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Ausgabe:

1972

Spalte:

138-140

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Paul, Eugen

Titel/Untertitel:

Denkweg und Denkform der Theologie von Matthias Joseph Scheeben 1972

Rezensent:

Heyer, Friedrich

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137 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 2 138

Den in dieser Verwendung sprachgeschichtlich jungen Be- Paul, Eugen: Denkweg und Denkform der Theologie von

gnff ..Sinn'- deutet G. als ,,Antwort auf die Frage nach einein Matthias Joseph Schechen. München: Hueber 1970. XXII,

Wofür des menschlichen Lebens" (67). Diese Antwort setzt 323 S. gr. 8° = Münchener theologische Studien. Im Auf-

der Mensch nicht selbst, sie wird ihm gegeben. .,Sinnempfang trag d. kath.-theol. Fakultät München hrsg. v. K. Mörs-

konimt vor Sinnleistung" (70). „Sinn ist Voraussetzung, dorf, H. Tüchle U. W. Dürig. II. Syst. Abt., 40. DM 10,—.

nicht Ergebnis, Empfangenes, nicht Geleistetes, Gnade, nicht ... ... ,„ , , . . , w , ,

^ errlipnut" /<c/ t . , . , , ™. , Ein ausgereiftes Werk, ohne das niemand zu Werke gelien

^dienst 164 . Immer wieder wird das Thema so von der „, ■ -. . n j iz-i c • r

Reelitfort:„ , _ sollte, der sich das Opus des Kolner Seminarprofessors,

. „ uertigung, vom Vorrang des Evangeliums her, ange- . . , T , toon j- w .i ■ .m nv,

faßt P„„i„„ j ., , „ b, _ , . b ,. ... , der m den Jahren 1860 — 1880 die Neuthomistik zur Blute

raulus, Luther und Karl Barth sind die mit Abstand , ,t , v . . „. . c . ... .

am hSnK«.»- . i , • i -i »rächte und — nach Korrekturen in Kichtung bchultneolo-

„.' "'"'Hgsten zitierten theologischen Autoren, mit deren . __■ , „ ,. i nt.ii

Hilfe Hns m™ Li- x. -a .., • o. Sle — über Deutschlands Grenzen hinaus als Normtheologe

"■e (las menschliche Bemuhen, eigenmächtig den Sinn zu ° , . .. „ .„ c . , . ..... .. ?.

setzen 7i,,..",„i • ■ , f i i ji i i i verwandt wurde, erschließen will. Seit den .1 iilulaumswurdi-

«wn, zurückgewiesen wird. Sinngebung als Geschenk be- , , .„. T . ,. . , „ , .

deutet iL,, i • t i • • b i • • gungen der dreißiger Jahre war die Scheeben-rorschung mehr

Ulel aber keineswegs Inaktivitat, denn sie ist „immer ■ n . -ir i j . i •. i t^i- j . i

Bestimm, «-i i ■ • i i ■ in uetailfragen abgewandert, aber mit der Klarung der theolo-

ummung, iur den anderen da zu sein, zu leben und . , T , , , An T, . ,,, , ,D „ , ,

tatirr ■,„ .„■ r? , , . r . ... , gisclien Landschalt des 1!). Jh.s, innerhalb welcher Scheeben

0 •'n sein, Lrlaubnis, für ihn so da sein zu dürfen, und . . , .. T „.r n l i .
Aufruf j- t-. . . . ■* ii. ., zu verstehen ist, und mit J. Hofers Gesamtausgabe hatte

"ui, diese Erlaubnis zu ergreifen und diese liestim- j- n • • r»-» i c i v. i c 1 w • j

niunor zu erfülle " (2671 man die Originalität der Scheebenschen Spekulation wieder-

y » » entdeckt. Nahe am Quellenlext und doch hinreichend in ei-

1 ut Interesse wird der Theologe die Auseinandersetzungen gener kritischer Distanz (und zwar vom Blickpunkt derjeni-
Ken,7 ,0l0S1S<1,C" Antworten auf die Sinnfrage zur gen katholischen Theologen, die an der neuthomistischen Ab-
toren , i "»TT" lD° VorderSrund der philosophischen Au- straktheit kein Genügen finden und auf Konkretisierungen
ferner r „'danebcn ^sonders Nietzsche, Dostojewski, ausgehen) bietet Paul einen Schlüssel zum Verständnis des
dere Y ,IU' ege1' N' Hartmann' Heidegger und viele an- ganzen Scheeben.

<•• -Mein zuletzt ist Karl Marx zu nennen, den G. von ei- _ , , _. ,. ,. n ■.„..,. .

nem gmn,lcsi v i t c • i- \t . i Scheebens Kigenarl liegt dann: Er will mit theologischer

grundsätzlichen Ja zum Sozialismus aus zu Wort kom- , , b 8 . . , °_

mcn läßt „i,„„ iii i i ■• in-« Spekulation Impulse zu realisierendem Leben in der Gnade

« lam, ohne jedoch beanspruchen zu können, daß seine *: , ., , , „

tiiternretTii^., •„ _. .. , c .. , geben. Darum schreibt er zu „Natur und Gnade von 1861

CIPretation immer von marxistischer Seite als authen- b. . , _ , " .

"Seh anprl-^„„. -i i r> ■ • i iw- . i ■ i eln aszetisches Pendant, „IJie Herrlichkeiten der göttlichen

>•« anerkannt wird. — Am Beispiel Nietzsches wird gezeigt, . . b

M'e im -,i,;i: i_ t » r i (■ nade von 1S62. Hier zeigt er sich beeindruckt von iNierem-

c hu Nihilismus auch gegen die Intention seiner Vertreter '~ . ° . ,

die Sinnf.,..™„ • i . ■ . tvt-i-i- - i i t j bergs Libro de la vida, das er in tiom gelesen, bei dem er aber

, °'nntrage virulent ist. „Nihilismus wird also empfunden .„ ,

a's ein 7,,z*n„ j • j , . • i . c j die „spekulative Basis vermißt hatte.

*" zustand, in dem man nicht leben kann, der nicht bnd- 1

*n»tand bleiben . . darf" (85). Scheeben trennt „Natur" und „Gnade" säuberlich, um sie

y 1" oßen Wert legt G. auf die Differenzierung von Sinn und doch Sleich 7ied" "miteinander zu vermählen". Er postu-

^tzen. Wird beides identifiziert, so kann der Sinn des Le- lle,rt "elne, ^W*** ontolog.sche Ordnung . Unermüdlich

°ens nur i • . i- j l _ i.» j- n t v. J.o schärft er den Grundsatz ein: Man wird das spezifischChrist-

»nur in Leistungen liegen, und es besteht die delahr, dnu ... ... , , , , , . ,

der |nris.„i ... ,. , . ... t-i- liehe nicht in den Blick bekommen, solange man nicht ,,kon-

uensch zu einem nützlichen — oder unnützen — Ding ,. , ■• , n i i ■• i

Wird Sir,« u » i • i . • tvt . i sequent die übernatürliche Ordnung von der natürlichen un-

cunn besteht aber nicht nur im Nutzwert, sondern „in ^ , . . b , , ,

"er eew-ii,... r- i i • , ,. -, tp- c • c-_ terscbeidet . Andererseits ist gerade „Vermahlung das

Bewahrten Gelegenheit und Freiheit, mein lur-Sein lur °. " b ..

den anderen zu betätigen" (228). Was das im gesellschaft- Stichwort Scheebenscher rheologie, das fast bis zum Uber-

hchpn Leben konkret bedeuten kann, „lochte G. laut Vor- < ruß vorkommt. Eugen Paul diagnostiziert hier eine Gefahr

w°rt ini, i ,..i des Scheebensi lien Ansatzes: von einer dritten unbeteiligten

einem weiteren Buch ausfuhren. _ . . . .... . 6 ..

t , iii- Position aus werden zwei gnoseologisch wie ontologisch fi-

ateressant ist das Buch nicht nur durch seinen lebendigen xicrte Bereiche aufeinander bezogen. Doch wird auch ein

ren p ° Bemfihun«en' theologische Begriffe und Leh- Vor(ci, des Systems vermei,Ut. durch die strikte Trennung

weis a"derS auszudrucken' durch die zahlreichen Hin- v£m Nalur und Gnade wird die Gefahr der identitätsphiloso-

de 6 auf plulosophische und schöngeistige Literatur, son- ^ gebaant) wciciler die Systembauer vor Aufkommen der

zent dUrch cinc gute APol°Setlk- Sle findct Slch ko"- Neuscholastik erlegen waren.

lert in den fünf am Schluß des Buches zusammengestell- ,r , ,. , . ... • i c i i i u-

ten Tk ., . . . , . „ , ,vT. Von der griechischen Patnstik laßt sich Scheeben dahin

. 'hcsenreihen, die sich mit den im Namen der Wissen- .... ,. ... .-1:1 n__j__„ ■. . •, ...

schifi 1 • . , . 11 i*i 1 t7~ fuhren, die übernatürliche Begnadung mit der Ileilsokono-

"'i, der Autonomie des Menschen und der leidenden Krea- . , , ,, , c • ,. ,

tur nri. u .—,, , n , mie des dreifältigen uoltes in eins zu sehen. Spricht man da-

ernobenen Einsprüchen gegen das christliche Heden von _ , . „ n ■• i- 1 ■

Gott ^. • . ^. r- r 1 • i_mv ber von Begnadung, dann muß unaufhörlich lnnertrinitan-

"it auseinandersetzen. Wie G. den Gefahren einer billigen uiu f~ iriruu j r

Ar>olr.r.»i-i ■ • _ ,. ... .. ... tj. , sches Leben auf menschliches Leben bezogen werden. Von

(oiogetik entgeht, zeigt z. B. die Meditation über Hiob .. 0

Kan Vii t^- 1 ■ • 1 n i ii,, ., , ri den östlichen Vätern her versieht Scheeben die gratia sancti-

■P- VII: „Die Sinneskrise in der Bibel" . Als scelsorgerhch . . n . b

w'ertvr,n • t 1 17 „ . „' , r. ,.. t . licans auch nicht bloß als „heilige Gesinnung , sondern als

rUol| sei ferner das Kap. VIII „Gute Botschaft für Judas 1. ., -V i .. >■ > 1 1 .<

Uchir.;„<i .1 1 1 ..1 i- 1 .. 1 v 1 u-1.1- 1 „Grund der Ähnlichkeit mit dem ganzen göttlichen Leben .

"•"aiiolh erwähnt, das über die ausdrücklichen biblischen . mT . ... , . . . ,b, „ b, .

Auss-,™ 1 ■ ■ . ■ , • r 1 1 'n diesem Lehrstuck entwickelt sich Scheeben von Werk zu

"agen hinausgehend angesichts eines Lebens, das ge- nr__, ____.__„ , ...

scheut-* c- ? . 6 „ , , , . . ', . J Werk weiter. Es war sein Denkweg, fortschreitend die grie-

'eiikten Sinn durch eigene Verfehlung verwirkt hat, das . . _. , . ,_, . , b' ... . b.

t-vaniroi- ■ , n it rr ta j- » einsehe Sicht mit der lateinischen zu vermitteln. Mit denost-

ingehum a]s Zuspräche größerer Hoffnung verkündigt. , .

Di» p_ ii, » . , , 1 i- o- ™ liehen Vätern arbeitet Schechen mehr und mehr den „phy-

»rreundschaft" Jesu „wird durch die Sinnzerstorung . , „, . , 1 u ■

licht m;. .. ,. „ , , , , ■■ c- 1 1 1 i_ sischen Charakter der Gnade heraus, das neue Lehensprin-

. "1 mit zerstört, die I-reundschaft hat die Schuld schonmit . 1

Angerechnet, ja übernommen, geht an ihr nicht zugrunde, ,• ...1 t/- ■. 1 „ r„„„;t„ . r .

Schafft , • 1 1 ■ t"m 00111 iT- j Eben dies führte zur Kontroverse mit dem JesuitenGran-

111t vielmehr das Ubermaß von Schuld um zum Sieg der , ... .. . , ... ,. r m„,„„i,„„ j;- j„.j,

heiinj. ■ , ., ,„„„, „. „ , , r>- 1 t u Oerath über die inhabitalio Gottes im Menschen, die durch-

ist n ef, f i 8 P1C f"1?*™^ dCm- Sl"? de'Le^e,W aus nicht an der Peripherie der Scheebenschen Denkarbeit

zu be,,, C '''f. !°?a l)l™™7 dfl5,laU,bcnS liegt. Scheeben sieht Granderath im Bann einer „vorgefaßten

2U Sc^tT511'')?^ U" Id"6' Welche alles gewaltsam in ihre Form zwängt". Gran-

g. Un^ ^^o). derath führe nämlich vor die Alternativfrage, ob das neue

ist kr.itisclle Auseinandersetzung mit einzelnen Aussagen Sein geschaffene Gnadengabe sei oder in der unerschaf-

ren , r nic.ht angebracht, zumal der Autor keine „Professo- fenen, das heißt dem Heiligen Geist, bestehe, und be-

»is l0g'e fÜr T1,eologieprofessoren" bieten will. Theolo- schränke das Gnadenverhältnis dann auf die gratia creata als

einC^.Ge)ehrsamkeit fehlt dem Buch aber nicht, wie schon dem Menschen inhärierende Qualität. Nach Scheeben „prä-

Hlick in die Sach- und Namensregister zeigen kann. judiziert" Granderath damit Aussagen von Schrift und Tra-

Hotle/Saale Eberhard Winklcr dilion „durch seine logische Formel". Seheeben seinerseits