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Ausgabe: | 1972 |
Spalte: | 58-60 |
Kategorie: | Systematische Theologie: Allgemeines |
Autor/Hrsg.: | Schedler, Kenneth |
Titel/Untertitel: | Natur und Gnade 1972 |
Rezensent: | Glöckner, Reinhard |
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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 1
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A. Brandenburg. München-Paderborn-Wien: Schöningh Schaft der Kirche irgendwie mißbraucht werden" kann,
1971. 268 S. gr. 8°. Lw. DM 28,-. während die Gefahr für die reformatorische Theologie
Der Verfasser dieser von der Kath.-Theol. Fakultät der darin besteht, das „Wort als frei schwebendes Sprach-
Universität Münster als Habilitationsschrift angenommenen ereignis" zu sehen (S. 238).
Arbeit ist ein polnischer Theologe. Seiner Ausbildung in Beiden Versuchungen muß gewehrt werden, indem die
Krakau folgte ein Studium in Holland, Belgien und der ganze Problematik »Wort und Sakrament" - darin sieht
-Es verdient hohe Anerkennung, daß als Ergebnis er das „Anliegen evangelisch-katholischer Begegnung"
leser Zeit ein Buch vorgelegt werden konnte, das sich mit (S. 245) - in Zusammenhang mit der einmaligen „Heilstat
Problemen und Fragestellungen befaßt, die dem Autor zu- Christi" (S. 244) gebracht wird. Er bekennt sich selber zu
"h^ vV°n H^US auS völli9 fremd sein mußten. Demgegen- dem Satz von H. Fries: „Die Sakramente sagen nichts
U fci ^e ^tische Frage zurücktreten, ob der Aus- anderes als das Wort, aber sie sagen es in ihrer spezi-
wahlrnodus, nach dem er evangelische Theologien in seiner fischen Weise: im Zeichen, im Tun, im Vollzug" (S. 245).
chrift behandelt, in jeder Hinsicht überzeugend ist. Mit der Anerkennung dieser gemeinsamen Grundposi-
Das Kurzreferat über „Grundprinzipien der evangeli- tion sind allerdings keineswegs alle Unterschiede und
sehen Sakramentenlehre", mit dem der Vf. seine Darstel- Gegensätze zwischen den Konfessionen ausgeräumt. Diese
ung einleitet, bleibt unbefriedigend. Denn es bringt eine betreffen auch nicht nur die „Siebenzahl" der Sakramente
einseitige Auswahl neuerer Luther-Interpretationen, geht in der katholischen Kirche, für deren Berechtigung Sko-
noch Sa?!ich weder auf Luthers Sakramentsverständnis wronek allerlei Argumente beizubringen versucht. Er aner-
auf Bekenntnisaussagen über Taufe und Abendmahl kennt aber die Vorrangstellung von Eucharistie und Taufe.
fa -oSUf kommt der Vf. erst sehr viel später zu sprechen Darin kommt „das große Anliegen zur Sprache, das uns
( • o9ft)- alle hart bedrängt: die Taufe als Anfang und das Abend-
le Folge davon ist eine problematische Gewichtsvertei- mahl als Abschluß und Vollendung ökumenischer Gemein-
1 9 im ganzen Buch. Den breitesten Raum nehmen die schaft zusammen betrachten zu können" (S. 247).
ap. II und IH ein, die Karl Barth und Rudolf Bultmann Es soll nicht verschwiegen werden, daß Skowronek auf
einige von ihnen beeinflußte Theologen behandeln den letzten Seiten seines Buches Stimmen aus dem pro-
S. 42-141). Es ist vom Standpunkt des Autors verstand- testantischen Lager nennt, die ihm ökumenisch nicht mehr
, . ~.und m der Sache auch sicher zutreffend - wenn er als tragbar erscheinen. Er verdeutlicht das an H. Buhr,
ei beiden zur Feststellung eines Defizits kommt. Bei Barth G. Otto und D. Solle. „Wo die Taufe, wie es bei Otto ge-
ist es die Zuordnung des Sakramentsbegriffes zum Inkarna- schieht, so radikal in Frage gestellt wird, wird auch die
lonsgeschehen, das es ihm untunlich erscheinen läßt, von ökumenische Gemeinschaft in Frage gestellt" (S. 265). Dem
esonderen Sakramenten in kirchlicher Handhabung zu dürfte auch von evangelischer Seite nicht zu widersprechen
sprechen. Aufgabe des Glaubens ist es vielmehr, in der sein.
natrvitas Jesu Christi, im Geheimnis der Weihnacht das Neuendettelsnn Wilhelm Andersen
c-'J16' einzige, ein für allemal vollzogene
"akrament zu erkennen. In Bultmann sieht er - unter
frufung auf L. Villette - das Beispiel einer neomodernistischen
Deutung der Sakramente (S.117). Sein subjektivisti- Schedler, Kenneth: Natur und Gnade. Das sakramentale
sches Glaubensverständnis und der kerygmatheologischc Denken in der frühen Theologie Paul Tillichs (1919-1935).
Ansatz wirken sich für das Sakramentsverständnis negativ Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1970], 248 S. 8°. Lw.
aus. DM 35,-.
Positive Einflüsse für eine „sakramental-liturgische Kenneth Schedler hat diese umfangreiche und in der
rneuerung der Gemeinde" sind nach Skowronek vom Sache komplizierte Untersuchung in gutem Deutsch vor-
°erneuchener Kreis ausgegangen (IV). Es dürfte aber zu gelegt als Dissertation an der Universität Marburg, wo er
ra9en sein, ob diese Bewegung sachlich hinreichend ge- drei Jahre studiert und als Assistent bei Prof. Ratschow
kennzeichnet ist mit dem naturhaft-realistischen Ansatz bei gearbeitet hat. Schon seiner sprachlichen Leistung gebührt
p- Tillich und der kultisch-symbolischen Sicht bei W. Stählin. Anerkennung, noch mehr aber der Art und Weise, wie sich
ls Wegbereiter für einen Ökumenismus im Sakraments- der Amerikaner Schedler in den Hintergrund der Auseinan-
verständnis sieht Skowronek vor allem die Theologen an, dersetzungen in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg
cue lutherisch orientiert oder geprägt sind (V), die heils- hineinzuversetzen vermochte. Denn aus arbeitstechnischen
geschichtliche Richtung vertreten (VI) oder sich bewußt zu Gründen hat er diese Untersuchung über Tillich beschränkt
einer ökumenischen Sakramentslehre bekennen (VII). auf die Zeit des .deutschen' Tillich. Damit zugleich ist ihm
Zu den wesentlich lutherisch orientierten Theologen ein Grundanliegen gelungen, daß er den Einsatz Tillichs
2ählt Skowronek P. Althaus, W. Trillhaas und E. Käsemann, als .Religiöser Sozialist' mitten in das theologische Denken
j konfessionell orientiert bezeichnet er u. a. E. Sommer- einbezieht. Damit zugleich ist aber auch die Einschränkung
ath, H. Sasse, P. Brunner, A. Peters, W. Eiert, den heils- der Arbeit zu verstehen, die den bei Tillich später erst
geschichtlichen Aspekt betonen O. Cullmann, J. Jeremias tragenden Begriff .Neues Sein' in seiner christologischen
Und W. G. Kümmel, während er H. Asmussen als den Bedeutung nicht im Blick hat. So kommt es, daß dieUnter-
Wlehtigsten „katholisierenden" ökumeniker nennt. suchungen über das Sakramentale in Natur und Gnade
Das Buch schließt mit einem Kapitel (VIII), das Fragen vorwiegend im Bereich von Schöpfung und Neuschöpfung,
Und kritische Bedenken an die evangelischen Theologen weniger aber im Verstehen Jesu Christi durchgeführt wer-
von der katholischen Sakramentstheologie her richtet. Diese den. Das ist jedoch nur insofern ein Nachteil, als für Tillich
Verden aber vom Autor bewußt nicht von der Position die vorliegenden Gedanken in Jesus Christus als dem
"essen her gestellt, der im Besitze der Wahrheit zu sein Neuen Sein ihre letzte Schärfe und Bestimmung erhalten
meint und deshalb die evangelischen Theologen daran mißt, haben. Doch ist in den Schriften der Zeit 1919-1935 das
w'e weit sie hinter dem „Soll" katholischer Sakraments- Vorfeld dieser Gedanken bei Tillich breit entfaltet und im
theologie zurückbleiben. Entsprechend dem Ökumenismus- gesellschaftlichem und politischem Wirken wiederzuer-
°ekret von Vaticanum II besteht die Bereitschaft, zu kennen, wohingegen nach 1935 in Amerika mehr das
-Belehrungen durch den Anderen" (S. 239). Er sagt: Auch gesellschaftlich-kulturelle Feld bedacht wird,
wir halten „uns offen für die von der evangelischen Theo- Wenn man bedenkt, wie spröde die Theologie Tillichs
j°gie an uns gestellten Fragen" (ebd). So sieht er die in bezug auf die kirchlichen Sakramente ist, wenn Schedler
katholische Position in Gefahr, daß die „dienende Mittler- selbst eingesteht, daß Tillichs Entwurf einer Sakramenten-