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Ausgabe:

1972

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Amtes u. a. Die „Ergänzung", über deren Zustandekommen
der „2. Nachtrag" wichtige Aufschlüsse gibt, bringt die Stellungnahme
des für diese Aufgabe vom Heiligen Stuhl eingesetzten
Kardinalskollegiums und die „Veränderungen", die
daraufhin von einer Theologengruppe (nicht den Verfassern
des Katechismus!) erarbeitet worden, jedoch in den (schon
veröffentlichten) Katechismus nicht aufgenommen sind. Eine
„Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und den holländischen
Bischöfen" („Ergänzung" S. 3) besagt, daß diese
„Veränderungen" als „Anhang an die Originalausgabe" veröffentlicht
werden, und der Erzbischof von Freiburg fügthin-
zu, daß die „umstrittenen Lehren" des Holländischen Katechismus
im Sinne dieser „Veränderungen" zu verstehen seien
. Der Konflikt um das Buch ist, wie man daran erkennt,
damit noch nicht aus der Welt. Wir haben — in der gegenwärtigen
Situation der evangelischen Theologie und Kirche—
keinen Anlaß, auf die (u. a.) an dieser Stelle sichtbar werdenden
Spannungen im nachkonziliaren Katholizismus mit Fingern
zu zeigen. Vielmehr werden wir in der Gemeinsamkeit
des Fragens und Suchens die hier auftretenden Probleme mit-
zubedenken haben. Viel interessanter als die von den Kardinälen
markierten Abweichungen von der traditionellen Lehre
sind u. E. bestimmte hermeneutische Grundfragen, dieder
Katechismus stellt. Er geht vom „fragenden Menschen" aus.
Darin könnte eine folgenreiche Grundentscheidung getroffen
sein. Es kann darin freilich auch ein Entgegenkommen an den
Leser liegen, das mehr von pädagogischer als von theologisch
-grundsätzlicher Bedeutung ist. Hat im Katechismus
etwa die Frage nach Gott ein sachliches Prae vor der Antwort
? „Tatsächlich wissen wir erst durch Jesus, wer Gott ist.
Nicht durch unsere Idee von Gott lernen wir Jesus kennen,
sondern durch Jesus lernen wir Gott kennen" (S. 90). Freilich
, ein Korrespondenzschema zwischen Frage und Antwort
besteht schon — in katholischer Theologie leichter als
bei uns. Am Ende des Überblicks über die großen Religionen
fällt der Salz: „Jede Wahrheit, von wem auch immer verkündet
, kommt vom Heiligen Geiste" (Ambrosius, zit. von Thomas
, S. 41). So kommen auch den im Menschsein liegenden
Fragen und dem „Verlangen" des Menschen (S. 16ff) große
Bedeutung zu.

Für die Beurteilung der hier angewandten Denkmethode
mag hilfreich sein, was im Eingang der Darlegungen über die
Eucharistie zu lesen ist. Immer neue Seiten gehen uns an der
Eucharistie auf. Keine der im Laufe der Jahrhunderte formulierten
verbindlichen Lehren hatte die Absicht, das Ganze der
Wahrheit auszusprechen. „Es ist wichtig, die geschichtliche
Situation, in der bestimmte Formulierungen entstanden, immer
mit zu bedenken; dann braucht kein Gläubiger beunruhigt
zu sein, wenn er bemerkt, daß manche Glaubenswahrheiten
heute, in einer anderen Situation, anders ausgedrückt
werden müssen..." (S. 376). Auf dem Hintergrund dieser —
grundsätzlich wohl von niemandem zu bestreitenden — Dogmen
-Hermeneutik kann es dann heißen: „Jesu Tun setzt den
Maßstab: ein Tisch mit Brot und Wein, eine Versammlung
derer, die den Auftrag erhalten, einander zu lieben. So einfach
sollte die Heiligkeit unserer Meßfeier sein, daß wir die
Ähnlichkeit mit den Mahlzeiten zu Hause spüren. Selbstverständlich
ist die Eucharistie viel reicher an Sinngehalten als
eine einfache Mahlzeit" — damit ist die Tür zum spezifisch
Sakramentalen immerhin offen; es heißt aber sofort weiter:
— „aber die Gestalt der Feier sollte uns darauf hinweisen, daß
die Messe nicht außerhalb unseres Lebens steht". Die Fortsetzung
läßt erkennen, wo der Puls schlägt: „Sie ist der heilige
Höhepunkt des gewöhnlichen, uns durch Christus geheiligten
gemeinsamen Essens, Liebens, Dankens und Betens"
(S. 389f). Das Zitat mag andeuten, wie auch anderwärts im
Katechismus die Weichen gestellt sind. Die Brücken zur herkömmlichen
Lehre der Kirche sind jedoch in der Regel nicht
abgebrochen. Oft ist man bewegt von der Liebe, mit der die
alte Botschaft neu gesagt und verständlich gemacht wird.
Indes, es geht nicht ab ohne ein ordentliches Quantum natürlicher
Theologie, auch nicht ohne eine gewisse apologetische

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Neigung, die sich da wohl von selbst einstellt, wo die Grenze
zwischen Verkündigung und Dialog — nicht nur in der Weise
des Redens, sondern auch in der Sache — fließend wird. Genau
in dem, was den Katechismus so reizvoll und liebenswürdig
macht, liegt wohl — das spürt der evangelische Theologe
stärker als der katholische — auch die Gefahr'.

Leipzig Gottlried Voigt

Voigt, Gottfried: Die große Ernte. Homiletische Auslegung
der Predigttexte der Reihe V. Teil II: Trinitatis bis Letzter
Sonntag des Kirchenjahres. Berlin: Evang. Verlagsanstalt,
u. Göltingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1971]. S. 281 —
498. gr. 8°.

Für die Besprechung dieses Halbbandcs verweisen wir
auch auf die Bemerkungen zum Teil I: sie gelten auch hier.
Vf. interpretiert die Texte unter Bezugnahme auf sein Grundverständnis
vom Evangelium. Das wird etwa deutlich, wenn
er Texte des Matthäus — aber auch anderer Synoptiker —
nicht selten mit paulinischem Sprachmaterial auffüllt. — Um
sich gegen falsche Säkularisierungstendenzen zu wenden,
werden im Gespräch mit den Texten legitime Dimensionen
liturgischer oder sonstiger gemeindlicher Eigenexistenz theoretisch
und praktisch herausgestellt. Angesichts von Arnos 5
wird etwa der Gottesdienst als liturgisches Phänomen auch
verteidigt (408). — Besonders hervorzuheben ist, daß Vf. oft,
wenn auch nicht immer neueste, dogmatische Literatur als
Meditalionsmaterial heranzieht. Unter den Autoren werden
M. Luther und K. Barth bevorzugt zitiert. Es wird klar, wie
Exegese und Verkündigung legitimerweise nicht ohne dogmatische
Besinnung vor sich gehen können.

Der letzte Band der Meditationsreihen des Vf.s, die nun
bereits seit einer halben Generation ihre guten Dienste getan
haben, ist Martin Doerne gewidmet, mit Recht. Die Verwandtschaft
zwischen beiden Autoren in der Art ihres Meditierens
ist unverkennbar. Die seit Jahren laufende Dauerleistung
verdient hohe Anerkennung. Der Hinweis darauf,
daß das Perikopenwerk mit diesem Jahrgang „vollständig"
(S. 7) wird, läßt mit dem Vf. die Freude über eine Zeit des
Atemholens wach werden.

Rüdersdorf bei Berlin Friedrich Winter

Babin, David E.: Toward A. Theology of Liturgical Preach-
ing (AThR 52, 1970 S. 228-239).

Behren, Ludwig von: Das Erntedankfest im Spiegel der Meinungen
(Kirche im Dorf 22, 1971 S. 198-202).

Biehl, Peter: Zur theologischen Bestimmung des Religionsunterrichts
an der öffentlichen Schule (Religionsunterricht
— wohin? Hrsg. v. K. Wegenast. Gütersloh 1971
S. 15-38).

Brandt, Wilhelm: Bibel und Diakonie (Solidarität + Spiritualität
= Diakonie. Festschrift Herbert Krimm. Stuttgart
1971 S. 41-50).

Bro2i, Ludük: Sympathie als das Erzieherische (Communio
Viatorum 14,1971 S. 117-131).

Calliess, Rolf-Peter: Schule als Veranstaltung der Gesellschaft
. Plädoyer für die rechtliche Selbständigkeit der
Schule (Religionsunterricht — wohin? Hrsg. v. K. Wegenast
. Gütersloh 1971 S. 95-106).

Clark, David B.: The Social Sciences and the Work of the
Churches, Part II. VII. The Sociological Study of the Pa-
rish (ET 82 ,1971 S. 296-300).

Dietzfelbinger, Hermann, D.: Das lösende Wort im Augenblick
der Krise. Zwei Berichte zum Thema „Glaubenskampf
". München: Claudius Verlag [1971] 48 S. kl. 8°.
Kart. DM 2,80.

Dombois, Hans: Die vierfache Gestalt der Kirche. Zur Revision
des Kirchenbegriffs (Solidarität + Spiritualität = Diakonie
. Festschrift Herbert Krimm. Stuttgart 1971 S.
231-236).

Füller, Reginald IL: Worship, Sacraments and the Umty of
the Church (AThR 52,1970 S. 214-227).

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 2