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Ausgabe:

1973

Spalte:

192-193

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Vereinigte Evangelische Landeskirche in Baden 1821 - 1971 1973

Rezensent:

Merkel, Helmut

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Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 3

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von einfacher Schrift bis zu reichem Figurenschmuck, für
die die besprochene Technik seit 1928 angewandt worden
ist, und verschweigt auch kritische Fragen nicht. Auch hier
sind eine Reihe von Abbildungen beigegeben. Verdienstvoll
ist der von J. Schüffler in Zusammenarbeit mit den
Meistern Schilling in Apolda zusammengestellte Katalog von
59 modernen Glocken, die Ritzzeichnungen tragen. J. Schüffler
bietet auch einen Beitrag mit dem Thema „Arnstädtcr
Glocken", in dem er erhaltene und verschollene Glocken
Arnstadts und ihre Schicksale beschreibt. — Bibliotheksund
Kunstgeschichte treffen sich in der Untersuchung von
F. und K. Marwinski über „500 Jahre Kirchenbibliothek
Römhild". Anhand von 130 Titeln - Inkunabeln, Streit-
und Flugschriften, Lutherdrucke — wird der Aufbau der
geistigen Substanz dieser kostbaren Bibliothek beschrieben
und anhand von einbandkundlichen Untersuchungen (Abbildungen
sind beigefügt) die Provenienz des Bibliotheksbestandes
untersucht.

Zu gröfjeren Zusammenhängen: Der Aufsatz von B. K r u g
„Zur Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse in Südthüringen
von 741 bis 1495 und die Begründung der Pfarrei
Obermaftfcld" bringt u. a. eine übersichtliche Skizze der vom
Hochstift Würzburg ausgehenden Pfarreiorganisation zwischen
Main und Werra. - H. Matthes beschreibt unter
dem Titel „Die Dominikaner in Thüringen" kurz die Geschichte
der 6 Männerklöster und 2 Frauenklöster des Ordens
in Thüringen. - „Die Einführung der Reformation in
Saalfeld" wird von Ch. Tschesch dargestellt; hier gewinnt
man einen Eindruck davon, in welches Kräftefeld die
städtische Reformationsbewegung geriet. - Ebenfalls ein
Kapitel aus der Reformationsgeschichte erfafjt der schon
1944 konzipierte, erst jetzt gedruckte Aufsatz von P. Köhler
„Die Einführung der Reformation in den Henncbergi-
schen Landen". Aus dem Jahre 1958 stammt der Beitrag von
A. Nebel über „Die Gräfin Elisabeth (Mutter) zu Henneberg
und die Einführung der Reformation". — Weit über das
Interesse des Kirchenhistorikers hinausreichen dürfte der
Aufsatz von H. Eberhardt „Kirchliche Erhebung als
Quellen zur Bevölkerungsgeschichte. Die kirchliche Berichterstattung
in den ehemaligen thüringischen Einzelstaatcn vom
17. bis 19. Jahrhundert und ihre Beziehungen zu den ersten
amtlichen Volkszählungen". Der Vf. geht darin der Bedeutung
der Angaben von Einwohnerzahlen in den Seclcnregi-
stern nach, wie sie zwar für die einzelnen thüringischen Staaten
in unterschiedlicher Frequenz, für Sachsen-Gotha lük-
kenlos immerhin seit 1760 vorliegen, bisher aber weniger
beachtet worden sind. Eine Übersicht über „Die Verwaltungsorganisation
der Evangelischen Landeskirchen in Thüringen
bis zur Gründung der Thüringer Evangelischen Kirche
1919" bietet U. H e fj. — H. von Hintzenstern zieht einige
Grundlinien zum Thema „50 Jahre Thüringer Kirche". Für
die Zeit seit 1919 ist wichtig vor allem, was über die Zeit
zwischen 1933 und 1945 ausgeführt wird.

Ein Orts- und Personenregister schliefjt den vielfältigen
Inhalt dieses Bandes auf.

Daß hier und da Spannungen oder Widersprüche in Einzelfragen
auftreten (vgl. die unterschiedliche Beurteilung
der Frage nach der religionsgeschichtlichen Erbfolge bei
Kirchenneugründungen, S. 17 und S. 36, oder der Frage nach
den marigebenden Kräften in der Reformation Hennebergs,
S. 125f. und S. 133), ist nicht verwunderlich. Freilich kann
sich hier auch die Grenze der Territorialkirchengeschichts-
schreibung zeigen, wenn sie sich allzu stark auf ihre Grenzen
beschränkt. So wäre beispielsweise auch manches Pauschalurteil
über die Reformation differenzierter ausgefallen,
wenn die Ergebnisse anderer Zweige der historischen Forschung
im Blick gewesen wären. Dieses Urteil soll ausdrücklich
im Sinne der Förderung und der bereits notierten hohen
Wertung der Territorialkirchengeschichtsschreibung ausgesprochen
werden, deren Befruchtung und Mobilisierung
durch den vorliegenden Band man nur erhoffen kann.

Eisenach Ernst Koch

Erbacher, Hermann: Vereinigte Evangelische Landeskirche
in Baden 1821 - 1971. Dokumente und Aufsätze. Im Auftrag
des Oberkirchenrates hrsg. Karlsruhe: Evang. Presseverband
für Baden 1971. 797 S. gr. 8°. Lw. DM 28.-.
Aus Anlafj des 150. Jahrestages der Vereinigung der lutherischen
und reformierten Kirche Badens ( B.) hat H. Erbacher
einen umfangreichen Sammelband herausgegeben,
der umfassend über Werden und Weg der Evangelischen
Union in B. berichtet. Es ist den Verantwortlichen hoch anzurechnen
, dafj sie sich nicht mit irgendwelcher Jubiläums-
panegyrik begnügten, sondern diesen nüchternen Rechenschaftsbericht
in Auftrag gaben, der die Geschichte der verschiedensten
kirchlichen Einrichtungen und Lcbensäufjerun-
gen kritisch beleuchtet.

Es ist natürlich unmöglich, den Inhalt dieses Werkes vollständig
zu referieren; kurze Hinweise müssen genügen.

Der Dokumententeil (11-45) bringt 4 Urkunden aus dem
Gründungsjahr 1821 j das Schwergewicht liegt auf den Untersuchungen
. G. A. Benrath entwirft ein anschauliches
Bild vom geistes- und theologiegeschichtlichcn Hintergrund
und den in verschiedenen Phasen recht unterschiedlichen
Motiven, die zur Union geführt haben (49-113). - E.-O.
Braasch berichtet mit reichem Rückgriff auf Archivmaterial
über die erste badische Generalsynode (114-161); er
hat auch kurze Biographien ihrer Mitglieder beigesteuert
(668-733). - Das Jubiläumsereignis im Spiegel der Medaille
behandelt F. W i e 1 a n d t, 3 Tafeln sind zur Illustration
beigegeben. - In eindringender Analyse dreier Abcnd-
mahlsformulare geht P. Brunner dem „gottesdienstlichen
Abendmahlszeugnis in den badischen Landen vor der Union"
nach (170-266). Es zeigt sich, dafj die „Unionsagende" gegenüber
der aufklärerischen pfälzisch-luth. Agende von 1783
und der streng reformierten Kurpfälzer Kirchenordnung von
1563 die eucharistische Realpräsenz zur Geltung brachte. —
„Die agendarischen Ordnungen der Unionskirche" stellt F.
Schulz dar (267-328); er geht auch verständnisvoll auf
den Ruf nach neuen gottesdienstlichen Formen ein. - Der
Hrsg., H. Erbacher, schildert die Geschichte der badischen
Gesang- u. Choralbücher (329 - 358), wobei er besonders
die Vorgeschichte des Unionsgesangbuches von 1834
mit reichem Quellenmaterial belegt. Wie viele der schon
damals verhandelten Gesangbuchprobleme sind bis heute
ungelöst geblieben! Hrsg. hat außerdem noch Beiträge über
die Landesbibelgesellschaft (478-520) und über Entwicklung
und Stellung der Kirchenbezirke (582 - 623) beigesteuert
. - Einen instruktiven Überblick über die Unionskatechismen
gibt Fr. Merkel (359 - 392). Auch das hier
anstehende Problem der didaktischen Vermittlungen theologischer
Einsichten ist heute wieder zu lösen. - Ein lebendiges
Bild von den mancherlei Versuchen, biblische Geschichten
im Religionsunterricht zu erzählen, gibt T. Mayer
(392 - 477); seine liebevolle Würdigung J. P. Hebels ist besonders
ansprechend. - H. Liermann stellt ein „Stück
kirchlicher Verfassungsgeschichte des 19. und beginnenden
20. Jahrhunderts" kenntnisreich dar (521 -554). - Über
„Gemeinde und Gemeindeprinzip im badischen Kirchenverfassungsrecht
seit 1821" handelt P. v. Tiling (555 - 581)-
Da die Kirchenverfassungen von 1821 und 1861 in der Einführung
presbyterial-synodaler Elemente bahnbrechend waren
, verdient auch dieser Beitrag hohes Interesse. — H-
Rücklcbens Untersuchung über „Kirchliche Zentralbehörden
in B. 1771 -1958" (624 - 667) bietet besonders für
die Jahre nach 1933 wertvolle Informationen. - Unter dem
Titel .Union. Gestern-heute-morgen" zieht H. Born'
häuscr das Resume des ganzen Bandes. „Von der bad>"