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1973

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Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literatürzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 4

dem das Heilsgut, also eher die Stiftung ist (Thora, Weisheit
, Wort Gottes), so daß sich nun ganz sachgerecht auch
die zunächst verpönte Offenbarungsterminologie wieder
einstellt (S.99, 111 usw.). Darüber, daß Joh die auf solche
Heilsgrößen bezogenen Aussagen auf Jesus projiziert und
ihn damit über die Ebene des Stifters hinaus zur Heilsstiftung
Gottes macht, reflektiert H. nicht, wie er denn ja
auch die entsprechende Aussagendifferenz innerhalb von
1,17 für unwesentlich hielt (s. oben). Eine ähnliche unbemerkte
Verschiebung vollzieht sich auf S. 142-145, wo
„Suffizienz seines (= Jesu) Heilswerkes" (S.144) nach
johanneischem Verständnis eben mehr besagt als „Suffizienz
der Stiftung" eines Stifters (S. 145); weder Mose
noch Mohammed sagen „Meinen Frieden gebe ich euch"
(vgl. S.143) oder gar „Ich bin das Brot des Lebens"
usw.

Die Sicht des Vf.s eröffnet gewiß einen Blick für gewisse
Implikate der johanneischen Christologie, aber doch nur
für ihre sozusagen unterste Ebene, nicht für ihr Zentrum.
Die entscheidenden Aussagen der johanneischen Christologie
liegen weit oberhalb der Analogien zum Typ des Stifters
. Natürlich sieht das auch H. (z.B. S.146). Aber das
bringt ihn nicht dazu, seinen Ansatz kritisch in Frage zu
stellen oder doch wenigstens auf eine relative Bedeutung
zurückzuschrauben. Es ist schon erstaunlich, daß eine
Monographie, die die Struktur der johanneischen Christologie
erhellen will, die Relation des Sohnes zum Vater und
umgekehrt (bis auf das Sendungs-Motiv) ebensowenig
thematisch in den Blick nimmt wie das soteriologische
Korrelat dazu, die Identifikation von Jesus (in Person)
und Heil. Die Ich-bin-Aussagen z.B. werden nur gelegentlich
(etwa S.58) nach ihrer formalen Seite hin berührt, nie
inhaltlich interpretiert - und das trotz der herben Kritik
an Bultmanns bekannter Tautologie von der Selbstoffenbarung
des Offenbarers (S. 172f. mit Anm.894). H. zeigt
bei solcher Gelegenheit zwar, wie schwer uns Jüngeren
das Verstehen existentialtheologischer Kategorien sozusagen
„von innen her" geworden ist, ebenso aber, wie
schwer es fällt, die johanneische Heilsverkündigung konkreter
zu interpretieren, als es Bultmann tat.

Wenn H. im abschließenden Abschnitt (B VII: „Die
Stiftung des Heils", S. 163-174; der Epilog C, S. 175-178,
äußert einige Gedanken zur aktuellen Relevanz der exegetischen
Bemühung um Joh, denen ich gern zustimme:
es gehe um die Findung der Identität der Botschaft und
damit auch der Kirche als der Trägerin der Botschaft) die
Begriffe Stifter und Offenbarer konfrontiert, so wird man
ihm zugestehen, daß Bultmanns Zentralbegriff „Offenbarer
" allzu leicht in der Gefahr steht, den mit ihm belegten
Träger ins Mythische verschwimmen zu lassen, was
sich einerseits aus dem von Bultmann selbst ins Auge gefaßten
religionsgeschichtlichen Kontext und andererseits
aus der Johannes-Exegese Käsemanns belegen läßt. Und
sicher hat der Stifterbegriff demgegenüber den Vorzug,
daß er sich - in Übereinstimmung mit der Meinung des
Joh - eindeutig auf einen Menschen bezieht. Aber erst mit
diesen beiden Polen zusammen ist das Spannungsfeld der
johanneischen Christologie bezeichnet. Die Absolutsetzung
des Stifterbegriffs wird dieser Lage in keiner
Weise gerecht, und daher wird die These flaackers die
Johannesinterpretation höchstens auf Fehlentwicklungen
aufmerksam machen, sie aber aus sich heraus nicht
weiterführen können.

Es sei hier aber noch auf die sich andeutende Auffassung
H.s vom religionsgeschichtlichen Bezugsfeld des Joh aufmerksam
gemacht. H. will seine Bezugnahmen auf Texte
aus der samaritanischen Literatur in erster Linie reli-
gionstypologisch oder -morphologisch verstanden wissen,
insofern der samaritanische Mosaismus ein typisches Beispiel
einer Stifterreligion ist. Und es ist nicht zu verkennen
, daß H., der sich auf Grund der Forschungen von J.

Macdonald und II. G. Kippenberg (für dessen Dissertation
vgl. ThLZ 95, 1970, 549f.) eingehend mit diesen
Texten vertraut gemacht hat, zu bestimmten johanneischen
Aussagen und Aussagestrukturen z. T. verblüffende
Parallelen vorführen kann (S.88f., 98f., 108-113,118-128,
129f.). Er hält übrigens auch die Assumptio Mosis für eine
samaritanische Schrift des 2. Jh.8 (S. 122ff.; vgl. seinen
Aufsatz in ThZ 25, 1969, 385-405); die übrigen heranzuziehenden
Schriften (Memar des Marqah; Hymnen des
Amram Darah) stammen aus dem 4. Jh., andere aus
noch späterer Zeit (S.136). Man darf hier von H. weitere
Belehrung und Klärung erhoffen (vgl. S.22 Anrn.79),
und zwar auch durch Ausdehnung der Fragestellung vom
religionstypologischen auf den im eigentlichen Sinne religionsgeschichtlichen
Horizont; H. möchte offenbar den
Samaritanismus als eine der Fronten des Joh ansehen.
Hier kann man nur von vornherein darum bitten, die kurz
angedeutete Quellenlage so sorgfältig in den Blick zu l;|S~
sen, daß die Forschung - trotz aller Faszination durch
treffende Parallelen - vor einer Überschätzung bewahrt
bleibt, der dann später eine Ernüchterung und eine durch-
gängige Neubewertung des Materials - analog zur Ent-
wi( klung der Bewertung der Mandäer-Parallelen - folgen
müßte.

Zur Bibliographie (S. 179-200) und zum Abkürzungs-
Verzeichnis (S.201-206; es folgt ein Register von Stichwörtern
, Autoren und NT-Stellen, S.207-210) sowie zur
Zitationsweise seien ein paar Bemerkungen erlaubt. Man
verzeihe die Schulmei3terei; aber es gibt eine technisch«
Perfektion in diesen Dingen, die den Leser mehr aufhält
als ihm hilft. Die Bibliographie ist unnötig aufgeschwemmt
(a) durch Aufführung aller Festschriften und Sammelbände
, aus denen die einschlägigen Aufsätze außerdem
unter dem Namen ihrer Autoren aufgeführt werden, (l>)
durch gesonderte Nennung von Herausgebern, Mitverfassern
u.ä., die aber für die Arbeit ohne Belang sind, (c)
durch Einzelaufführung aller jemals benutzten Artikel
in Nachschlagewerken, auch wo ihre Nennung in einer Anmerkung
völlig genügt hätte, (d) durch weitere Titel, M»
die in der Arbeit nur am Rande verwiesen wird, die aber
nicht zum Thema gehören. Das zeugt von redlicher Exaktheit
, verlängert aber das Literaturverzeichnis um mindestens
ein Viertel! Auch am Abkürzungsverzeichnis könnte
viel als selbstverständlich oder durch Verweis etwa auf die
RGG eingespart werden. - Zur Zitierweise: In den Anmerkungen
verweist H., wie das in Aufsätzen üblich, ftbel
in Monographien mit Literaturverzeichnis überflüssig ist»
ständig auf diejenige Anmerkung zurück, in der der Titel
vollständig aufgeführt ist. Dem Leser wäre aber weit besser
gedient, wenn ihm statt „(s. oben Anm.306)" etwa ei»
Titelstichwort oder eine Fundortangabe wie „ZNW 23
(1924)" oder „ThW V" angeboten würde.

Naumburg (Snale) Nlkolaiw Walter

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