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Ausgabe:

1973

Spalte:

293-296

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Haacker, Klaus

Titel/Untertitel:

Die Stiftung des Heils 1973

Rezensent:

Walter, Nikolaus

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 4

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eigentliche Heilserbe zu sein, unterstreichen. Vor allem Joh ausweisen, indem er der antithetischen Rolle des

aher hat er dieser Erzählung die kunstvolle Genealogie in Mose im Evangelium weiter nachgeht. Daß er dabei Joh

1,1-17 samt der „dazugehörigen erweiterten Fußnote 3,14 und 6,32 ausklammern muß (S.30) und 6,32 erst

1,18-25" vorangestellt, um den Nachweis zu führen, daß später wieder unter anderem Aspekt hereinholt (S. 107),

die mit Abraham begonnene Vorgeschichte auf die Geburt während 3,14 völlig außer Betracht bleibt, sollte eigent-

des verheißenen Messias und Gottessohnes Jesus hin- lieh zeigen, daß mit dem Motiv des „Stifters" wohl kaum

führte, das getroffen ist, was Joh bei der Gegenüberstellung

Der matthäische Prolog gibt demnach nicht, wie Mose-Jesus eigentlich im Auge hat. In gleicher Weise ist
K. Stendahl (in Judentum-Urchristentum-Kirche, Fest- es auch befremdlich, daß dem Unterschied zwischen
Schrift f. J.Jeremias, 1960) meinte, auf die beiden Fragen „durch Mose gegeben - durch Jesus Christus gewor-
>,Quis et Unde?" Antwort, indem er zuerst eine christo- den" im vermeintlichen Schlüsselvers 1,17 keine Belgische
Genealogie, dann eine christologische Geographie achtung geschenkt wird (S.33). So kann H. zu dem Fehl-
entwirft; zur Beantwortung steht vielmehr nur die eine Schluß kommen, es bestehe nach Joh ein Verhältnis von
*rage: Quis? Jesus wird als der verheißene Messias, auf „inhaltlichem Gegensatz bei formaler Analogie" zwischen
den die mit Abraham einsetzende Generationenfolge hin- Mose und Jesus; die Frucht des Wirkens Moses „steht im
*ührt, durch einen Geschehensablauf erwiesen, der gemäß Gegensatz zum Werk Jesu, aber die Funktion Moses und
der Verheißung von Nazareth nach Bethlehem führt und die Funktion Jesu sind vergleichbar" (S.35): es handelt
der so strukturiert ist, daß in ihm „das künftige Schicksal sich nach H. eben um die Funktion des Stifters,
der Christusoffenbarung" vorangezeigt wird: „Israel Der umfangreichste Teil B („Jesus als Stifter", S.37 bis
versagt sich dem Messias Jesus, dem ihm zugedachten 174) geht der „Analogie zwischen Mose und Jesus als Hin-
zweiten Mose, während die Heiden zum Messias Jesus weis auf die Struktur des johanneischen Denkens" an
Kommen". einigen Themen nach, bei denen sich zum Teil in der Tat

Diese anregend geschriebene Studie ist geeignet, die Elemente des Stifter-Typs in der johanneischen Christolo-

Forschung an einem in letzter Zeit zu stark vernachlässig- gie zeigen lassen. Als „Folge des Stiftergedankens" wird

t*n Gebiet wieder neu anzuregen. Ihr vorbildlicher didak- zunächst das „Geschichtsverständnis", nämlich etwa:

tischer Aufbau (u.a. sind griechischer Text und deutsche das eschatologische Epochenbewußtsein des Joh, rekla-

Ubersetzung vorangestellt) sollte darüber hinaus geeignet miert (I.: „Die Stiftung als Zeitenwende", S. 37-56), so-

Sem, sie auch für Nicht-Fachleute attraktiv zu machen. dann die Umsetzung der Gemeindehomologie in die Form

iT„m. Tn „ , ,, von Selbstaussagen des Irdischen (IL: „Stiftung und

'"»"iljurg Jürgen RolofT _ . „ » . „ £ . " 6 n

Homologie , S. 56-60) - ein m.E. beachtenswerter Gedankengang
, der aber mehr als nur die Stiftertypologie

u zur Voraussetzung hat, nämlich den weder für Mose noch

Haacker, Klaus: Die Stiftung des Heil«. Untersuchungen zur für Mohammed beanspruchten Osterglauben; so k;um

struktur der johanneisohon Theologie, Stuttgart: Calwer denn aucn H. analoge Selbstverkündigungsaussagen in

Verlag 1972. 210 8. gr. 8° - Arbeiten zur Theologie, hrsg. der Mose. oder Mohammedüberlieferung nicht aufzeigen.-

DM 28 -0,1 U" °-M,Chel V' T-Schlatter' Relhe' 47- Besonders einleuchtend fügt sich natürlich Teil III („Die

' ' Gründung der Gemeinde als Tat Jesu", S. 61-69) dem

Die Arbeit, eine Mainzer Dissertation aus der Schule Schema ein, wenn es auch bekanntlich nicht leicht fällt,

Vo" G. Stählin, versucht einen Neuansatz in der Inter- ein überzeugendes Bild von der Ekklesiologie des Joh

pretation der johanneischen Christologie. Titel und Unter- zwischen Institutionsdenken und schwärmerischem En-

*'tel sind in dieser Hinsicht noch nicht eindeutig; als thusiasmus zu zeichnen. Beachtlich scheint mir sodann

Leser des Joh würde man zunächst annehmen, daß es um Teil IV („Der Ursprung als Norm", S. 69-90) mit dem

die Darstellung des von Gott in der Person Jesu Christi sachlich dazugehörigen Teil VI („Das Problem des Weg-

gestifteten Heils gehe. Doch zeigt die Einleitung (S.9-23, gangsdes Stifters und seine Lösung", S. 135-162), in denen

bes. S. 18ff.) mit erfreulicher Klarheit das Ziel der Unter- H. - etwa in der Linie Bornkamms und in Auseinander-

suchung auf: H. möchte die Struktur der johanneischen Setzung mit Käsemann - deutlich macht, daß sich Joh

Christologie mit Hilfe des religionstypologischen Begriffs energisch mit dem Problem des Abstands der Gemeinde

des Stifters erhellen. Damit möchte er zugleich den von von der Zeit des Irdischen, also mit dem Kontinuitäts-

ßultmann in den Mittelpunkt gestellten Begriff des Offen- und Traditionsproblem sowie mit dem der Identität von

"irers ersetzen, wie denn überhaupt die forschungs- irdischem und gegenwärtigem Herrn auseinandersetzt

Resehichtliche Einleitung (S.9-15) ein wenig zu sehr den und es auf theologisch beachtliche Weise (der Paraklet als

Eindruck erweckt, als sei die Johannes-Exegese der Repräsentant des Irdischen) bewältigt. Das sachliche Ge-

öultmann-Schale in einer Sackgasse geendet (von Käse- wicht der Abschiedsreden für die johanneische Theologie

j&ftnn und Bornkamm werden vor allem einige skeptisch wird hier m.E. in richtiger Weise zur Geltung gebracht. -

k''ngen(ie Zitate gebracht; einen Hinweis auf die Arbeit Dagegen durchbricht Teil V („Das göttliche Woher", S.90

v°n E.Haenchen vermißt man hier völlig - auch später bis 134), der dem Kern johanneischer Christologie immer-

w'rd nur ein Aufsatz von ihm zur Kenntnis genommen). hin am nächsten kommt, das von H. gewählte Schema an

Teil A (S.25-36) bemüht sich um den Nachweis, daß entscheidenden Punkten, ohne daß er sich und dem Leser

jl°h 1,17 den Schlüssel für die johanneische Christologie darüber deutlich Rechenschaft gäbe. Beim Motiv des

^ergeben könne, und zwar im Sinne einer „Stifter"- „Gesandtseins" (dem einzigen von H. beachteten Aspekt

Christologie. Wie Bultmann und viele andere sucht also der Gottesbezogenheit des johanneischen Jesus) ist die

*uch H. vom Prolog aus den Zugang zum Verständnis des Analogie zum Typ des Stifters natürlich noch gegeben.

Evangeliums (was mir angesichts der vom übrigen Evan- Aber bei den Motiven Katabasis (Joh 3,13 erfährt S.108

ßelium so unterschiedenen Sprachgestalt des Prologs noch bis 112 eine beachtenswerte Deutung durch gegensätz-

Unrner nicht einleuchtet); gegen Bultmann bestreitet er liehen Bezug auf die Anabasis Moses in den Himmel zum

^it Käsemann, daß der Skopus des Prologs schon bei Empfang der Thora) und Präexistenz versucht H. eine

* ■ 14a liegen könne; mit Harnack sucht er ihn einleuch- solche Analogie gar nicht mehr aufzuzeigen; es bleibt aber

j*ßd am Ende des „Nachworts" des Evangelisten, je- dem Leser überlassen, darauf aufmerksam zu werden, daß

doch - weniger einleuchtend - nicht in V.18, sondern in diesen Abschnitten das in den angeführten Parallel-

^h°n in V. 17. Die dort erfolgende Gegenüberstellung von texten aus Stifterreligionen „Herabkommende" oder

"l°se und Jesus möchte H. nun als das geheime Thema des „Präexistente" eben nicht der (menschliche) Stifter, son-