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1973

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 4

dieser tatsächlich unübertroffenen Arbeit möchte R.
weiterführen, d.h. eine undogmatische, historische Untersuchung
vorlegen. „Es gilt zu fragen: Was sagte Mohammed
über Jesus? Was meinte er damit? Und
warum sagte er es eben so und nicht anders?" Gerade
dem letzten Aspekt gilt die Hauptaufmerksamkeit von
"••> indem er versucht, „die eigene Struktur der einschlägigen
Gedanken Mohammeds herauszustellen" (16). Die
Kommentarliteratur wird daher nur am Rande herangezogen
.

In acht Abschnitten (die denen Gerocks ähneln) führt
dann das Material vor, ständig darum bemüht, weniger
den bekannten genetischen Problemen nachzugehen,
■ds vielmehr aus dem Kontext und der Grundüberzeugung
Mohammeds heraus die Aussagen über „Jesus, den Sohn
der Maria" zu verstehen: Der Aufriß des Lebens Jesu
(17-22), seine Geburt (23-37), seine Taten als „göttliche
Zeichen" (38-43), seine Lehre (44-56) und Frömmigkeit
(57-60), seine Aufnahme bei seinen Landsleuten (61-64),
»eine Erhöhung (65-76) und schließlich die „dogmatische
Auseinandersetzung" (77-85). R. gelingt es wiederholt,
durch seine Sicht und die Vermeidung, nt-liche und spätere
christliche Gedanken in die koranischen Aussagen
(yor allem ihre Lücken!) einzutragen, Irrwege bisheriger
Forschung aufzuzeigen, insbesondere die starke Retuschierung
der Gestalt Jesu durch die Theologie Mohammeds
, auch wenn jeweils bes. Traditionen nachweisbar
s>ud. So ist z.B. Jesus als Wort Gottes Ausdruck für seine
Gesehüpflichkeit, nicht für seine Sonderstellung (32f.),
seine Taten sind Beweis für Gottes Zulassung und Macht
(^2f.), Ull(j dje 8jch anscheinend widersprechenden Aus-
Sagen über Tod und Erhöhung Jesu sind gleichfalls vom
Glauben an Gottes Allmacht bestimmt: nahm Mohammed
'U Mekka noch an, daß Jesus eines natürlichen Todes gestorben
sei und erst am Jüngsten Tage wieder auferweckt
Werde (19,34), so änderte er zwar in Medina seine Mci-
llu»g, indem Jesus jetzt gleich nach dem Tode erhoben
wU'de (4,156; 3,48), aber den Kreuzestod erkannte er
n'eht an, da die Juden keine Macht über ihn hatten, die
"ur Gott zukommt; Jesus starb so wie die anderen Gesandten
vor ihm (vgl. 4,156 mit 3,138f.; 21,35f.; 56,60),
d-h. Gott nahm ihn zu sich als Zeichen für die Gläubigen,
c'ne doketische Auslegung sei daher unnötig (75). So ist
lrnixier wieder zu beobachten, daß Moh. neben seinen persönlichen
Erfahrungen von seinem strengen Monotheismus
aus die ihm bekanntgewordene ältere Überlieferung
''eutet. „Der Horizont der .Christologie' ist die ,Theo-
'ogie' i„, engeren Sinne die Lehre von Gott" (85). Abfließend
stellt R. allgemein fest, daß die Bedeutung und
Schätzung Jesu im Koran oft übertrieben worden sei (86).
A" der Spitze der „Gesandten" steht er jedenfalls nicht,
sie wird von Abraham und Mose eingenommen, ja Maria
j*>tt sogar stärker hervor. Jesus ist Vorgänger des arabischen
Propheten, auf den er verweist. Sein Leben, seine
Behren und Taten sind, neben den (oft schwer eruierbaren
) älteren Überlieferungen, weithin von den personellen
Erlebnissen Mohammeds geprägt: diese bilden den
Maßstab für die Beurteilung der Vergangenheit. Führt
^ies einerseits zu einer Schematisierung und Entstellung
der Geschichte, so andererseits zu ihrer Aktualisierung
(89).

In einem Epilog gibt R. eine Reihe Vergleichspunkte
aUs der biblischen Literatur an (90-100), die bisher wenig,
'^h möchte sagen überhaupt nicht beachtet worden sind.
Einmal gilt es bei einem solchen Vergleich zu berücksichtigen
, daß es verschiedene nt-liche Schriften und Kon-
2eptionen gibt (das NT also kein homogener Vergleichs-
|?,a,tner ist). Unter diesen ist es vor allem die lukanische
Yadition, die mit ihrer subordinatianischen Christologie,
*ln«r fehlenden Trinitätslehre und einer heilsgeschicht-
1,chen Konzeption „überraschende Parallelen zum kora-

nischen Jesusbild sichtbar" werden läßt (91 ff.). Weiterhin
fragt R. nach den Triebkräften, die zur Ausbildung
des Jesusbildes geführt haben und konstatiert, daß auch
hier zwischen Bibel und Koran Parallelen nachweisbar
sind, nämlich die Aufnahme und Umdeutung von Traditionen
im eigenen Licht der jeweiligen neuen Erfahrung,
wie sie im AT wiederholt (z.B. bei den Propheten, vgl.
etwa Ezechiel) zu finden sind, aber auch im NT, wofür die
Neudeutung des AT durch die ersten Christen und die
unterschiedlichen Jesusbilder (judenchristliche, hellenistische
, guostische), vor allem das johanneische (97f.),
angeführt werden. Auch die „Degradierung" Jesu zum
Vorläufer Mohammeds hat ihre Parallele im gleichen Vorgang
bei Johannes dem Täufer in der nt-lichen Überlieferung
: auch er wurde zum Vorläufer Jesu, ja zum
Christen vor Christus gemacht (99 f.). So macht eine wirkliche
sachliche Beurteilung des Verhältnisses von Bibel
und Koran eine Verwendung gleicher Kriterien notwen-

Es ist unumwunden festzustellen, daß R. tatsächlich
mit seiner Arbeit ein Stück weitergeführt hat und m. W.
die derzeit beste Darstellung über das Thema bietet, auch
wenn in manchen Einzelfragen andere Akzente gesetzt
werden könnten (z. B. in der Frage nach der Verwendung
christlichen, vor allem nestorianischen und häretischen
Überlieferungsgutes, aus dem Moh. offensichtlich schöpfte
) und die historische Abfolge im Koran, ja die Anwendung
der traditionsgeschichtlichen Fragestellung auf diesen
selbst, nicht genügend berücksichtigt wurde. Es ist
sehr schade, daß durch das Fehlen eines Stellenregisters
die Benutzbarkeit des Buches eingeschränkt wird. Der
Vf. hätte sich dieser Mühe noch unterziehen sollen. Eine
ausführliche Bibliographie ist dagegen beigegeben (101 bis
107).

Einige korrekturbedürftige Druckfehler sind noch anzuführen
: S.29, Zeile 3 lies Parallele zu (statt: für);
S.32, Anm.30 1. Johannes Damascenus; S.46, Z. 17
1. festgestellt; S.48, Z.2 v.u. 1. Fusstapfen (oder: Fußstapfen
); S.53, Z. 11 streiche In (Anglismus); S.63, Z. 18
1. Muslimen (oder: Muslims); S.68, A.14 1. An den Apostel
..., an den Koch...; S.100, Z.2 1. beachtenswert;
S.107, Z.9 v.u. 1. Cambridge.

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