchristliche Verkündigung ihm darbot, hat Paulus dann
aufgenommen und in seinen Gedankengang eingebaut (S. 17
bis 26). Das Kreuzesereignis ist für ihn die Voraussetzung für
die Rechtfertigung des Menschen (S. 25). Vorpaulinische
Wendungen sind auch in den Aussagen über Taufe und
Abendmahl zu erkennen (S. 27-35),- dabei geht es jeweils um
die Zueignung des Kreuzesgeschchens. Wo in der Paräncse
auf das Kreuz Christi hingewiesen wird (S. 36-45), wird teils
der Gedanke der Leidensnachfolge ausgesprochen (S. 37),
teils das Heilsgeschehen als Begründung für die Paränesc als
ganze genannt (S. 38). Häufig ist im 1. Petrusbrief vom Kreuz
Christi die Rede (S. 46-56); dabei wird der Gedanke der
Stellvertretung ähnlich wie bei Paulus - jedoch ohne daß literarische
Abhängigkeit vorliegt - verwendet (S. 55). Das
Markus-Evangelium (S. 57-73) bietet eine geschlossene Interpretation
des Todes Jesu. Die entscheidenden Aussagen

der theologia crucis des Evangelisten gehen wahrscheinlich
auf die ihm vorliegende Überlieferung zurück. Der Vf.
nimmt an, „daß Jesus in irgendeiner Form den Jüngern seinen
gewaltsamen Tod angesagt hat - vermutlich in Worten
über den Menschensohn" (S. 72). Die Evangelisten Matthäus
und Lukas sprechen jeweils in eigener Weise über Jesu Kreuzestod
(S. 74-82): Matthäus betont den Zusammenhang
zwischen Gottes Handeln im Bereich des Alten Bundes und
im Kreuzesgeschehen (S. 76), Lukas stellt Jesus als den Gerechten
schlechthin dar (S. 81). Dieses Bild wird in der Apostelgeschichte
näher ausgeführt (S 83-97) i Jesu Tod war in
Gottes Setzung bestimmt (S. 86), doch von einer Heilsbedeu-
rung des Kreuzes wird in der lukanischen Theologie nahezu
nichts sichtbar (S. 93). Im Johannes-Evangelium und dem 1-
Johannesbrief (S. 98-110) wird wiederholt ausgeführt, „daß
das Heil in dem gewaltsamen Sterben Jesu als des Sohnes
Gottes gegeben ist" (S. 110). In der Bildersprache der Johannes
-Apokalypse schließlich wird häufig auf den Kreuzestod
Jesu hingewiesen (S. 111-116), vor allem in der ständig gebrauchten
Rede vom geschlachteten Lamm (S. 111).

Der Ertrag der Einzelcxegose wird im letzten Kapitel aufgewiesen
, das vom Ort des Kreuzesgeschchens in der Verkündigung
der Urchristenheit handelt (S. 117-123). In der
urchristlichen Predigt gehören die beiden Sätze „Christus
starb für unsere Sünden nach der Schrift" und „er ist auferweckt
am dritten Tage nach der Schrift" (1 Kor 15,3-5) unlöslich
zusammen, „so daß Tod und Auferwcckung Jesu gerade
und spezifisch als Heilsgeschehen einander zugeordnet
sind" (S. 119). In der gesamten urchristlichen Verkündigung
„wird eine Jesusbotschaft ohne Verkündigung des Heilstodes
Jesu . . . nicht sichtbar" (S. 123). Die Kreuzesbotschaft steht
mithin in der Mitte des urchristlichen Glaubensdenkens. Das
darin entfaltete Verständnis des Todes Jesu bleibt daher
„Urwort der christlichen Verkündigung von Jesus" (S. 123).

Die mit großer Sorgfalt durchgeführte Interpretation aller
einschlägigen neutestamentlichen Aussagen vom Kreuzestod
Jesu wird somit am Ende zu einem geschlossenen Gesamtbild
zusammengefügt. Nur an wenigen Stellen möchte man
eine Frage an den Vf. richten - wie z. B. bei der Abgrenzung
vorpaulinischer Fragmente (s. o.) oder der Einordnung von
Joh 6,51-58, die als ursprünglicher Bestandteil des vierten
Evangeliums beurteilt werden (S. 135, Anm. 153). Seinem
umsichtigen Urteil, das stets in gründlicher Auswertung der
einschlägigen Fachliteratur entwickelt wird, wird man jedoch
durchweg gern folgen und ebenso den Auslegungen der einzelnen
Abschnitte wie der Darlegung der urchristlichen Verkündigung
vom Kreuzestod Jesu als ganzer zustimmen.

Hannover Eduard Lohse

Hoffmann, Paul: Studien zur Theologie der Logienquelle.

Münster/W.: Aschendorff (1972). VIII, 357 S. gr 8° = Neu-
testamentl. Abhandlungen, hrsg. v. J. Gnilka, N. F. 8. Lw.
DM 68.-.

Die redaktionsgeschichtlichc Forschung hat ihre Aufmerksamkeit
der Spruchquclle zugewandt. Untersuchungen zur
Theologie der Logienquelle schießen wie Pilze aus dem Boden
. Ein seit Jahrzehnten kaum bestelltes Feld wird damit
endlich umgepflügt. Gelingt es nicht, den Schleier über O
zu lüften und dieser Schrift einen konkreten historischen
Ort zuzuweisen, bleiben auch viele andere Grundfragen neu-
testamentlicher Theologie ungelöst. Ja, es steht zu befürchten
, daß gewonnene Lösungen, z. B. die Zwci-Quellcn-Thco-
rie, stärker als zuvor wieder in Frage gestellt werden.

Paul Hoffmanns .Studien zur Theologie der Logienquelle
sind mit Abstand das Beste, was mir von den neuesten Untersuchungen
zu Q bekannt geworden ist. Der Verfasser arbeitet
mit großer methodischer Sicherheit. Ein überzeugendes
Problembcwußtscin beherrscht den Gesamtentwurf der Arbeit
und geht auch bei diffizilen Einzcluntersuchungcn nicht
verloren. Die unübersehbare Literatur wird in angemessener