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Ausgabe:

1972

Spalte:

839-840

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Spörlein, Bernhard

Titel/Untertitel:

Die Leugnung der Auferstehung 1972

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Seite 1

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839

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 11

840

die Besonderheiten der „Umdeufcung des Kultus", d. h. doch
wohl insbesondere der bildhaften Verwendung kultischer
Ausdrücke, in Qumran, etwa hinsichtlich des Sühnegedankens
, abgesehen davon, daß die Qumrangemeinde auf die
Wiederherstellung des legitimen Jerusalemer Kultus aus ist.
So wird in speziellen Analysen der neutestamentlichen Texte
und im Vergleich dieser Texte untereinander fernerhin nach
dem Spezifischen der Aussagen des Neuen Testaments über
die Gemeinde als Tempel Gottes in der Relation zu denen
von Qumran gefragt werden müssen. K. hat dafür vor allem
durch die Erörterung der Texte von Qumran gute Vorarbeit
geleistet.

Halle/Saale Gerhard Delling

1 Ein Autorreferat in ThLZ liegt nicht vor.

2 Daß die qumranlsche Reserve gegenüber dem Tempel befristet ist,
hebt Herbert Braun, Qumran und das Neue Testament I (1966) 157 hervor
, vgl. 219. 190.

3 Das Stellenregister dazu umfaßt immerhin fast 6 Spalten; über
Passagen aus test. XII wird 125—128. 161—164 auch im Text gehandelt,
usw.

1 Vgl. z. St. Braun, a.a.O. 217.

Spörlein, Bernhard: Die Leugnung der Auferstehung. Eine
historisch-kritische Untersuchung zu I Kor 15. Regensburg
: F. Pustet 1971. XI, 223 S. gr. 8° = Münchener Universitäts
-Schriften, Kath.-Theol. Fakultät. Biblische Untersuchungen
, hrsg. v. O. Kuss, 7. Kart. DM 45, —.
Die entscheidende These des Buches lautet: die Leugner
der Auferstehung in Korinth sind nicht enthusiastische
Schwärmer oder Gnostiker, die als Pneumatiker bereits die
Auferstehungswirklichkeit erfahren zu haben glaubten, sondern
sie sind Leute, die alle eschatologische Hoffnung an
das leibhafte Erleben der Parusie banden. Und zwar taten
sie das nicht, weil sie ultra-konservativ waren und daher
eine Totenauferstehung in ihrer Eschatologie keinen Platz
hatte (wie A. Schweitzer annahm), sondern weil sie sich eine
leibliche Wiederbelebung der Toten nicht vorzustellen vermochten
. Eine neue Existenz nach dem Tode, die Heilsteilhabe
ermöglicht, war nämlich ebenso wie für Paulus so auch
für seine Gegner in der Auferstehungsfrage nur als somatische
Existenz denkbar.

Der Nachweis, daß Paulus Auferstehung nur als leibliche
Auferstehung begreifen kann (Paulus lehrt [in I Kor 15]
„eine neue Auferstehungsleiblichkeit, nicht aber einen neuen
Auferstehungsleib, der radikal ein anderer ist als jener, der
des Menschen irdische Existenz bestimmte. Die Auferwek-
kung der Toten setzt für Paulus das Leerwerden der Gräber
voraus", S. 121; ebd. Anm. 6 freilich das Zugeständnis, daß
solche Feststellung sich „nicht mit der gleichen Sicherheit"
angesichts II Kor 5,1-10 treffen läßt; dazu vgl. besonders
S. 156) und dafj bei ihm die Erwartung der nahen Parusie
die Auferstehung als Sonderfall und als Ausnahme erscheinen
läßt, bildet ein wichtiges Nebenthema der ganzen Arbeit
. Daher erklärt sich, daß trotz des Untertitels auch andere
Paulustexte, denen Aussagen über die Auferstehung
zu entnehmen sind, thematisch behandelt werden (I Thess
4,13-18; II Kor 4,16-5,10; Rom 8,10f; Phil 3,20f). Offenbar
soll dadurch die Haltung der Auferstehungsleugner, wie
sie der Vf. zu erkennen glaubt, verständlicher gemacht werden
.

Sp. nimmt bei seiner Analyse der hinter I Kor 15 stehenden
Situation die Einwände Schniewinds (Nachgelassene Reden
und Aufsätze, 1952, llOff) gegen die Annahme, die Korinther
hätten eine populär-platonisierende Unsterblichkeitslehre
gehabt, auf, zeigt aber, daß die gleichen Einwände
gegen eine Deutung der Korinther als Gnostiker Geltung
haben. In der Tat argumentiert Paulus in I Kor 15 weithin
so, als rechte er mit Leuten, die nur für die Toten keine
Hoffnung hätten. Die Vv. 30ff indessen zeigen, daß Paulus

darüber hinaus ohne den Glauben an eine Auferstehung
überhaupt keine Hoffnung gegründet sieht, auch nicht für
sich, der er doch (auch nach Sp.) hofft, die Parusie lebend
zu erfahren. Denn die Alternative dort lautet: „entweder
werden Tote auferweckt oder alles, was ich in diesem Leben
getan habe, war vergeblich" (so richtig Sp. S. 91). Auch
spricht die höhere Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Vika-
riatstaufe, auf die V. 29 auch nach dem Urteil von Sp. abgehoben
wird, von den korinthischen Auferstehungsleugnern
selbst geübt wurde, als dafür, daß sie von anderen Gruppen
in der Gemeinde geübt, von den Auferstehungsleugnern aber
weder praktiziert noch auch nur gebilligt wurde, wie Sp.
annimmt. Dann aber müssen die Auferstehungsleugner irgendeine
Heilshoffnung auch für die Toten gehabt haben,
und es liegt zumindest nahe, anzunehmen, daß sie der ähnlich
war, die sie für sich selbst hegten.

Dem entspricht, was Sp. selbst in einer Zusammenfassung
sagt: des Paulus „Argumentation richtet sich durchgehend
gegen eine Position, welche jede Zukunftshoffnung bestreitet
"; denn: „Paulus kennt in seinen Ausführungen nur die
Alternative: Heil durch Auferstehung oder Unheil" (S. 190).
Dies Letzte ist entscheidend. Nach ihrem eigenen Urteil mögen
die Auferstehungsleugner durchaus eine Heilshoffnung
haben, nach Urteil und Verständnis des Paulus haben sie es
indessen nicht. Offenbar ist für ihn die Auferstehung das
Modell auch der Verwandlung, die die Lebenden bei der
Parusie erfahren werden (vgl. dazu auch Sp. S. 121 Anm. 2),
und zwar weil die eschatologische Hoffnung in der Auferstehung
Jesu gegründet ist. Im wesentlichen richtig aber ist
die Feststellung des Vf.s, daß im Bereich des Neuen Testaments
„das Wort &vA<naois ein fester Terminus war, der
das Verlassen des Totenreiches und das sich Erheben aus
dem Zustand des Todes bezeichnet" (S. 35, vgl. auch S. 179;
II Tim 2,18 freilich zeigt, daß am Rande des Neuen Testaments
bereits ein anderes Verständnis des Wortes auftaucht;
die dort genannte Losung wird allerdings tatsächlich noch
nicht in Korinth gebraucht worden sein).

So glaube ich nicht, daß sich die eigentliche These des
Buches, dem eine Münchner kath. Dissertation von 1969
zugrunde liegt, die unter der Leitung des Herausgebers der
Reihe gearbeitet wurde, bewähren wird. Im übrigen enthält
das Buch gründliche und solide Exegesen der behandelten
Texte, ohne allerdings stärker in Neuland auf diesem jüngst
mehrfach behandelten Gebiet vorzustoßen. Die Arbeit von
P. Siber, Mit Christus leben, Zürich 1971 (Diss. theol. Zürich
1969) ist leider nicht mehr vom Vf. berücksichtigt.

Ein unguter Fehler ist die Vertauschung des Vor- und
Nachnamens von Birger Gerhardsson S. 42 mit Anm. 2 sowie
im Literaturverzeichnis und Register; auf S. 85 muß es
statt „Korinther" heißen „Kerinther"; S. 94 Anm. 1 steht
„beschneiden" statt „verschneiden".

Halle/Saale Traugott Holtz

Gräßer, Erich, Strobel, August, Tannehill, Robert C, u Walther
Eltester: Jesus in Nazareth. Berlin-New York: de
Gruyter 1972. VII, 153 S. gr. 8° = Beiheft zur Zeitschrift
für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde
der älteren Kirche, hrsg. v. W. Eltester, 40. Lw. DM 64, -.
Das gemeinsame Thema dieser vier Aufsätze ist Jesu
Auftreten in seiner Vaterstadt Nazareth, wobei von E. Gräßer
besonders der Markusbericht (6,1 -6a) und von A. Strobel
, R. C. Tannehill und W. Eltester der Lukasbericht (4,16
bis 30) untersucht wird. Die dabei angewandte Methode
ist unterschiedlich: Während A. Strobel den historischen
Quellenwert der von Lukas in das Markusgerüst eingearbeiteten
messianisch-apokalyptischen Tradition vom Jobeljahr
untersucht und daraus Rückschlüsse für eine genaue chronologische
Ansetzung des Wirkens Jesu zieht, arbeiten die
anderen Forscher redaktionsgeschichtlich. Nach E. Gräßer