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Ausgabe:

1972

Spalte:

931

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Bengel, Johann Albrecht

Titel/Untertitel:

Rede, Wort des Vaters! 1972

Rezensent:

Pältz, Eberhard

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Ein ganzes Leben lang hatte sich der Autor mit der
Ordensgeschichte in Schlesien befaßt, zehn Jahre lag die
Abhandlung bereit, ehe sie gedruckt werden konnte. Sie
stellt eine Episode aus der Geschichte des Ordens dar,
die um so mehr an Interesse gewinnt, als die handelnden
Persönlichkeiten anschaulich geschildert werden.

Wien Grete Mco'-iseffy

Bengel, Johann Albrecht: Rede, Wort des Vaters! Predigten.

Eingeleitet u. neu gestaltet von E. Beyreuther. Stuttgart:

Steinkopf [1967]. 302 S. 8°. Lw. DM 20,-.
Hermann Hesse hat in seinem Glasperlenspiel (Ausgabe
Aufbau-Verlag Berlin 1961, S. 165) an die - auch vor der
Forschung 1 erwiesene - starke Ausstrahlungskraft2 J. A.
Bengels erinnert: die „moralischen Nachwirkungen" des
„Philologen, Lehrers und Erziehers großen Formats" ließen
sich „volle zweihundert Jahre deutlich nachweisen". Bereits
Goethe (Dichtung und Wahrheit, Buch VII) ist sich Bengels
Stellung in der Geschichte des Schriftverständnisses bewußt
gewesen. Bengel verdient - neben Luther, Zinzendorf und
Hamann - über die wissenschaftliche Forschung hinaus
stärkere Aufmerksamkeit: möglicherweise könnte die Begegnung
mit dem Bibeltheologen Bengel das Miteinander
von Externität und Personalität (gemäß Bengels Leitsalz:
„Tc totum applica ad textum: rem totam applica ad te")
begreifen lehren und damit einer sachfremden Frontenbildung
in der gegenwärtigen hermeneutischen Ause'n-
andersetzung wehren.

Erich Beyreuther hat mit der vorliegenden Neuausgabc
der (1839 durch Chr. Fr. Burk zusammengestellten und
bearbeiteten) Predigten Bengels erneut auf den württembergischen
Bibeltheologen hingewiesen, nachdem bereits
J. Rocssle in den „Zeugnissen der Schwabenväter" (Bände
VI und VII) des Verlages Ernst Franz, Metzingen, 1962
bzw. 1964 eine Auswahl der Predigten und Lieder („Du
Wort des Vaters rede du") und Bekenntnisse und Zeugnisse
Bengels („In der Gegenwart Gottes") vorgelegt hatte. Die
Schriften Bengels wollen aufmerksame Leser, die sich Zeit
nehmen zu warten, bis sich Sprache und Zeugnis des „herzensstarken
, felsenfesten, ebenso versponnenen wie nüch
ternen Mannes" (Hesse) erschließen.

Die für die moderne Predigt charakteristische Akkommodation
an die Situation spielt bei Bengel keine Rolle;
allein das Wort wird verkündigt. Wird dem Prediger also
kein zeitgemäßes Modell angeboten (so verstanden wäre
diese Auswahl unbrauchbar), sondern seine auf den Ver
Stehenshorizont des heutigen Hörers orientierte Verkündigung
eher hinter- und befragt auf ihren biblischen Gehalt
(der bei Bengel selbstverständlich in der Form der
Auslegung, d. h. in der Sprache seiner Zeit hörbar wird),
so ist Bengel - dessen Zeitbewußtheit ' zu beachten sein
wird - nichtsdestoweniger aktuell; auch dadurch, daß er
- wie A. Köberle in seinem Buch über das Glaubensvermächtnis
der schwäbischen Väter (Hamburg 1959) bemerkt
hat - mit Oetinger, Mich. Hahn 4, J. T. Beck, J. Chr. Blum-
hardt und K. Heim in die Traditionsreihe derer gehört, die
„nicht nur als Christen leben", sondern auch „auch als
Christen denken" wollten.

Jena Eberhard H. Pällz

1 Vgl. neuerdings M. Brecht, Die Hermeneutik des jungen
Bengel (Blätter f. württ. KU 1966/67, »28-554); Ders., J. A. Beugels
Theologie der Schrift (ZThK 64, 1967, 99-120); Ders., J. A.
Bengel und der schwäbische Biblizismus (in: Pietismus
und Bibel, Arb. /.. Ucsch. d. Pietismus Bd. 9, Witten 1970,
193-218, dazu den Diskussionsbeitrag von II. Feghelm und die
Krwidcrung von M. Brecht; in dem gleichen Band: K. Aland.
Bibel und Bibeltext bei A. H. Francke und .1. A. Bengel, a.a.U.
S. 89-147); G. Mälzer, Bengcl und Zinzondorf (Arb. z. Gcscb.
d. Pietismus Bd. 3) Witten 1968; G. Mälzer, J. A. Bengcl, Leben
und Werk, Stuttgart 1970.

2 Vgl. E. Benz, J. A. Beugel und die Philosophie des dt.
Idealismus (DVfLG 27, 1953, 528-554).

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» Dazu: G. Sauter, Die Zahl als Schlüssel der Well. J- A.
Beugels .prophetische Zeitrechnung' im Zusammenhang seiner
Theologie (EvTh 26, 1966, 1-S6).

* Über M. Hahn vgl. letzt J. Trautwein, Die Theusnphic
M. Hahn und ihre Quellen (Quellen n. Forschungen /.. württ.
KG Bd. 2) Stuttgart 1969.

Leboeuf, Fabien: A propos d'un livre sur Proudhon et
l'Eglise au XIXe siecle (l*re partie) (Eglise et Theologie 3,
1972 S. 239-262).

O'Meara, Thomas F.: The End of Liberal Theology (The
Lutheran Quarterly 23, 1971 S. 268-273).

PHILOSOPHIE
RELIGIONSPHILOSOPHIE

Weischedel, Wilhelm: Der Gott der Philosophen. Grund
legung einer philosophischen Theologie im Zeitalter des
Nihilismus. 1: Wesen, Aufstieg und Verfall der philosophischen
Theologie. Darmstadt: Wissenschaftl. Buch
gesellschaft in Zusammenarb. m. d. Nymphcnburger Verlagshandlung
, München. 1971. XXII, 516 S. gr. 8'. LW.
DM 59,-.

Das Buch geht von zwei Voraussetzungen aus, die zugleich
der Leitfaden einer Durchmusterung der ganzen bis
herigen Philosophiegeschichte sind. Die eine Voraussetzung
ist die, daß die Gottesfrage das wesentliche Problem der
Philosophiegeschichte ist, die andere ist die, daß das Wesen
des Philosophierens das radikale Fragen sei, das nichts an
unbewiesenen Voraussetzungen als Grundlage duldet. Sa
paradox das Zugleich dieser beiden Voraussetzungen alich
scheint, so bewährt es sich doch recht gut als eine die
Problematik aufschließende methodische Verfahrensweise

- auch wenn es manchmal etwas gestellt anmutet, wenn
an einem Philosophen zunächst das Dominieren der Goltes-
frage gezeigt und alsdann nachgewiesen wird, daß entweder
schon im Ansatz oder in einem Sprung des folgern
den Denkens unerwiesene, ja unerweisbare, Voraussetzun
gen stecken. Niemand besteht vor diesem Kanon. Und so
ist man schließlich versucht, besonders an Hegel als dem
Kulminationspunkt der Entwicklung von Aufstieg und
Verfall der Philosophischen Theologie, die schlichte Gegen
these aufzustellen, daß es in der Philosophiegeschichte, wu'
sie W. vorführt, e n t w e d e r um ,Gott' oder um die
«radikale Fraglichkeit' geht (so daß Weischedels Kanon
der Durchmusterung dieser Geschichte einem gewiß sehr
interessanten .Bürsten wider den Strich' gleicht). Di-
radikale Frage an W. selbst müßte wohl sein: ob nicht
Größe eines Gegenstandes und rationale Beweisbarke.t
im umgekehrten Verhältnis zueinander stehen entsprechend
einem notwendigen Gegensatz zwischen Glauben
und Wissen (vgl. ThLZ 1966 Sp. 538-540). Oder man nennt
einfach nur die radikale Fraglichkeit ,Gott' - womit man
aber den für eine .Theologie' relevanten Gottesbegriff
verloren hat.

Nichtsdestoweniger bietet das Buch eine Vielzahl vor
züglicher Referate über die Grundgedanken besonders der
neuzeitlichen Philosophen, die Hegeische Linke einge
schlössen, auch wenn eine andere wichtige Frage u. E. zu
sehr in den Schatten derjenigen nach der logischen Strin
genz tritt, nämlich diejenige nach den Tragweiten der
Behauptung Gottes samt den damit bewußt oder unbewußt
abgewehrten Alternativen im Weltbild insgesamt. Freilich
ist das die Kritik des Theologen, der heute betroffener vor
derjenigen Frage steht, was sein Gottesglaube eigentlich

- explizit und alternativ - besagt und was er mit
ihm eigentlich behauptet. Wiederum bedarf es,
gerade bei diesem u. U. recht pragmatischen Interesse des
an der Treue zur biblischen Botschaft orientierten Theolo
gen, der ständigen Beunruhigung durch die zugleich ratio-

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 12