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Ausgabe:

1973

Spalte:

305-307

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Um das politische Engagement der Kirche 1932 - 1933 1973

Rezensent:

Meier, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 4

30Ö

Möglichst ausgeglichene 1 neinanderschaö der möglichen
und wichtigen theologischen Aspekte. Das erscheint
Merkwürdig - es sei denn, man ortet eine Theologie der
Milte als gedanklichen Exponenten eines installierten
Kirchengebildes, das qua Institution sich von Extremen
und Einseitigkeiten fernhalten muß. Der Kampf der
jheologien der Mitte gegeneinander wäre dann eine Weise
des Konkurrenzkampfes unter kirchlichen Institutionen,
«isofern könnte für den späten Luther diese Sicht zutreffen
. Um hier weiterzukommen, müßte man aber den Vergleich
mit dem frühen Luther durchführen und den sozial-
geschichtlichen Kontext eingehend berücksichtigen. Das
!UK W. aber völlig fern. Sein harmonisches Lutherbild ruht
"i sich selbst und gilt ihm als Lösung aller Probleme, ohne
daß gesehen würde, welche Probleme es erst aufwirft.

Vielleicht ist es unbillig, das Buch mit solchen Überlegungen
zu konfrontieren. Aber sie wurden von dem
^iifli ja ausgelöst. Dadurch, daß es als Kompendium der
Rheologie Luthers auftritt, läßt sich nicht verhindern, daß
der Leser es als solches bedenkt. Immerhin: Zu seinem
speziellen Thema ist es innerhalb der Grenzen der angebrochenen
Genügsamkeit material- und kenntnisreich
lud deshalb auch in mehrfacher Hinsicht lehrreich.

Münster Dieter Schcllong

B'iohrucker, Armin-Ernst: Luthers Anthropologie nach der
großen Genesisvorlesung von 1535/45 (NZSTh 14, 1972
S. 250-262).

«USSel, Enrique: Die Bisehofsernennungen im ersten Jahrhundert
des Patronats in Lateinamerika (1504-1020) (Con-
cilium 8, 1972 S. 538-542).

Heiok, Otto W.: The Just Shall Live by Faith (Concordia
Theologioal Monthly 43, 1972 S.579 590).

Hein, Gerhard: Eine neuentdeokte Streitschrift gegen die
Täufer aus dem Jahre 1014 (Mennonitische Gosehiohtsblüt-
ter 29, 1972 8.66-74).

Mülhaupt, Erwin: Luther und die Ökumene (Die evang.
Diaspora 43, 1973 S.7-21).

Oeing-Hanhoff, Ludger: Hegels Deutung der Reformation, in:
Actes du II lerne Congres International de 1'Association
I ut ernationale pour FEtude de la Philosophie de Hegel. Lille
1968, S. 239-257.

Preus, James S.: Luther on Christ and the Old Testament
(Concordia Theological Monthly 43, 1972 S.488-497).

~: The Political Function of Luther's Doctrina (Conoordia
Theological Monthly 43, 1972 S.591-599).

Randow, Norbert [Hrsg.]: Die pannonischen Legenden. Das
Leben der Slawenapostel Kyrill und Method, übertragen aus
dem Altslawischen. Berlin: Union Verlag [1972]. 79 8., 12
färb. Taf. 8°. Lw. DM 9,80.

Rischar, Klaus: Die Täufer im Verständnis der protestantischen
Religionsparteien auf dem Reichstag zu Augsburg
1530 (Mennonitische Oeschichtsblätter 29. 1972 S.48-64).

Smidt, Udo: Johannes Calvin und die Kirche. Ein Lesebuch
mit Texton und Themen, eingeleitet u. ausgewählt. Stuttgart
: Evang. Verlagswerk [1972]. 119 S. 8°. Lw. DM 10,—.

Wrzecionko, P.: Vernunft und Wahrheit im Denken der
Sozinianer und der altprotestantisohen Orthodoxie (NZSTh
14, 1972 S. 172-196).

Yoder, John H.: Der Kristallisationspunkt des Täufertums
(Mennonitische Oeschichtsblätter 29, 1972 8.38-47).
Reformation und Mission (Mennonitische Geschichtsblätter
29, 1972 S.5-17).

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Schäfer, Gerhard: Die evangelische Landeskirche in Württemberg
und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum
Kirchenkampf. I: Um das politische Engagement der Kirche
1932-1933. Mit einem Geleitwort v. W. Metzger. Stuttgart
: Calwer Verlag [1971]. 607 8. gr. 8°. Lw. DM 45,—.

Im Rahmen eines auf sechs Bände berechneten Doku-
Mentationsprogramms legt der Herausgeber, Archiv-

direktor des Landeskirchlichen Archivs der Wtirttem-
bergischen Landeskirche in Stuttgart, einen ersten stattlichen
Band vor, der die Jahre 1932 und 1933 umfaßt.
Allerdings bleiben die Vorgänge um den Bau der DEK
im Jahre 1933 Band 2 vorbehalten. Das Material ist nach
Sachgruppen geordnet: Politische und kirchenpolitische
Gruppen 1931/32; Problematik der parteipolitischen
„Neutralität" der Pfarrer vor 1933; Haltung der Landeskirche
zur Machtübernahme Hitlers; Auseinandersetzungen
der Kirchenleitung mit dem württembergischen
NS-Pfarrerbund; verfassungsrechtliche Vorgänge 1933.
Ein Anhang schildert die Auflösung des Evang. Volksbundes
Ende 1933, der 1934 in den Evangelischen Gemeindedienst
überging. Das Material der sechs Bände
stammt aus der Registratur des Evang. Oberkirchenrats
in Stuttgart und aus dem Nachlaß von Bischof Wurm.
Kleinere Sammlungen anderer Herkunft werden mit eingearbeitet
. Bewußt knapp und wertfrei gehaltene Ergänzungen
und verbindende Erklärungen erleichtern die
Lektüre, die ein an Sachproblemen des Kirchenkampfes
in Württemberg 1932/33 orientiertes Bild vermittelt.
Sach-, Lokal- und Personenregister erleichtern die Benutzung
. Die Tatsache, daß die Württembergische Landeskirche
neben Bayern und Hannover ein tragendes
Element des sog. intakten lutherischen Landeskirchen-
tums darstellte, verbürgt einer landeskirchlichen Dokumentation
wie der vorliegenden von vornherein ein beträchtliches
sachliches Interesse. Dem Band ist ein längeres
Vorwort von Prälat D. Wolfgang Metzger vorausgeschickt
, in dem vor kurzschlüssiger Verherrlichung des
Kirchenkampfes im Dritten Reich gewarnt, dieser vielmehr
als „schmerzhafter Lernprozeß mit viel allzumenschlichen
Fehlern" (S.7) charakterisiert wird. Auf dem Hintergrund
einer die Diastase des kirchlichen Auftrags
gegenüber immanenten Mächten und Zielen jeder Zeitlage
betonenden Beurteilungssicht (vgl. S.23f.) wird ein Aufweis
der kirchlichen Entwicklung in der Weimarer Zeit
und im Dritten Reich gegeben, in dem auf die trügerische
Sicherheit einer kirchlichen Konsolidierung vor 1933 und
zugleich auf die weltanschaulich-politische Vernebelung
der Geister im Jahre 1933 hingewiesen wird. Daß die
Kirche nicht ohne weiteres vom Nationalsozialismus vereinnahmt
wurde, sondern vielmehr eine, „immer entschlossenere
kirchliche Abwehr" einsetzte, wird auf das
Konto der theologischen Neubesinnung nach dem 1. Weltkrieg
verbucht, wobei auch Luthers Lehre von den beiden
Reichen im Sinne einer hilfreichen Deutung der Eigenständigkeit
des „geistlichen Regiments" gewürdigt wird.

Interessantes neues Material wird über den süddeutschen
Zweig der Christlich-Deutschen Bewegung vorgelegt
, die von Landesbischof D. Heinrich Rendtorff seit
1931 geführt wurde und vorübergehend Bedeutung erlangte
, ehe sie von den Deutschen Christen überrundet wurde,
in die sie zum größten Teil aufging und deren konservativen
Flügel sie bilden half. Auch die für das Kirchenkainpf-
geschehen bedeutsamen persönlichen Wandlungen werden
an einzelnen Vertretern des NS-Pfarrerbundes und
der Deutschen Christen in Württemberg eindrucksvoll
dokumentiert (vgl. etwa S.108ff.). Ursprüngliche Aufgeschlossenheit
für den Nationalsozialismus entsprang
nicht selten einem Anliegen „innerer Reform". Man hörte
in der NS-Bcwegung die Frage nach den Versäumnissen
der Kirche und meinte, hier nicht wieder schuldig werden
zu dürfen wie an der Arbeiterbewegung, die man dadurch
verloren habe. In diesem Zusammenhang sind auch die
Auseinandersetzungen im NS-Pfarrerbund über das
Beuthener Urteil gegen die SA-Mörder von Potempa, mit
denen sich Hitler solidarisch erklärte, interessant. Beleuchtend
für die Zeitlage und die kirchliche Reaktion auf
das „Parteigetriebe" sind die Passagen über die „parteipolitische
Neutralität" der Geistlichen, insbesondere im