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Ausgabe:

1972

Spalte:

834-837

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schweizer, Eduard

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Theologie des Neuen Testaments 1972

Rezensent:

Weiß, Hans-Friedrich

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Theologische Literaturzedtung 97. Jahrgang 1972 Nr. 11

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Welt garantieren. Dies findet seinen Ausdruck in der Beach- herangezogen, aber es bleibt, was der Vf. nicht ubersieht, ein
tung bestimmter Zeiten als Gebetszeiten, die, von Gott als Ausschnitt, der ergänzt werden mußte durch eine umfang-
Zeichen der Gnade gegeben, in einer engen Beziehung zu reiche Literatur, der das vom Vf. erarbeitete Gesetzesver-
bestimmten Naturphänomenen stehen. Die Befolgung dieser ständnis nicht in gleicher Weise eigentümlich ist. Da dies
von Gott gegebenen Zeiten-Ordnung, als deren Prinzip die in einer begrenzten Untersuchung begreiflicherweise nicht
Sonne verstanden werden kann, bedeutete für die Qumran- möglich ist, sollte deutlich zu erkennen sein, daß es sich
gemeinde das Eingehen auf den erkennbaren Willen des hier um einen Zweig frühjudischer Frömmigkeit han-
Schöpfers zu dessen Ehre und damit auch zur Wahrung der delt, über dessen Bedeutung im Gegenuber zur Jerusalemer
eigenen Existenz. Ein weiterer Unterabschnitt legt dar, daß Tempelgemeinde die Meinungen auseinandergehen werden,
diese auf den Lehrer der Gerechtigkeit zurückzuführende Sowohl für die Gemeinde von Qumran als auch für die
Konzeption .den Ursprung des späteren typisch qumrani- Kreise, mit denen sich 1 Hen, Jub und andere vom Vf. besehen
Gesetzesverständnisses bildete" (S. 179), wonach, dar- handelte Schriften verbinden lassen, wird mit verschiede-
gestellt am Ausdruck hwq, die kosmische Ordnung und das nem Gewicht eine Enderwartung eine Rolle gespielt haben,
Gesetz Israels nur eine einzige Wirklichkeit darstellen. Der die für das Gesctzesverstänidnis nicht ohne Belang sein wird,
darin enthaltene Gedanke einer Determination des Geschaf- Auch dies übersieht der Vf. nicht, aber er bringt es für seine
fenen (incl. Israels) ist aber, wie ein letzter Unterabschnitt Untersuchung nicht mit Nachdruck ms Spiel, wenn es auch
darlegt, mit einer in Qumran herrschenden Geist/Geister- bisweilen (durch zitierte Belege) gestreift wird Wiederum
Lehre verbunden worden, derzufolge die von. Gott geschaf- sollte vermerkt werden, schon um dem Vorwurf einer Ein-
fenen Geister für die Ordnung der Welt eine grundlegende seitigkeit zu begegnen daß es sich nur um e i n e n Bereich
Bedeutung hatten wie auch die eigene Ordnung der Qum- aus einem umfangreichen Komplex frühjudischer Frommig-
rangemeinschaft als ein Werk göttlichen Geistes verstanden keit handelt, dem andere Bereiche an die Seite gestellt wer-
wurde. Der der Gemeinschaft von Gott verliehene Geist be- den können, die jetzt nur mit pauschalen Wendungen maigründete
die Ordnung und mit ihr das eigene Verhalten un- kiert werden sollen: Gesetz und Eschatologie Gesetz und
tereinander als ein unter der Gesetzesbeobachtung stehendes Messias o. ä. Hier würde eine Absicherung der sehr vergeben
aus dem Geist dienstlichen Untersuchungen m. E. nützlich sein können. -
... . , ' , . . . ... ...... . „TTT Der Vf. vermißt bei den vorexilischen Propheten und den

Unter sieben Gesichtspunkten wird im Schlußkapitel VIII Geschichtswerken etwa des Jahwisten. des Elohisten

eh '6.?T^n?ed?Je?nT- 1 9, emnZ?l~ und auch des Deuteronomisten einen jeweils eigenen .nor-
sAopfhchkeit- S. 190-195) eine Zusammenfassung geboten, mativen. Geschichtsentwurf. erst das Ezechielbuch und die
die hier nur stichwortartig genannt werden sollen als Kenn- Priestcrschrift sind nach ihm als Programmschriften zu verZeichen
des frühen Judentums, das sich im Henoch- und Ju- ^ ^ man von den genannten primär vorexiH.
öilaenbuch wie auch in Qumran zu Wort gemeldet hat: 1. schen Schriften njcht das gleiche erwarten können, was für
Das Bewußtsein, zur Gemeinschaft mit Gott und seinen En- Ezechie] und Priesterschrift angesichts der eingetroffenen Ge-
9eln erdacht, gewollt und geschaffen zu sein. 2. Die Vor- richtskatastrophe und des Zerbrechens bisheriger Lebensstellung
der Schöpfung als einer von Geistmachten durch- ordnungen unabdingbar war. Aber schon das Deuterono-
herrschten Wirklichkeit, die der Ordnung Gottes unterwor- mjum entwicke]t ohne erzählende Umrahmung durchaus ein
ten sind wie Israel dem Gesetz. 3. Die Überzeugung, dafj Programnl/ weshalb z. B. Hölscher geneigt war, auch für das
nicht wenige der Ordnungen, die der Schöpfung und der Deuteronomium eine spätere Abfassungszeit in Erwägung
Zeit zugrunde lagen, in Gottes Barmherzigkeit begründet zu ziehen Und dnem Prophetcn wic Jesaja wird man das
smd, und daß zur Verwirklichung der Gemeinschaft mit ihm Einbringen eines Jahweplanes nicht absprechen können,
bestimmte Zeichen und Zeiten gegeben sind, die nicht durch srfbst w£nn er jm Gegenuber m menschlichen Plänen for-
Nachlässigkeit oder eigenmächtiges Verhalten verlassen muliert worden ist. Auch der Einfluß einer von einem be-
^erden dürfen. 4. Die Aufgabe des Lehrers der Gerechtig- stimmten Ordnungsdenken geleiteten Weisheit könnte bereit
, Israel vor einem Verlassen dieser göttlichen Ordnung achtenswert sein, zumal das weisheitliche Beieinander von
und damit vor dem Verderben zu bewahren. 5. Die Gewiß- „kosmischer" Ordnung und menschlicher Lebensordnung
neit, daß als höchste Sinnerfüllung menschlichen Lebens der dem Anliegcn des yf.s günstig entgegenkommen würde.
Lobpreis nicht im Sinne eigener Leistung, sondern einer Hjer scheint es wohl Verbindungslinien gegeben zu haben,
Entsprechung seine Bedeutung hat, freilich gebunden an die den scnarfen Schnitt zwischen vorexilischer und späterer
e;ne von Gott bestimmte Ordnung. 6. Die Bedeutung des Zeit neutralisiercn werden, jene Trennung, die den Vf. doch
Gesetzes als Zubereitung für das von Gott zu erwartende wjeder näher an die an Wellhauscn kritisierte Linie heran-
™eü. 7. Die zur Verwirklichung der Gemeinschaft mit Gott fährt, wenn auch das verschiedenartige Verständnis, statt
unabdingbare Abweisung des Sünders, der als ordnungstö- einer Versteinerung der Frömmigkeit durch das Gesetz von
rend auch von dem seine Ordnung wirkenden Gott nicht an- einer Heilsbedeutung des Gesetzes zu reden, nicht überse-
genommen werden kann. hen werden soll. Insgesamt würde ich die Arbeit - im Ver-
Den genannten Gesichtspunkten ist das Ziel der sorgfäl- ejn mjt weiteren akzentuierten Untersuchungen - als eine
üg abwägenden und lesenswerten Arbeit zu entnehmen, Admonitio an die (vorab protestantische) Exegese verstehen,
nämlich ein Gesetzesverständnis im frühen Judentum zu der frühjüdischen Literatur mehr, als es bislang geschehen
erarbeiten, das die Heilsbcdeutung des Gesetzes als eines jst/ jnre Beachtung zu schenken.

v°n Gott gewiesenen Weges zur Verwirklichung der Ge- Bonn - Bad Godesberg Otto Piöger

nieinschaft mit ihm erkennen läßt, ohne ausschließlich dem _____

Leistungsgedanken verpflichtet zu sein. Das wird in seiner ■

Konsequenz, ohne daß dies in der Arbeit ausgeführt wird, Heller, Jan: Das Christentum m jüdischer Sicht (Communio

«ks Paulinische Gesetzesverständnis als revisionsbedürftig viatorum 15, 1972 S. 11 -25).
erscheinen lassen, zugleich aber angesichts der Bedeutung
des Christusereignisses für Paulus eine Auseinandersetzung

"nit der paulinischen Christologie und der Christologie über- MCI ICC TCQTAMCMT

haupt notwendig machen. - Was die Arbeit selbst betrifft, INtUtO ICilAmCINI

«würde mir als Untertitel eine Formulierung £duard: ^ ^ ^ iß des Neuen

iregenzUmGcsetZeSVm stament's. Neutestamentliche Aufsätze (1955-1970). Zu

^ÄÄÄÄ Hch: Zwing,! Verlag (1970). 288 S. g, S, sfr. DM i.-.