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Ausgabe:

1973

Spalte:

175-176

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Kraus, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Julius Schniewind 1973

Rezensent:

Hamel, Johannes

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Seite 1

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175

Theologische Literaturzeitung 98. Jahrgang 1973 Nr. 3

176

sie suchen nicht nach uns, (no]ch glauben sie uns. Vielmehr
handelten sie gemäß der Schöpfung der Archonten und auch
(gemäß) den Archonten, die in ihr sind. Doch wir handelten
gemäß unserer (10) Entstehung — <als wir im) Fleisch der
Schöpfung der Archonten waren —, die (uns das) Gesetz
gibt. Wir aber stammten aus dem unwandelbaren Äon.

Der Gedanke unserer großen Kraft

* Federführend für diese Schrift: Karl Martin Fisdier. Während der
Drucklegung erschien die Edition von Martin Krause und Pahor Lahib,
Gnostische und Hermetische Schriften aus Codex II und Codex VI, ADAIK,
Koptische Reihe, Bond 2, Glückstadt 1971. An zwei Stellen erschien uns
Krauses Textverständnis besser als unseres und haben wir nach ihm geändert
. Allerdings hatte uns M. Krause dankenswerterweise einen Film
mit der korrigierten zweiten Fahnenkorrektur des koptischen Textes schon
geraume Zeit vorher zur Verfügung gestellt und dadurch ganz wesentlich
dazu beigetragen, daß unsere Übersetzungen so schnell, weil lange
vorbereitet, nach Erscheinen des Faksimile-Bandes vorgelegt werden
können.

ALLGEMEINES

Kraus, Hans-Joachim i Julius Schniewind. Charisma der Theologie
. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag d. Erziehungsvereins
[1965]. 285 S., 1 Porträt, gr. 8°. Lw. DM 19,80.
Seitdem Ernst Kähler 1952 „Nachgelassene Reden und
Aufsätze" Schniewinds herausgegeben hatte, ist es um den
1948 Verstorbenen still geworden. Dieses Buch aber soll
„mitten in die gegenwärtige Situation hinein neu zum Bewußtsein
bringen, welche unverwelkliche Bedeutung das
Lebenswerk diese einzigartigen theologischen Lehrers hat.
Die neutestamentliche Forschung ist fortgeschritten, aber
viele wesentliche Anstöße, Fragestellungen und Erkenntnisse
Schniewinds sind weder überholt noch veraltet, weil sie
aus der Tiefe der biblischen Botschaft eine innere Erneuerung
der Theologie und Verkündigung suchten ... Es kann
nur das Ziel dieses Unterfangens sein, den Leser zu ermuntern
, sich mit den zitierten Veröffentlichungen neu zu befassen
und die Botschaft des großen theologischen Lehrers
in der gegenwärtigen Stunde laut zu lassen - als Ruf zur
Sache, zum Wesentlichen und zur Erneuerung des Denkens,
Forschens und Lehrens" (S. 7f).

Kraus läßt seinen Lehrer fortlaufend selbst zu Wort kommen
. Darüber hinaus publiziert er (fast ein Drittel des Buches
) eine Reihe bisher nicht zugänglicher Arbeiten: „Die
neutestamentliche Auffassung vom Worte Gottes und ihre
Bedeutung für unsere Praxis" (1918), „Taufe und Wiedergeburt
nach dem Neuen Testament" (1938), „Neue Beiträge
zur Frage des Vierten Evangelisten" (1939), „Erneuerung der
Kirche" (1946), seine Ansprache anläßlich seiner Ehrenpromotion
(1925) und das Manuskript zur Vorlesung „Einführung
in die Theologie" (WS 1941/42) sowie die undatierten
Vorträge „Das Motiv der Mission bei Paulus" und „Vom
biblischen Begriff des Wortes Gottes". Nachgedruckt werden
außerdem eine Predigt über Phil 3,12 (1940), „Die
Rechtfertigungslehre des Neuen Testamentes und ihre Bedeutung
für die Gegenwart" (zuerst 1963 publiziert) und
die abschließenden Thesen zu Matth 5,21 -48 aus dem Matthäuskommentar
(1937). Alle wesentlichen Publikationen
Schniewinds: „Die Begriffe Wort und Evangelium bei Paulus
" (1910), „Die Parallelperikopen bei Lukas und Johannes"
(1914), „Euangelion" (1927 und 1931), „Zur Synoptiker-
Exegese" (1930), die Kommentare zu Markus und Matthäus
(1933 und 1937), die „Antwort an Rudolf Bultmann" (zuerst
1944 veröffentlicht), „Die geistige Erneuerung des Pfarrerstandes
" (1947) u. a. werden dargestellt und besprochen,
und zwar im Zuge eines nach Themen gegliederten Ganges
durch das theologische Wirken eines Professors, der freilich
— in der Linie seiner Hallenser Vorgänger Tholuck
und Kähler stehend - zugleich ein Vater seiner Studenten
war und sich als Glied der Bekennenden Kirche und zuletzt
als Propst zu Halle-Merseburg im Dienst am Evangelium
einsetzte (er wurde 1935 strafversetzt und mit Gehaltscnt-
zug bestraft) und verzehrte: sein früher Tod hing mit der
Anforderung in seinem Doppelamt als Professor und Propst
zusammen. In den einzelnen Kapiteln wird jeweils deutlich
und vom Autor unterstrichen, wie aktuell Denken und Lehren
Julius Schniewinds sind: „Theologia semper reforman-
da", „Wort Gottes und Evangelium", „Der Zusammenhang
zwischen Altem und Neuem Testament", „Der lebendige

Gott", „Die Umkehr zu Gott", „Studien zu den Evangelien".
„Herrschaft Gottes und Messiasgeheimnis", „Über das Johannesevangelium
", „Zur Theologie des Apostels Paulus",
„Rechtfertigung, Heiligung und Wiedergeburt", „Entmytho-
logisierung?" und „Kirche, Predigt, Sakrament, Seelsorgc".
In der biographischen Einführung (S. 10-26) wird ein lebendiges
Bild des Lehrers entworfen, wie ihn Kraus und
viele andere in Greifswald, Königsberg, Kiel und Halle erlebt
haben. Einer der letzten Schüler Schniewinds, der 1971
verstorbene Rektor der Erfurter Predigerschule Werner
Gutjahr, entwirft eine eindrucksvolle Skizze der „letzten Lebensjahre
" (S. 26 - 36), die mit einem Wort Schniewinds
schließt, in dem die Mitte seines Denkens, Lchrens und Lebens
ausgesprochen ist: „Der Weltenrichter ist der Kyrios,
der uns mit der Hingabe seines Lebens zum Eigentum erworben
hat, der alle unsere Versäumnis, Irrung und Sünde
auf sich genommen hat: der uns zu sich rechnet, so wie wir
sind" (S. 36).

Wir fragen heute in der Ökumene nach der „Erneuerung
der Kirche". Schniewinds Beitrag zu dieser Frage (1946) ist
gewiß eine selten vernommene Stimme im Chaos der Reformvorschläge
. Aber ob sie nicht in die einzig hcilvolle
Richtung weist? Er schließt seinen damaligen Gemeindevortrag
in der Ulrichskirche in Halle mit den Sätzen: „Wir sprechen
von Jesus, da wir vom Glauben, von der Kraft, vom Leben
, von der Freude reden. Kennen wir Jesus? . . . Jesu Wort
wendet sich an unser Gewissen. Unser letztes Wissen um
Gottes Wirklichkeit, das ist unser Gewissen. Ist es ganz erstorben
? .Erstorbene Gewissen!' Und was Gott wirkt, wirkt
er durch sein Wort. Er redet zu uns aus dem Wort seiner
Apostel und Propheten, im Wort des Neuen und Alten Testaments
. Aber er will, daß dieses Wort als lebendiges,
mündliches Wort ausgerichtet wird von Mensch zu Mensch.
Gibt es das? Kann es das geben? Wie kann ein Mensch Gottes
Wort sagen?

Dieses also wäre Erneuerung der Kirche: daß unsere Gewissen
vom Todesschlaf erwachen, daß wir auf Jesus hören,
daß uns das lebendige, gegenwärtige Wort Gottes neu ge_
schenkt wird. Gemeinde, Kirche würde dann erneuert werden
. .Lebendige Gemeinden' würden erwachsen. Und vielleicht
könnte es uns auch geschenkt werden, das rechte Wort
zu finden für die Entfremdeten, Abseitsstehenden, die dennoch
der Kirche nicht den Abschied gegeben haben, ,die
Randsiedler der Kirche' . . . Die Kirche Gottes aber lebt aus
Gottes künftiger Welt. Es ist ein Wunder, unbegreiflich, daß
gerade jetzt, da .alles fällt' und ,in Trümmern bricht', die
Christen in aller Welt sich finden, sich verstehen, daß unsere
Kirche in Deutschland mitgetragen wird durch die Fürbitte
und die Liebe der Einen Heiligen Christlichen Kirche,
die wir im Glaubensbekenntnis bekennen. Diese Kirche ist
eine Einheit, jenseits aller irdischen Trennung, denn sie
lebt aus Gottes künftiger Welt...

Erneuerung der Kirche: sie kann nur Gott uns schenken
. .." (S. 270).

Noumburg Saole Johannes Hornel

Freundschaft mit der Sowjetunion. Bekenntnis der christli'
dien Demokraten in der Deutschen Demokratischen Re
publik. Berlin: Union Verlag (1972). 151 S. 8". Lw. M 5.80.