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Ausgabe:

1972

Spalte:

910-911

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Eichholz, Georg

Titel/Untertitel:

Gleichnisse der Evangelien 1972

Rezensent:

Linnemann, Eta

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Seite 1, Seite 2

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909 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 12 . 910

christliche Predigt diskutiert. Dieser wird das Schema daraufhin die Religionsgeschichte präzise befragt werden
zugeordnet (S. 129 ff). M. E. hätte sich dabei zweierlei ergeben: Einmal fiele viel
Zweifellos sind diese Ergebnisse alles andere als über- unnötiges Material der S. 21 ff weg. Zum anderen könnte
laschend. Auf diese dürre Zusammenfassung gebracht. sachlich gewichtiger herausgearbeitet werden, was T. einsichert
die Arbeit nur nochmals schon Bekanntes ab. Man mal S. 113 für einen Einzelfall mit Recht thematisiert:
wird den Wert der Arbeit darum auch nicht in stimulieren- „Das Schema hat also anders als die Gerichtsdoxologie im
den Ausfuhrungen zu einer bisherigen terra incognita AT die Funktion der überzeugenden Mitteilung der vollen
sehen dürfen, sondern darin, daß T. die entsprechenden Gegenwärtigkeit des Heils". Diese eschatologische Point.»
neutcstamentlichen Texte unter dem leitenden Gesichts- (T. vermeidet den Begriff „eschatologisch" nicht grundlos.
Punkt dieses Schemas geschlossen behandelt und dabei crsetzt ihn aber oft nur schlecht!) hätte leitender Gesichts
das Profil derselben teilweise klarer als bisher zeichnen pu&kt der religionsgeschichtlichen Erörterung überhaupt
kann. Naturgemäß sind allerdings diese Filigranarbeiten scjn sollen.

wenig geeignet, in einer Rezension vorgeführt zu werden. Nimmt man zu den bisher gemachten Ausführungen
die einen Gesamteindruck vermitteln will. noch die Beobachtung, daß die Arbeit manche Redundanzen
Erwähnt werden soll jedoch noch eine die Arbeit im enthält, dann kommt man zu dem Urteil, daß ihre Ergebganzen
durchziehende Unklarheit, die am besten von der njSSe in einem etwas umfangreichen Aufsatz sich hätten
Definition des Begriffes „Schema" ihren Ausgang nimmt. gut zusammenfassen lassen. Die theologische Wissenschaft
Dieser für die Arbeit grundlegende Begriff wird S. 12 so wird in Zukunft aus vielen Gründen vermehrt von diesem
bestimmt: „Das Wort .Schema' bezeichnet ...allein die Mittel, Dissertationsergebnisse zu veröffentlichen, Gebrauch
Form der Gegenüberstellung zweier Zei- machen müssen.

ten, ohne darauf formelhaftes Traditions- Kicl Jürgen Becker

gut zurückgeschlossen werden kann." (Hervorhebung von
mir.) Kurz zuvor S. 11 wird aber z. T. doch mit dem

Schema eine Traditionsgeschichte in Zusammenhang gc- .... ,.,.,„ ,. m
bracht und S. 85 etwa ausdrücklich ein „gewisses Recht" Eichholz, Georg: Gleichmsse der Evangelien. Form. Überbestätigt
, „bei diesem Schema von formelhaften Traditions- lieferung, Auslegung. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener
gut zu sprechen". Aber die Definition zeigt noch an einer Vcrlaa dcs Erziehungsvereins (1971). 239 S. 8°. Kart,
anderen Stelle fehlende, durchgängige Gültigkeit für die DM 21'~-

Ausführungen von T. Nach ihr ist es zwar konsequent, Nach bewährtem Muster unterscheidet Eichholz zwischen

wenn z. B. S. 81.85.90.92 u. ö. mit Gewicht die These ver- „Einführung" und »Auslegung".

treten wird, daß ausschließlich als Gemeinsamkeit Die Einführung enthält nebst einer Einleitung die bei-

aller neutestamentlichen Belege die Gegenüberstel- den Kapitel „Sprache und Struktur der Gleichnisse" sowie

lung von vorchristlicher und christli- „Übcrlieferungsgeschichte der Gleichnisse",

eher Zeit der angeredeten Hörer zu gelten habe. Im Ausgelegt werden die Gleichnisse von den beiden

Widerspruch dazu heißt es aber z. B. S. 96, „daß das Schuldnern, vom Säemann, von den Arbeitern im Weinberg,

Schema ... nichts Charakteristisches enthält als seine yom Schatz und von der Perle, vom großen Abendmahl

beiden A d v er b i e n und die damit ausgedrückten und von dcr königlichen Hochzeit, vom barmherzigen

Zeiten". (Hervorhebung von mir.) Zu dieser letzten Aus- Samariter, vom reichen Kornbauern, vom Bauern und vom

sage paßt auch der Buchtitel. Kriegführen, vom verlorenen Sohn sowie vom reichen

Nun könnte man dieses störende Oszillieren als Defini- Mann und armen Lazarus, das letztere in Gestalt einer

tionsmangel auf sich beruhen lassen, wenn nicht die Anlage predigt

des Werkes und die Durchführung des Arbeits Vorhabens _ . . .. „, • . • „. ■ ,

. 77 , .„ i ... , „ £ Beim Erscheinen eines weiteren Gleichnisbuches aut

darunter zu leiden hatten. Man kann sich das modellartig . . • . , .___x,____, . . ,_,. . . ..

,. . . . , ,,. , „ .. . . , .. , , einem Markt, der daran keinen Mangel hat, legt sich die

u. a. am religionsqeschichthchen Teil der Arbeit klar , . , „ , , .. , ,, ,

l i ■ .. ■ 7.l /c oi m , . u . Frage nahe, welche Besonderheiten dasselbe vor den

machen. Er steht jetzt (S. 21 ff) recht abrupt und erratisch . , . . , , . ,. ... ,

/... ,v ' , ,, • r■ bereits vorhandenen auszeichnen und seine Veröffentlichung
da, weil er zu früh kommt, auf zu allgemeiner Frage-

Stellung aufgebaut ist und ihm darum eine präzise Struk- iecl er ig .

luricrung fehlt. Darum muß auch im Nachherein an späte- Eichholz bezeichnet es als „eine kleine Methodenlehre

rcr Stelle nochmals Wesentliches religionsgeschichtlich nach- der Gleichnisauslcgung" Aber diese Charakterisierung

geholt werden (S 92 ff) würde mit größerem Recht früher erschienenen Gleichnis-

,, , , M.r büchern zukommen, in denen die Mcthodenprobleme der

Jetzt befraqt T. S. 21 ff ganz allgemein den für das NT ~™ , . .. ,____ . JT

bedeutsamen Teil der Religionsgeschichte nach dem Vor- Gleichnisauslcgung weitaus umfassender und wesentlich

kommen von „einst" und „jetzt" und eventueller Häufung entfaltct ™dOT-

in bestimmten Gattungen (z. B. Gerichtsdoxologie). So breit Der eigene Bei rag von Eichholz zur Methodik der

hatte T. selbst im NT nicht angesetzt, ja hier sogar u. a. Gleichnisauslcgung besteht in dem bereits früher veroffent-

a- *u j Do„oi,n™tC/'iwmj <<z 121 lichten) Versuch, das Gleichnis als „Spiel" zu erfassen,

die Abgrenzung gegen das sog. Revelationsscnema (b. izj *» ' . . f

i l- j .. „, Z a-,a rnrahoin pinsf Diese Kategorie bleibt jedoch hteraturwissenschafthch vo-
nur hastig angedeutet. Wenn aber nun die Vokabeln „einst " ' r*. _ .„ . _
und „jetzt" gar nicht das primäre und wesentliche Konsti- hg ungeklärt Gewiß lassen sich Begriffe wie Exposition,
tutivum des Schemas darstellen, können sie nicht den Szene, Szenen olge. Rolle Dialog, Monolog ohne Schwierig-
leitenden Gesichtspunkt für die religionsgeschichtliche keiten auf Gleichnisse beziehen. Das gilt aber nur für
Untersuchung abgeben. Vielmehr hätte die Gegenüberstel- Beisp.elgeschichtcn und Parabeln keineswegs für Gleich-
i s - „. 7„;t ..„a Apt nisse im engeren Sinne (z. B. Senfkorn und Sauerteig),
lung von einer a ten, vergangenen sundigen Zeit und aer ~ " . . . „ .„ . , "s'
r a a ul „u. ir, r„ii,mn stehenden Dafür lassen sich jene Begriffe ebensogut auf andere

für den Angesprochenen nunmehr in Geltung stcntnui.ii ___-» ,

_ „ ., ".' , . , . „ , vfirnPhmlich die Erzählungen in den synoptischen Evangelien anwenden,

neuen Zeit als Hei zeit und dabei u. a. vornenmnui uns . . r ■» , _• „_,

,, , . „ , * . . ,„ „„. :„f„r jip Frörte- welche keine Gleichnisse sind (z. B. die Verleugnunq des

Verwendung der Vokabeln „einst" und „jetzt ctie tronc r i, : t a

. Petrus). Da dieselben also weder auf alle Arten von

rung bestimmen müssen. Gleichnissen anwendbar noch dem Gleichnis vorbehalten

Das wiederum hatte zur Folge: »f^SLn^Ä™ si"d' verma9 dic Kate90rie "SPic1"' wdche Eichholz a«f

Exegese von 1. Petr 2. 25 und Kol 1, 21 f ist dem r^^°" ihnen basicrt, die Gattung Gleichnis nicht zu definieren,

geschichtlichen Teil voranzustellen, sondern aufgrund einer v„„„f„ :„u b,j,„äi t- ,. .

umfassenden und definitorisch eindeutigen Gesamterörte- Daruber hinaus konnte ich eine Eichholz eigentümliche

ST^euSbuSaS« Phänomene könnte dann „bestimmte methodische Zuspitzung" nicht feststellen. Daß