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Ausgabe: | 1972 |
Spalte: | 950-952 |
Kategorie: | Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift |
Autor/Hrsg.: | Hirth, Volkmar |
Titel/Untertitel: | Gottes Boten im Alten Testament 1972 |
Rezensent: | Hirth, Volkmar |
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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 12
und nur indirekt, etwa was die Gefangennahme der von des gnostischen Aufstiegsgebetes zuzurechnen ist. Zu den
oben Stammenden durch den Dcmiurgen betrifft (p. 54, charakteristischen Merkmalen dieser Gebctsgattung gehören
2-15), angespielt. m. E. vor allem die Bitte um den Tod als Erlösung aus der
Diese Darstellung der gnostischen Thcologumena in irdischen Existenz und die Bitte um Bewahrung vor dem
Kategorien der persönlichen Existenz, unter weitgehendem Zugriff der Archonten, sowie die Motivierung dieser Bit-
Verzicht auf ausgedehnte Mythologie, ist eine Besonderheit len durch den Hinweis auf das göttliche Selbst des Gnosti-
der 2ApcJac. Hier äußert sich die gnostischc Weltanschau kers und seine Bewährung im irdischen Leben. Nach dieser
"ng und das Neue, das sie dem Offenbarungsempfänger Analyse macht das Sterbegebet gerade das einzig Gnostischc
bieten will, nicht in der mehrfach objektivierten und in dem vorliegenden Martynumsbericht aus. Daß es an
eigenen literarischen Gesetzen folgenden Form des Kunst- diesen Platz gestellt wurde, also im Munde des Jakobus
mythos, sondern in einer Form, die diesen Mythos zwar erscheint, bedeutet eine nachträgliche Autonsierung dieses
voraussetzt, die aber gleichsam aus eigener Kraft zu einer Gebetes, dessen ursprünglicher Sitz im Leben vielleicht ein
neuen, ursprünglichen Objektivierung dessen kommt, was gnostisches Sterbesakrament war.
a's wahr erkannt wurde. Nimmt man dazu noch die
Tatsache, daß diese dargestellte Bekehrung des Jakobus
zur Gnosis stark ätiologischen Charakter trägt, so kann To[.m„ . n-
man sich ein hypothetisches Bild vom Entstehungsgrund Hirth. Volkmar: Gottes Boten im Alten Testament. D
dieser Schrift machen. Die zentrale Rolle, die Jakobus in alttestamentl.che Mal ak-Vorstellung unter besonde ei
dieser u ■ j Li- l- ci„.;(-tn„ lniPii Berücksichtigung des Mal ak-Jahwe-Problems. Tneol. Dias,
uieser wie auch in anderen gnostischen Schriften spielt, t-1 ■ ia~i
läßt sich durch die Annahme erklären, daß es juden- Leipzig 1971. 24S i>.
christliche Gemeinden gab, die gnostisiert wurden und da- Die vorliegende Dissertation befafjt sich mit dem in der
bei an ihrem ursprünglichen Hauptapostcl Jakobus, dem christlichen Theologie seit der Zeit der Kirchenväter immer
ersten Bischof von Jerusalem, als Heros festhielten. Ein wieder behandelten Mal'ak-Jahwe-Problem. Jedoch wird
solcher historischer Punkt, an dem die Gestalt des Jakobus diese Frage nicht isoliert oder als Sondergebiet der Angelo
in die gnostische Metamorphose einging, scheint sich nun logie betrachtet, sondern im Rahmen einer umfassenden
in der 2ApcJac widerzuspiegeln. Hier wird nicht gezeigt, Botenvorstellung (Mal'ak-Vorstellung), die Israel dazu be-
^ie Jakobus als Empfänger und Vermittler allgemeiner nutzte, die Verbindung von Gott und Mensch auszudrucken,
gnostischer Wahrheiten auftritt (wie in anderen Jakobus- Beim traditionellen Mal'ak-Jahwe-Problem geht es um
Schriften), sondern hier wird gezeigt, wie er selbst von die Tatsache, dafj ein im AT auftretender Mal'ak Jahwe oft
Jesus zu einem neuen (gnostischen) Verständnis seiner nur sehr wenig oder, wie es scheint, gar nicht von Jahwe
selbst geführt wird. Mit anderen Worten: Die gnostische zu unterscheiden ist. Dieser Mal'ak Jahwe redet wie Jahwe
Metamorphose der Gemeinde, die diese Schrift trägt, wird selbst („Gottesich" das Mal'ak, vgl. Gen. 16,10) bzw. sein
zurückprojiziert in das Leben ihres Ahnherrn Jakobus, wo- Erscheinen wird als Theophanie gedeutet (Gen. 16,13).
">it dieser zum gnostischen Gemeindestifter wird. Deshalb bedarf es einer genauen Klärung des Verhältnisses
Zur Christologie der Schrift ist zu sagen, dafj sie nur von Jahwe und Mal'ak Jahwe,
insofern gnostisch bzw. doketisch zu nennen ist, wie sie Das herkömmliche Mal'ak-Jahwe-Problem stellt jedoch
das exklusive Sclbstvcrständnis der Gemeinde widerspiegelt, eine Verengung dar. Verschiedene wichtige Gesichtspunkte
d. h., der Erlöser war selbst der Gekreuzigte und Gestor- werden nicht beachtet:
bene, aber er war es nur zum Schein. Sein eigentliches a) Das Wort mal'ak ist von Haus aus ein profanes Wort
Wesen ist das des Fremden, des Nkht-irdisch-menschlichen, mit der Bedeutung „Bote". Es wird in der Umwelt nur so
er ist identisch mit dem unsichtbaren Gott („der nicht auf gebraucht, doch ebenso auch im AT. Mal'ak Jahwe ist von
die Erde hcrabkam", p. 58,17-19) und mit der himm- hier aus nicht als terminus technicus für himmlisches We
'ischen Jungfrau. Dieses wahre Wesen Jesu wurde aber sen (Engel) zu verstehen, sondern als Bezeichnung für
allgemein verkannt, indem man ihn für einen Menschen Boten Jahwes im Gegensatz zu Boten anderer Herren,
hielt (z. B. auch für den Verwandten des Jakobus), und es b) Dementsprechend wird Mal'ak Jahwe im AT nicht
kann überhaupt nur erkannt werden von „den Seinen", nur fur himmlische Gesandte Jahwes gebraucht, sondern
hinter denen natürlich die Gemeinde des Verfassers steht, ebenso für Menschen (Priester, Prophet, König, Volk Israel)
und auch das nur durch die Vermittlung des Jakobus, denn umi fur die Natur. Mal'ak Jahwe mit „Engel" Jahwes zu
-sie können mich (Jesus) mit ihr[en Gejdanken nicht er- übersetzen, ist deshalb unzureichend.
kennen, weil man mich an [diesjem Ofrt nijcht kennt" cj Em jviai ak Jahwe ist keine besondere Gestalt der
(P- 51,8-11). So bewegt sich die Christologie dieser Schrift, Heilsgeschichtc, sondern ein von Fall zu Fall auftretender
nicht ohne Dialektik, auf dem schmalen Pfad zwischen der Bote janwcs. Das wird vom Sprachgebrauch und auch vom
orthodoxen Sclbstaussage „Ich, der ich gewiß sterbe, werde Sachzusammenhang her bestätigt. Die richtige Übersetzung
doch lebendig gefunden werden" (p. 48,8-10) und der vQn Mai<afc jahwe ist deshalb „ein Bote Jahwes",
typisch gnostischen Formulierung des Doketismus: „Ich bin ^ Es mu^ eme wesentlich größere Zahl von Stellen
so gekommen, wie ich nicht bin, und ich werde mich nicht herangezogen werden, als es bisher geschehen ist. Dabei
so offenbaren, wie ich bin" (p. 49,19-23). Von hier aus wM ejnmal deutlich, daß die Zahl der Stellen, an denen
sind, trotz aller Unterschiede, gewisse Strukturähnlichkeitcii ^ Verhältnis von Jahwe und Mal'ak Jahwe eindeutig ist,
zum vierten Evangelium m. E. nicht zu übersehen, die sich überwiegt. Zum anderen ergibt sich die Notwendigfür
eine genauere Definition der johanncischen Christologie statt von einem isolieren Mal'ak-Jahwe-Problem von
fruchtbar auswirken könnten. einer umfassenden Mal'ak-Vorstellung zu sprechen.
Abschließend noch ein Wort zum Sterbegebet des Jako- Dicse Mai'ak.Vorstellung ist in der vorliegenden Arbeit
bus. Es handelt sich um ein literarisch bemerkenswertes, phänomenologischen Gesichtspunkten entfaltet worden,
streng doppelzeilig aufgebautes Gebet, das auf den ersten Dabei wird besonders deutlich, daß es sich um einzelne.
Blick, zumindest nach der Übersetzung von Böhlig, einen voncinander unabhängige Mal'ak-Gestalten handelt,
recht christlichen Eindruck macht. Hier ergaben sich für ^ Menschen als Boten Gottes (Hag. 1,13; Mal. 2 7- aber
mich, wesentlich aus sprachlichen Gründen, eine ganze auch R. 5 ^ 2,1-5).
Reihe von notwendigen Änderungen gegenüber der Erst- % ^ ^ ^ ^
ausgäbe, und das Ergebnis war ei» ^Aet für .das «ch
echte Sachnarallelen nur im qnostischcn Bereich nnaen '
lassen daher der (von mir so genannten) Gattung 4. Himmhsche Wesen als Boten Gottes: