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Ausgabe:

1972

Spalte:

117-119

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Noack, Bent

Titel/Untertitel:

Spätjudentum und Heilsgeschichte 1972

Rezensent:

Baumbach, Günther

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117 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 2 118

maß werden auch bei der Behandlung Jerusalems in dem blem der „Heilsgeschichte" und versucht, das Pro et Contra
rvapitel über die „Königsstiidte Palästinas" Bethesda, Gol- gerecht abzuwägen. Die entscheidende Frage ist für ihn die,
gatha und das Grab Jesu berücksichtigt. Über einige „Stät- „ob das Heil eine Geschichte hat, d. h., ob es sich durch verteil
neutestamentlichen Geschehens", überwiegend außer- schiedene, voneinander unterscheidbare Epochen oder Ercig-
alb Palastinas, wird außerdem im letzten Abschnitt des nisse verwirklicht, die nicht zufällig aufeinanderfolgen...,
r*uptteils gesondert berichtet. sondern sich gegenseitig bedingen" (S. 20). Unter „Spüt-
'e Ausführungen des Textes unterstützen verschiedene judentum" will er dasjenige Judentum verstehen, „innerhalb
j nungen, Karten und Pläne sowie zahlreiche Photobil- dessen Jesus gelebt und gewirkt hat und das Christentum
la"' ^ 'e't'er z' m t'er Qualität sehr zu wünschen übrig- entstanden ist" (S. 21). N. versucht nun nachzuweisen, daß
assen. Eine ausgewählte Bibliographie und mehrere Stich- dieses Judentum infolge seiner Gesetzesfrömmigkeit „an der
j °rterzeichnisse fehlen nicht. Nützlich ist auch die ange- Geschichte als Geschichte und damit auch der Ileilsgeschich-
^gte Zeittafel, die selbst für geschichtlich so wenig greifbare te" desinteressiert ist, nicht aber „an der eigenen Gegen-
i Vrri^^1 "iigen wie die Ankunft Josephs in Ägypten („ca. wart als Gegenwart des Gottesvolkes und als Heilsgcgcn-
'° ), seinen Aufstieg (während der Begierungszeit Arne- wart" (S. 39). Da das Verhältnis zwischen Gott und Mensch,
nophis IV.!), die „Formulierung des ethischen Dekalogs" Gott und seinem Volk seit dem Gesetz immer dasselbe bleibt,
(»um 1220") und den Tod Moses („um 1218") chronologische ist eine Berufung auf eine geschichtliche Entwicklung nicht
"gaben vermittelt (S. 333). mehr möglich. Die Kanonisierung der vorhandenen GeAngesichts
des großen Umfanges des Themas ist es selbst- Schichtsschreibung und der Verzicht auf eine Verlängerung
verständlich, daß der Vf. nur eine Auswahl des zur Verfügung der kanonischen Geschichte tendieren in die gleiche Rieh*
jj? 'enden Materials in seiner Darstellung verarbeiten konnte. tung. „Die Gleichgültigkeit der Geschichte zeigt sich dann
'ese Auswahl erweist sich als wohlüberlegt, wobei die be- auch darin, daß es nicht auf die Zahl der Pendelausschläge
v°rzugte und ausführliche Berücksichtigung gerade der neu- ankommt, sondern nur auf die Gesetzmäßigkeit" (S. 46).
e^'en -^usgrabungen besonders zu begrüßen ist. Inzwischen Auch die Apokalyptik ist nicht geschichtlich orientiert, son-
^lr< sich H. Bardtkes Buch bereits die Dankbarkeit vieler dern in ihrem Zentrum steht „der gleichmüßige und gesetz-
und" erw°rben haben. In gleichem Maße sind dem Vf. Dank mäßige Zeitverlauf" (S. 66), d. h., „die Einteilung der Zeit"
p"' '^""kennung der Fachwissenschaft für die gelungene (S. 76). Indem die Einteilung der ganzen Geschichte vom An-
°PuIarisierung ihrer Ergebnisse gewiß. fang bis zum Ende gilt, tritt ein Charakteristikum der Apo-

Berlin . kalyptik in Erscheinung; denn „nur dann (kann) ein voll-

"n Karl-Heinz Bernhardt „ . . °_, „" , K ' ,

standiges Zeitschema aufgestellt werden, wenn man auch

_ vom Ende eine Vorstellung hat und es binnen kurzem oder

^ . jedenfalls in absehbarer Zeit erwarten darf" (S. 76). Dem-

g"^°nah, M.: The Caesarea Porphyry Statue (IEJ 20,1970 nach ist in der Apokalyptik die Geschichte „nur ein konstru-

■ • Od—208). ierter Unterbau unter der eschatologischen Erwartung" (S.

a?yS Note on an Inscription from Khirhet el-Qöm 78). Als weiteren Grund für die fehlende Heilsgeschichte im

' 20>1970 S.216—218). Spätjudentum weist N. auf die durch den Hellenismus ge-

Vii 'l'g' 'Jonn Gr.: A New Setting for Psalm 110 (AThB 51, wirkte Erweiterung des Weltbildes und die mit der soziolo-

' 4—17). gischen Entwicklung verbundene Umstülpung der Gesell-

]jrr,es'Dirk, Jacob: Alttestamentliche Vorformen deschrist- Schaft. Der damit gewonnene Überblick über die verschie-

0o ° 'en Diakonats (Die Innere Mission 61, 1971 S. 343-353). denen Kräfte, die in der Welt und in der Geschichte wirken,

sterhoff, B. J.: De afwezigheid Gods in het Oude Testa- entfremdete der erlebten Geschichte gegenüber. Die Ge-

N*nJ" Kampen: Kok 1971. 46 S. 8° = Apeldoornse studies schichte wird jetzt „nicht mehr erlebt, sondern wird, was et-

pe , 1 " 4-25. was ganz anderes besagt, enthüllt, offenbart und gedeutet"

(ET82 n: ^°te °" Genesis 37,2 and JosPh's Character (S. 83). N. stimmt darum „in mancher Hinsicht" Glatzer zu,

^ , 1971 S. 342—343). fier von (jer „geschichtsverneinenden Lehre der Apokalyp-

11' J 20 F': Comlnllsor.y Labour Gangs in Ancient Israel tik" spricht (S. 84). Daß von einer wirklichen Heilsgeschichte

j» ' 1970 S. 191—202). im Spätjudentum nicht die Bede sein kann, hängt nach N.

JJj* : Figure-Vases in Ancient Egypt and Hebrew Mid- zudem damit zusammen, daß diese Bichtung „nur Hoffnung"

Sch ■ 6 LJ 20, 1970 S. 209—212). war, die Heilsgegenwart also nicht erkennen konnte (vgl.

tenPPnauS' Joachim: Stellung und Funktion der sogenann- s. 84). - Während sich bei Jesus noch keine heilsgeschicht-

S. 161-i8ankÜndigUng ^ Deuter°jesaja (ThZ 21' 1971 liehe Auffassung von seiner Sendung und Wirksamkeit fest-

Shiloh V J' „ stellen läßt, mußte „grundsätzlich das heilsgeschichtliche

tionin .V t F,°Ur^00mr-I10oUn^i!,A!'tl1on0?nm " Verständnis... schon mit der Gemeinde vor Paulus" kom-

Ussisb th!>Israehte Cltv <IEJ 20' 1970 S" i»0-190)- men (S. 95), weil mit Christus ein Unterschied der Zeil ge-

Capitäh ,tM • m" m'fön' Äi° o Ü ^ Pr0t°-IonlC setzt wurde, „ein Vor und Nach Christus" (S. 96). „Die Verfall
!T r u eP ° ( ' 7 S' 213~215)- gangenheit (hier Tod und Auferstehung Jesu) und «lie Vor-

»un» zum Tri!' G°U ^ fTf^Twtk Ä Vergangenheit (Leben und Verkündigung Jesu) mußten zu-

"S zum Iritoiesaia-Buch (ThZ 27, 1971 S. 182— 200). • j • o ■ i. j it j j j u

, ' v ' einander in bezienung gesetzt werden. Und da der Glaube an

den Messias Jesus auch eine Hoffnung auf sein Kommen uml
ein Warten darauf war, so ergab sich nach der Seite der Zukunft
hin eine zeitliche Dimension" (S. 97). Hinzu kam die
notwendige Klärung des Verhältnisses zum Judentum und

JUDAICA zum AT; denn der Gott Israels und des AT „ist der Vater

Jesu Christi" (S. 100). Daraus ergibt sich als Konsequenz:

Noack p . c .. . i . .i ... r, „Wenn man im Urchristentum von einer Heilsgeschichte

»> nent: »patiudentuni und Heilsgeschichte. Stuttgart— . . . . ja» ■ j t i-

Berlin trxt «i ■ ■ .. T,nn,, Ann c oo sprechen kann, reicht sie von der Menschwerdung Jesu bis zu

crnn-Koln—Mainz: Kohlhammer [19711. 108 S. gr. 8° = v. „ . ,c ,not, r, . , . ,. , ... j. . .

Fran, n i-. , ■., , . • • . w.. seiner Parusie (S. 103f.). Charakteristisch für die urchnst-

uuz-ueützsch-Vorlesungen an der Universität Munster, . , ... , . .. , f, , , . .. „

hrsrr v ii t, , „ ,, .„„„ hebe heilsgeschicbthchc lictrachtung ist also ihr ausschlieu-

b- v. rv. H. Hengstorf. Kart. DM 17,80. ... D ,.__. . , , r. .

liebes Bestimmtsein dureb Clinstus.

yo ei ^er vorliegenden Veröffentlichung handelt es sich um N. hat mit diesen Ausführungen einen wichtigen Beitrag

jjej. esungen, die N. auf Einladung des Institutum Judaicum zur Klärung des umstrittenen Begriffs „Heilsgeschichte" ge-

gt 1 zschianum im Dezember 1968 an der Universität Mün- geben, die besonders für die Sicht des NT von großer Bedeu-

er gehalten hat. N. stellt sich darin dem umstrittenen Pro- tung ist und mit Recht einer Eingrenzung dieses Terminus