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Ausgabe:

1972

Spalte:

769-771

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Pöhlmann, Horst Georg

Titel/Untertitel:

Rechtfertigung 1972

Rezensent:

Peters, Albrecht

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Seite 1, Seite 2

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769 Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 10 770

»stellt nicht ein einmalige! Geschehen dar, wohl aber die Be- Pesch; er möchte die zentralen kirchlichen Bekenntnisse sel-

SOnderhcit der Menschwerdung des Menschen, die sich je da ber einander gegenüberstellen. „Nicht Kirchenlehrer, die

«eignet, wo Bich Glaub in ereignet und dieses Ereignis als Kirchenlehre soll hier miteinander konfrontiert werden"

lade bezeugt und erfahren wird" (128). Die „drei Wege" (S. 19). In einer Art „Gegenprobe", welche über die Lehre

zur Wesenserkenntnis Gottes werden als Glaubensaussagen der Symbole letztgültig entscheiden soll (S. 20), beugt er zu-

neu bestimmt. Die via causalitatis vermeidet den „Kollaps gleich die Aussagen der Bekenntnisse unter das Richtmaß

lm Pantheismus der creatio continua", wenn sie von der der Schrift. Hierbei tritt Paulus in den Vordergrund; auf dag

■-crcuiio In Christo continuata" autgehl ; die via eminentiae „übrige Neue Testament" haben wir „nur in Parenthese Be-

■s vom „1 itanismus des Idealismus als Erscheinung der Erb- zug genommen" (S. 20). Schließlich soll das gegenwärtige

Sunde bedroht und aus dem „coneursus in dem christolo- theologische wie außertheologische Denken „nach Art eines

giseh verstandenen Bund Gottes" zu deuten; die via nega- Meinungsquerschnittes" (S. 21) zu Wort kommen. So ergibt

lonis entgeht dem „Kurzschluß des atheistischen Nihilis- sich ein „dreifaches Gegenüber: L Symbol — Symbol, 2. Sym-

Hus wenn sie aus der „gubernatio Dei in der Unbedingt- bole — Schrift, 3. Symbole — Heute" (S. 21).

!Wt der Verantwortung als Grund von Hoffnung" abgeleitet Das kontroverstheologische Bingen um die Rechtfertigung

Wird (132f.). Auch die drei hauptsächlichen „Gottesbeweise" wird in 14 quaestiones disputandae aufgefächert: „1. der

p0n'"'n dazu dienen, „die aus sich herausgehende Seinsfülle Rang der Bechtfertigungslehre innerhalb der Theologie.

"Ottcs" dem Selbstverstfindnis des Glaubens faßlich zu ma- 2. Das discrimen legis et evangelii. 3. Die Radikalität der

en (137—143). Die ganze Studie schließt mit dem Kapitel Sünde. 4. Gnade und Mitwirkung. 5. Gnade und Verdienst.

»Theologie ,,,„] GeDet" (145-157). „Eür den Beter ist Gott- 6. Rechtfertigung durch Christus allein? 7. Rechtfertigung

ermenschlichung hin oder her — eine I'erson, nicht bloß wie durchs Wort allein? 8. Glaube als fides qua creditur und fides

*Oe Person, sondern eine Person, die der Beter als Herr oder quae creditur. 9. Glaube und Werke. 10. Die Heils- und

8 er oder hei einem Personnamen anredet, die ihn kennt. Glaubensgewißheit. 11. Totale und partiale Rechtfertigung.

^"'1 anspricht, und der er wiederum Bescheid zu geben hat. 12. Imputalive und effektive Bechtfertigung. 13. Synthe-

ie Menschlichkeit dieser Vorslcllungs- und Umgangsformen tische und analytische Bechtfertigung. 14. Die Sünde des

"lacht dem Beter keine Sorgen. ... Ohne sie wäre Beten gar Gerechtfertigten" (S. 17f.). Die Fragen 2 und 3 entfalten da-

j Möglich" (148). „Für das Selbstverständnis schweigt bei den Hintergrund oder die Voraussetzungen der Recht-

fs Sein nicht, sondern im Vollzug seines Selbstverständ- fertigung, die Fragen 4 bis 10 ihren Grund und die Fragen

"isses vernimmt Personsein aus dem Schweigen des Seins im 11 bis 14 ihr Wesen.

anzen heraus die Stimme, die es in der Erfahrung seiner Diese Darstellung greift eine kaum übersehbare Fülle der

j|.S unS zum Personsein zur Verantwortung ruft. Im Literatur zusammen und bietet ein mosaikartiges Geflecht

°/en dieser Stimme sind wir Person" (155). von geschickt ausgewählten und prägnanten Zitaten. In-

^ Jiese sehr eigengeprägte Glaubenslehre darf beanspru- teressant sind vor allem die beiden Exkurse über den Ge-

en, daß man genau auf ihre Intention achtet und ihre Vor- setzeshorizont, den Tabu-Gott der anonymen Forderung des

2uge würdigt, ehe man zu der von ihr herausgeforderten ra- modernen Menschen (S. 87ff.) sowie über dessen Wissen um

'Kaien Kritik schreitet. Als ein Dokument des dogmati- das Böse (S. 135ff.). Die flüchliche Darstellungsweise ermög-

len Subjektivismus wäre sie mißverstanden, denn sie will licht einen umfangreichen Überblick ähnlich wie schon in der

gU' konsequent die dem christlichen Glauben wesenscigenc katholischen Arbeit von August Hasler: Luther in der ka-

Ji'ktivität bezeugen, die als Personsein in Gemeinschaft tholischen Dogmatik (München 1968). Die denkerischeDurch-

"* uor bestimmenden und sinngebenden Wirklichkeit Got- dringung der Einzelthemen bleibt freilich hier und dort hin-

j s 111 Christus lebt. Das zeigt sich am eindrücklichsten in ter dem in der Forschung bereits Geleisteten zurück. Die

em theologischen Fruchtbarmachen des Gebets wie auch Sprache ist bildkräftig und treffend, manchmal etwas zu

Erlebnissen ostkirchlicher und abendländischer Kirchen- schlagwortartig und plakativ.

unst. Hilfreich ist es auch, daß B. die meisten der von ihm Innerhalb der vierzehn Abschnitte stellt Pöhlmann uner-

"euinterpretierten dogmatischen Fachbegriffe zunächst in müdlich die kontroverstheologischen Vorwürfe wie die wech-

rfm herkömmlichen Sinn einführt und rezipiert, so daß da- sclseitigen Fehldeutungen zusammen, überprüft diese am

ureh der Leser zum kritischen Vergleich beider Interpreta- Wortlaut der Bekenntnistexte und rückt sie behutsam zu-

10i»en angeregt wird. Daß freilich die Umformung bzw. Ver- recht. Zugleich sucht er die Symbole füreinander zu öffnen,

^"derung der neutestamentlichen Substanz von Begriffen hierzu bedient er sich durchgehend der jüngsten katholischen

p creatio e nihilo, Inkarnation, Auferstehung, Ewigkeit, wie evangelischen Neuinterpretationen der Rechtfertigung,

ariisie, m. Geist, Kirche und Mission zum Widerspruch Ein Rekurs auf das Neue Testament, vor allem auf das Cor-

*Sl< kann hier nur angemeldet werden. pus Paulinum, untermauert diese herausgearbeitete Gemein-

Cor,;„„ samkeit im Fundamentalen.
Z u •?cnda: S. 22, Z. 10 v. u.: sunt. - S. 25, Z. 16: nudu.v - S. 25, T . . , -, , yv, , . . .
" \r i öfler: fomummatio. - S. 2», Z. 13: creationis. - S. 44, Z. 7 v. In seinen einleitenden Überlegungen zum theologischen
Nicai-ni. ™llla,r»ng. - S. 69, Z. 16 v. u.: Artikel 17. - S. 85, Z. 1: Rang der Rechtfertigung (S. 23-49) möchte Pöhlmann jene
S. P**» Glaubensbekenntnisses. - S. 90, Z. 19: 1. Kor. 15,28. - . 7? ■ ,. , ,.. . ■ . D~ . ... , ,J .
•ietoVn 4 v- u-: stnu ..zeitlichen"!^ „«etlichen". - s. 95, Z. 5: '»cht isoliert für sich ins Zentrum rucken, sondern sie als eichenden
~gS' i0^' 2'-; ^enn' ~ S' 123, Z' i!" ver8eKen8tand' nen Verweis auf das Christuszentrum deuten. Die Rechtfer-
54, z. U: innewird. tigung soll nicht das Grundwort, sondern nur das Stich-
Leipzig AuBu»t Kimme oder Kennwort der lutherischen Reformation sein. „Die reformatorische
Rechtfertigungsbotschaft will im Grunde nicht
Pohl _ selbst Mitte von Kirche und Theologie sein, sondern sie will
koni"""' H°rSt GporB: Rechtfertigung. Die gegenwärtige dieBC MiUe dic Christus a]leine gebührt, lediglich markie-
j^^OVerstheologische Problematik der Rcchtfertigungs- ren.. (g 47) In seinem abschließenden Ergebnis (S. 378-383)
kat7 iiWIS'he" 'lrr evangelisch lutherischen und der römisch- möchte Pöhlmann die Frage nach dem gegenwärtigen Unter-
Ge Ju i Kil-elie. Gütersloh: Gütersloher Vcrlagshaus schicd in der Rechtfertigung „weder mit einem glatten Nein
™ Mohn [1971]. 388 S. gr. 8°. Lw. DM 64,-. noch mit einem glatten Ja beantworten" (S. 378). Eine Eini-
als .Sludie wurde 1969 von der Heidelberger Fakultät gung im Articulus stantis et cadentis Ecclesiae erscheint als
•''"ilitationsschrift angenommen, gewidmet ist sie D. möglich, noch ist diese Einheit freilich nicht erreicht. Der Vf.
das°rBr"nnCr' 0üPrkirchenrat Hermann Greifensteinschrieb möchte sie mit Erich Przywara in einer „entideologisierenden
^eleitwort zu ;ilr Pöhlmann greift zurück auf den Ver- reduetio in mystcrium" finden (S. 380); er konzentriert dies
Ko UCr Rechtfertigungslehre Barths und des Trienter Geheimnis auf dic paradoxen Formeln: „Die Bechtfertigung

Sri,"2 , uurch Hans Kühr sowie auf die Konfrontation zwi- geschieht weder et gratia et nomine noch sola gratia sine

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6n Lmher und Thomas von Aquin durch Otto Hermann homine, sondern sola gratia non sine nomine", sie ereignet

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