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Ausgabe:

1972

Spalte:

817-819

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Schimmel, Annemarie

Titel/Untertitel:

Islamic calligraphy 1972

Rezensent:

Rudolph, Kurt

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Theologische Literaturzedtung 97. Jahrgang 1972 Nr. 11

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die einen zu den Juden, die andern zu den Heiden gehen
sollten, sich doch »die Hand der ttotvcovta gereicht hatten".

Ich komme zum Schlufj: ein Ökumenismus, der als Ziel
die Fusion der Kirchen verfolgt, zerstört nicht nur die wahre
Einheit im heiligen Geist, sondern wird für die Christen der
verschiedenen Konfessionen sogar zu einer Versuchung, die
Grundlagen des Glaubens aufzugeben und das Prinzip der
Einheit aufterhalb dieser zu suchen. Nur ein auf der Achtung
v°r der Vielfalt der Charismen beruhender Ökumenismus
kann uns in Christus einen, und gleichzeitig führt er die
christliche Kirche aller Bekenntnisse zu den Quellen des
christlichen Glaubens zurück'.

Anmerkungen:

1 Sie sind [n dem Sommelbdndchen »Vroi et foux oecumenisme",
Delachoux-Niestle, 1771, vereint.
- cf. op. clt.

3 1. Petr. 4,9 bezeichnet mit dem gleichen Wort yoyyvoftoi; das,
was die Liebe zerstört, gerade an der Stelle, wo von der Vielfalt der
Cnadengoben die Rede ist (s. oben).

* Was die Bildung der problematischen „Christuspartei" betrifft,
so liegt auch ihr wahrscheinlich ein Charisma zugrunde. Das Ärgernis,
daß ihr Verrat an einem Charisma und einer Parteibildung gerode unter
Berufung auf den Namen Christi erfolgte, war besonders groß.

6 Siehe meine Studie „Die ökumenische Aufqabc heute im Lichte der
Kirchengescbichte", Rektoratsrede, Easel 1968. Jetzt auf französisch in
dem oben zitierten Sammelbändchen «Vroi et faux oecumenisme".

e Dieser Artikel ist in französischer Sprache dem Kardinal Journet
in einer Festgabe der Revue Thomiste 1972, S. 520, gewidmet.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Schimmel, Annemarie, Prof.: Islamic Calligraphy. Leiden:
Brill 1970. 31 S. m. Abb., 48 Taf. gr. 8° = Institute of Religious
Iconography, State University Groningen. Icono-
graphy of Religions, ed. by Th. P. van Baaren. Section
XXII: Islam, 1. hfl. 32.-.

Als der Leipziger Religionshistoriker Hans Haas nach
seinem Amtsantritt in Leipzig 1915 daran ging, im Rahmen
des .Forschungsinstituts für vergleichende Religionsgeschichte
" den Plan einer .Allgemeinen Religionsgeschichte
m Bildern" oder, wie er es zu nennen beliebte, eines .Musee
Guimet im Bilde", zu verwirklichen, ahnte er noch nicht, da/j
sich dieses Unternehmen über Jahrzehnte hinziehen und
nüt seinem Tode 1934 unvollendet bleiben würde1. Ein
zweites Projekt dieser Art ist seitdem nicht in Angriff genommen
worden, obwohl es ein dringendes Desiderat blieb,
wie jeder Religionshistoriker aus seiner Lehr- und Forschungstätigkeit
weifj. Mehrere grofje religionsgeschichtliche
Lehr- und Handbücher präsentieren daher ihren Benutzem
Jn letzter Zeit immer häufiger auch reichliches Bildmaterial
(vgl. jüngst die 6. Auflage der von Tacchi Venturi begründeten
.Storia delle Religioni", 5 Bde., Turin 1970/71, das
-Handbuch der Religionsgeschichte", hrsg. von J. P. Asmissen
und J. Loessoe in Verb, mit C. Colpe, Göttingen 1971,
und auch .Die Religion in der Geschichte der Völker" von
s- A. Tokarew, Berlin 1968). Die von C. M. Schröder herausgegebene
Reihe .Die Religionen der Menschheit" (Kohlham-
"ler, Stuttgart) hat einen besonderen Bildband vorgesehen,
und die „Symbolik der Religionen", hrsg. von F. Herrmann
(Hiersemann, Stuttgart, 1958-1967), hat die 12bändige
Textdarbietung durch Tafelbände zu ergänzen begonnen
(bisher 4 Bde., 1966—68). In der Ethnologie gab es darüber
hinaus schon früher eine Anzahl vorzüglicher „Bilderatlan-
'en" z. B. Atlas der Völkerkunde, hrsg. von R. Karutz;
Kulturen der Erde, hrsg. vom Folkwang-Verlag).

Jetzt hat an der Universität Groningen ein von Th. P. van
Baaren geschaffenes .Institute of Religious Iconography"
damit begonnen, eine umfangreiche .Iconography of Reli-
Sions" im angesehenen Verlag E. J. Brill (Leiden) vorzulesen
, die alle bisherigen Versuche dieser Art übertrifft und
auf lange Sicht hin grundlegend sein wird. Das mir zur Verfügung
stehende Programm sieht ca 200 Hefte (fascicles)
vor. Jedes dieser in Lieferungsform erscheinenden Hefte
*Wd 48 Abbildungsseiten und 32 Seiten einführenden und
erklärenden Text enthalten. Aufbau und Rahmen bilden
24 Abteilungen (Sections): 1. Vorgeschichte, 2. Polynesien
(3 Hefte), 3. Mikronesien und Paramikronesien, 4. Melanesien
(11 Hefte), 5. Australien (4 Hefte), 6. Indonesien und
Südostasien (6 Hefte), 7. Afrika (35 Hefte), 8. Arktische
Völker (5 Hefte), 9. Südamerika (7 Hefte), 10. Nordamerika
(7 Hefte), 11. Altamerika (10 Hefte), 12. Ost- und Zentralasien
(16 Hefte), 13. Indische Religionen (23 Hefte), 14. Iran
(4 Hefte), 15. Mesopotamien und Naher Osten (16 Hefte),
16. Ägypten (12 Hefte), 17. Griechenland und Rom (9 Hefte),
^8. Hellenismus (5 Hefte), 19. Alteuropa (8 Hefte), 20. Mani-

chäismus, 21. Mandäismus, 22. Islam (5 Hefte), 23. Judentum
(6 Hefte), 24. Christentum (22 Hefte).

Dieses imponierende Programm soll mit Hilfe einer internationalen
Zusammenarbeit verwirklicht werden. Die Leitung
liegt in den Händen von Th. P .van Baaren (Chiefeditor
), L. Leertouwer (Co-editor) und H. Buning (Secretary).
Das federführende Groninger Institut wird selbst einen
großen Teil der schriftlosen Kulturen bearbeiten, da es
hierfür eigene Sammlungen besitzt. Ziel dieses einzigartigen
Unternehmens soll es sein, die religionshistorische und
-phänomenologische Arbeit zu fördern, indem den bildlichen
Ausdrucksformen der Religionen stärkere Aufmerksamkeit
gewidmet wird. »It is to be expected that compa-
rative religion, which so far was chiefly based upon texts,
will have to make an increasing appeal upon a new adjunet
to learning: religious iconography" (aus einem Schreiben
an die Mitarbeiter). Es ist sehr zu hoffen, dafj sich dieses
Ziel ganz im Sinne der Herausgeber erfüllt, zum Nutzen
für die Sache, um die es hier geht i Verständnis und tieferes
Eindringen in die faszinierende Welt der Religionen.

Als erstes Heft dieser Ikonographie liegt nun die von der
bekannten Islamwisscnschaftlerin Annemarie Schimmel erarbeitete
.Islamische Kalligraphie" vor (Sektion XXII: Islam,
fasc. 1). In ansprechender Ausstattung, hervorragendem
Druck im Text- und Bildteil gibt diese Publikation einen
ersten Eindruck von der geplanten Reihe. Eine kurze Einführung
(1—14) informiert über die wichtigsten Daten und
Elemente der arabisch-islamischen Kunstschrift, die, geboren
aus dem Glauben an das heilige Wort des Korans, zur
dominierenden sakralen Äußerung des Islam wurde. .Sac-
redness became a characteristic dement in writing" (F. Rosenthal
, zit. S. 2). .The written word is a talisman, and the
process of writing is a magic art connected not only with
the master's technique skill, and art, but also with his Spiritual
and moral character" (V. Minorsky, zit. S. 14). Gut ausgewählte
Beispiele, besonders zu den künstlerischen Formen
der .Basamala", illustrieren den Text. Der Tafelteil vereinigt
eine Fülle von Anschauungsmaterial aus allen Zeiten und
Verbreitungsgebieten des Islam, das mit großem Geschick
und sicherlich auch mit erheblicher Mühe (vgl. das Vorwort
) zusammengestellt und ausgesucht wurde. Die Reproduktionen
sind m. E. sehr gut. Man könnte nur bedauern,
daf) keine farbigen Wiedergaben darunter sind, aber dies
hätte wahrscheinlich den Preis des Heftes erheblich erhöht
Aufjer den kurzen Bildunterschriften geben die Erläuterungen
weitere Auskunft über die jeweiligen Abbildungen
(Form, Grefte, Material, Standort, Herkunft etc.) Auch eine
ziemlich ausführliche Bibliographie ist gleich eingangs beigegeben
. Der Fachmann wird vielleicht das eine oder andere
vermissen oder andere Beispiele erwartet haben, der Religionshistoriker
ist auf jeden Fall sehr dankbar für dieses informationsreiche
und zugleich handliche Arbeitsmittel, das
sich sicherlich in Lehre und Forschung als sehr dienlich erweisen
wird. Es ist zu wünschen und zu hoffen, daß die weiteren
Lieferungen des neuen Bilderatlasses in gleicher Art