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Ausgabe:

1973

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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281

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 4

282

"extrezensionen, wenn angebracht hin hin zu den Funden
Von Masada, begründet wird. Sehr eingehend werden
fiterar- und formkritische Fragen, wo solche zu behandeln
sind, vorgetragen. Für Sir 1,1-10 kann festgestellt werden
(S. 30-34), daß im Gegensatz zu anderen alttestament-
hchen Überlieferungen alle Weisheit auf Gott zurückgeführt
wird, die von Ewigkeit her besteht, als Gabe allen
Menschen angeboten wird, ordnend in das Leben des
einzelnen und der Welt eingreifen will, als nur in persönlicher
Beziehung wirksam gesehen werden muß und den
ganzen Kreis der Schöpfung mit einbezieht. Sir 24 wird
mit Conzelmann von der bekannten Gattung der Are-
talogien her gedeutet (S.49). Dies Kapitel bestätigt und
erweitert die von 1,1-10 her gewonnenen Erkenntnisse.
Die wichtigste und vom Vf. am meisten (mit Recht) betonte
Folgerung aus diesen Darlegungen ist die, daß die
Weisheit als zentraler Gedanke im Mittelpunkt steht. Sie
darf nicht (mit J. Haspecker, Gottesfurcht bei Jesus
Pirach, Analecta Biblica 30, Rom 1967) der Gottesfurcht
untergeordnet werden. Sie ist vielmehr erstens
H('ll>stiin,|ige Größe, gerade auch bei c. 24, und zweitens
die Folge und das Ziel der rechten Gottesfurcht. Diese
Feststellung führt den Vf. zur Darlegung des Verhältnisses
von Gesetz und Weisheit bei Ben Sira (S.81-96).
Das Gesetz, das, anders als z.B. die Weisheit, nie in einem
Gedicht zusammenhängend behandelt wird, wird nie
nomistisch verstanden (S.89). Eine Verbindung mit der
Weisheit sieht der Vf. hervorgerufen durch die stoische
Philosophie (S.93), die das Judentum veranlaßte, die
eigenen Traditionen zu bedenken, und zwang, sich den
neuen Einflüssen gegenüber zu behaupten und zu bestätigen
. Dabei bleibt aber Gott stets der der Welt gegenüber
stehende Herr.

Die folgenden Texte (4,11-19; 14,20-15,10; 6,18-37;
38,24 39,11 und 51,13-30) erweitert das bisher Gesagte
dahin, daß nun auch Aussagen vorgeführt werden, die
v°n dein Suchen des Menschen nach Weisheit sprechen.
Die reiche Bildersprache dieser Abschnitte kann hier vorgeführt
werden (S.94-129).

Aus der alles bisher Vorgeführte überblickenden Zusammenfassung
(S. 129-133) ragen neben anderen wichtigen
Erkenntnissen zwei Aussagen heraus: erstens wird
entschlossen die Möglichkeit der Hypostasierung der
Weisheit abgelehnt (S. 129f), und zweitens wird in ein-
•iohtiger Weise wahrscheinlich gemacht, daß das ganze
bemühen des Ben Sira dahin ging, den alten Erwählungs-
glauben in einer veränderten Welt wieder zur Geltung zu
bringen (S.130f und 132).

Die folgenden Ausführungen, wesentlich kürzer gehalten
, wollen an Hand von weiteren Texten einige Erweiterungen
vortragen. So wird unter Hinweis auf 16,24 bis
17,14; 39,14c-39,35 und 42,15-43,33 über „Weisheitsdenken
und Schöpfung" gesprochen (S. 134-154). Bei
^8,1-15 (Pcrikope über den Arzt) wird das Problem von
«jWmmiglceit und Fortschritt angerissen (S. 154-160).
johließhoh werden weitere Beispiele der Wclterfahrung
des Ben Sira dargestellt: Reisen, allgemeine Umgangs-
'oiinen, Kenntnisse der Literatur und des Hellenismus
(8.160-173).

In der Zusammenfassung (S. 174-177) wird Ben Sira
jj« Weiser, der die Welt erfahren hat und kennt, und als
'heologe, der diese Einsichten beurteilt, gedeutet.

Schriftstellenverzeichnisse (S. 179-190) und ein Sachregister
(S.191f) schließen die Arbeit. Das ausführliche
Literaturverzeichnis findet sich am Anfang des Buches
(8.XIII-XXV).

Man wird der Gesaintintention der Arbeit nur zustimmen
können. Die Bcd eutung der Weisheit bei Ben Sira
**cheint (gegen Haspecker) richtig erfaßt, so wie auch das
Gesetzesverständnis (gegen Noth, H.H.Schmid u.a.)
neu und richtiger gesehen sein dürfte. Schließlich ist aueli

überzeugend, wie die Stellung des Ben Sira zum Hellenismus
gedeutet wird. Das große Verdienst des Buches liegt
zweifellos darin, daß mit Umsicht und Kenntnis Texte
selbst zu Worte kommen.

Fragen können sich nur bei Einzelpunkten erheben. So
erscheint die Geschichtsbezogenheit der Weisheit als zu
wenig durchreflektiert. Wenn gesagt werden kann, daß
die Weisheit nicht geschichtslos sei (S.6), ist dies wohl nur
existenzphilosophisch zu verstehen. Dem steht etwas
unausgeglichen das gegenüber, was auf S. 68-74 über die
Weisheit in der Geschichte Israels gesagt wird.

Die Verbindung von Gesetz und Weisheit vor Ben Sira
(S. 81-85) wird zu kurz und darum leicht verzeichnet behandelt
. Der Hinweis auf den Codex Hammurabi überzeugt
nicht recht, ebensowenig wie die Heranziehung des
Achikar. Nicht jeder Schreiber ist auch Gesetzgeber oder
Gesetzessprecher.

Die literarkritische Operation in c.24, nämlich die
Verse 23-29 und 1-22 abzutrennen, ist überzeugend, hätte
aber wegen ihrer Wichtigkeit eine noch intensivere Ausarbeitung
verdient.

Schließlich sei noch angemerkt, daß wegen der offenbar
sehr rasch verlaufenen Drucklegung manche Fehler und
Unausgeglichenheiten stehen geblieben sind: S.XIV: Altorientalische
Texte zum AT: statt 1936 lies 1926 und füge
bei: 2.Aufl.; S.XVII und S.9, Anm.10: statt Fohrer-
Sellin besser Sellin-Fohrer, wie dies auch auf S.55
Anm.45 geschieht; im Abkürzungsverzeichnis fehlt
manches, z.B. WUNT Wissensch. Untersuchungen zum
Neuen Testament; S.6, Anm.2: M.Noth-W.Thomas sind
Herausgeber des erwähnten Buches; S.19: Bei der Verszählung
: 5 muß heißen 6; S.34f: nicht zu allen gesperrt
gedruckten Wörtern finden sich Anmerkungen; S.35: bei
der Verszählung: statt 24 lies 25; S.44: Ausfall des a bei
der Überschrift „Literarisch"; S.104f müßte manches
gesperrt gedruckt erscheinen, da sich Anmerkungen finden
; S.113: in Vers 23 statt verschmäde lies verschmähe;
S. 134: Es wäre wohl in jedem Falle zu lesen: H. J.Her-
misson (im Text steht H.Hermisson, in der Anm.3 jedoch
J.Hermisson). Ferner wäre stets H.H. Schmid zu zitieren,
um Verwechslungen zu vermeiden; ferner Anm.l, letzte
Zeile: statt nachgemäß lies sachgemäß; S.191: statt
Quhran lies Qumran; statt: Schrifgelehrter lies Schrift-
gelehrter.

Wien O. Sauer

Baltzer, K., J.Conrad, F.Rehkopf, H.H.Schmid und S.Wagner
: Die Besiedlungsreste und Grabanlagen zwischen Bet
Hanina und en-Nebi Samwil (ZDPV 87, 1971 S. 23-41).

Kisch. Guido: Judaistische Bibliographie. Ein Verzeichnis der
in Deutschland und der Schweiz von 1956 bis 1970 erschienenen
Dissertationen und Habilitationsschriften. Basel-
Stuttgart: Helbingft Lichtenhahn 1972. 104 S. 8°. Kart,
sfr. 32,—.

Neusner, Jacob: "Pharisaic-Rabbinic" Judaism: A Clarifi-

cation (HistRel 12, 1973 S. 250-270).
Strobel, A.: Die Wasseranlagen der Hirbet Qumrän. Versuch

einer Deutung (ZDPV 88, 1972 S.55-86).

NEUES TESTAMENT

Plümacher, Eckhard: Lukas als hellenistischer Schriftsteller.

Studien zur Apostelgeschichte. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1972. 164 S. gr. 8° = Studien zur Umwelt des
Neuen Testaments, hrsg. v.K.G.Kuhn, 9. Kart. DM32,—.

Lukas kam es darauf an, „die Verbundenheit der christlichen
Kirche und ihrer Heroen mit hellenistischer
natStia} wie mit der Weltgeschichte und ihren Großen"
aufzuzeigen (137). Diese These belegt P. zunächst durch