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Ausgabe:

1972

Spalte:

45-48

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Wittstock, Oskar

Titel/Untertitel:

Johannes Honterus, der Siebenbürger Humanist und Reformator 1972

Rezensent:

Binder, Ludwig

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 1

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ese des Buches, die Zurückführung der reformato- nensis 1525 zum Magister der freien Künste. Er kehrte
rischen Wendung als "highly polemical answer" auf die etwa 1527 in seine Heimat zurück wo er m dem nad
Tauler-Lektüre; diese These scheint mir in der vorliegen- der Schlacht bei Mohacs 1526 entfesselten Ihronstreit
den Form kaum haltbar zu sein. Um jetzt nur einen, mir zwischen Ferdinand von Habsburg und Johann Szapolya
besonders wichtig erscheinenden Einwand zu nennen: Wie um die Herrschaft Ungarns und Siebenbürgens offen und
soll man es sich, wenn der Vf. recht hätte, erklären, daß entschieden für den ersteren Partei bezog. Nachdem aber
Luther selbst sein Verhältnis zu Tauler und Gerson so seine Vaterstadt Kronstadt zu dem von der Plorte unterganz
anders sah, daß er bis mindestens 1522 jedenfalls stützten Szapolya übergegangen war, wurde Honter aus
von Tauler nur immer positiv geredet hat, und zwar so seiner Heimatstadt und aus Siebenburgen ausgewiesen und
enthusiastisch wie kaum von einem anderen Theologen der mu5te sich als Verbannter in der Fremde autnalten. bo
Vergangenheit? In derselben Zeit, in der ihm die Schola- taucht er im Oktober 1529 als Johannes Hunterus beim
stiker und speziell die Nominalisten als „Sautheologen" Humanisten Aventin-Turmayer m Regensburg aut una
galten (WA 56. 274.11 ff), erklärt Luther von Tauler. dieser läßt sich im März 1530 als Joannes Ceorgn «Corona an
habe eine .reine, solide, der alten ganz ähnliche Theologie" der Krakauer Universität inskribieren. Er veröffentlicht im
(WABr. 1. Nr 30.58), 1518 konstatierte er, er habe bei gleichen Jahr in Krakau unter dem Namen Johannes
Tauler mehr an fester und echter Theologie gefunden als Honter eine lateinische Grammatik und eine Weltbeschrei-
bei allen scholastischen Doktoren aller Universitäten sich bung, die beide große Verbreitung fanden. Von Krakau
je hätte finden lassen (WA 1, 156 29 ff) und noch 1522 zog er nach Nürnberg, wo er sich mindestens ein halbes
liest man, seit der Zeit der Apostel sei kaum ein Schrift- Jahr lang aufhielt und ein städt.sches Gemomwesen kensteiler
geboren, der Tauler gleich sei (WA 10/2, 329, 25 f.). nenlernte, in welchem s.ch der lutherische G«ttt endgültig
Um nicht mif3verstanden zu werden: Es ist ohne weiteres durchgesetzt hatte; zugleich konnte er sich dort in dem
zuzugestehen, daß diese Äußerungen Luthers, die sich „Lutherdeutsch- jener Tage fortbilden. Wahrend seines
übrigens noch reichlich vermehren lassen, eine crux inter- Aufenthaltes in Basel lernte er die reforma.onsche Tatig-
pretum darstellen; denn in Wahrheit dürfte ja die theolo- keit Ökolampads kennen, hatte aber auch Beziehungen zu
gische Meinungsverschiedenheit in der Tat groß sein - Bonifatius Amerbach, der ihn in der lutherischen Abend-
darin sind wir heute im Prinzip einer Meinung. Mein mahlslehre bestärkte. In den beiden Weihetafe chen mit
Einwand richtet sich darauf. daß der Vf. mit dieser crux denen er die von ihm m Basel 1532 hergestellte Sieben-
zu wenig gerechnet hat, ja daß er einfach über sie hinweg- bürgenkarte versieht, nimmt er Stellung zu den innergegangen
ist: "Let us.... . see how explicitly critical non- politischen Ereignissen in Siebenbürgen und fordert den
explicitcriticismcanbe" (203) .-denn das läuft darauf hinaus, Hermannstädter Rat dazu auf, einen politischen Fron-
da$ das Problem als ein abstraktes und rein systematisches Wechsel zu Vollzieher. und sich nunmehr Btag^B
aufgefaßt wird. Eine solche Auffassung aber wäre kaum schließen. Er beabsichtigt damit zugleich vom KronsUdter
sachgemäß und sie entspricht doch wohl auch nicht den Stadtrichter Lukas Hirscher, der ihn «m^ U m di ^Ver-
Intentionen des Verfassers bannung geschickt hatte, Amnestie zu erlangen Er wurde
««Hin™ Bernd Moell(.r nun tatsächlich von seiner Vaterstadt zurückberufen, kehrte
DRen Be 1533 heim und gründete hierauf die erste Druckerei in

Siebenbürgen, nachdem er aus dem Ausland den Meister
des Buchdruckes Theobaldus Gryphius mitgebracht hatte.
Wi«stock, Oskar: Johannes Henterns der Siebenbürger Nach seiner Heirat im J^^^Äu^SÄ
Humanist und Reformator Der Mann, das Werk, die nach Wittenberg, um sich von dorther Buchdruckergesellen
Zeit „ j l i 7 o,,™whh f10701 w> S 7ur Vergrößerung seiner Druckerei mitzubringen und die
2«t Co tmgen: Vandenhoeck 4 Ruprecht [1970]. 339 S. Formation aus eigcner Anschauung kennenzu-
« «t gr. 8°. Kart. um u. . gerne, Druckerei erschien nun eine große Anzahl
°as Buch Wittstocks möchte in übersichtlicher Weise ^ hilosopllischen und wissenschaftlichen Werken, die
«nd möglichster Vollständigkeit Leben und Wirken des ^ allem durch das Anliegen gekennzeichnet sind, die
Johannes Hontems zur Sprache bringen, ohne sich dabei Kultur der Antike und die humanistische Bildung seiner
m polemische Auseinandersetzungen einzulassen. Es ist ^ ^ verbreiten. Zugleich machte sich Honter um d<e
-ndessen unmöglich, auf einem so oft durchgeackerten Verbreitung des römischen Rechtes verdient, indem er
Gebiet wie der Honterusforschung die Polemik ganz aus- Auszug aus den Pandekten Justinians und ein Hand-
7-uschalten; so muß auch Wittstock Stellung beziehen, und deg burgeriici,en Rechtes veröffentlichte. In seiner
er tut es, indem er sich bald dem einen, bald dem anderen crsten reformatorischen Schrift, den Vorreden zu Augustin
namhaften Honterusforscher anschließt. Mit dem Anliegen, ^ der Einflu^ der Humanisten, der Basler Reformen
ganzen Johannes Honterus, also den Humanisten und maiören und des „katholischen" Augustin feststellbar; aber
Reformator, in seine Darstellung einzubeziehen, hat sich ^ Melanchthons und Amerbachs Nachwirkungen sind
«er Verfasser eine Aufgabe gestellt, die äußerst schwer zu ^ erwähnen Als der rote Faden in der Entwicklung der
bewältigen ist; denn es hat sich schon bisher gezeigt, daß ^ einsetzenden Reformation in Siebenbürgen, die mit
m Gesamtdarstellungen bald die eine bald die andere Seite ^ Einführung der „evangelischen Messe" in der Kron-
«eser so reichhaltigen Persönlichkeit zu kurz gekommen städter Kirche" im Oktober 1542 begann, ist der leiden-
lst- Wenn sich bei W. das Schwergewicht zum humamsti- geführtc Kampf zwischen dem sächsischen Klerus
s*en Wirken Honters hin verlagert, so ist das insoweit . den Magistraten der Sachsenstädte um die geistliche
sacfalich begründet, als Honter vom Humanismus herkam Gerichtsbarkeit anzusehen. So nahm sich der Kronstädtcr
und nur schwer den Weg zur Reformation fand. Inwieweit ^ ^ ^ wescntlicne Unterstützung von Seiten der
nun die reformationsgeschichtliche Stellung Honters, wie Gei'slIichen zu erhalten, der Erneuerung des kirchlichen
W- sie sieht, übernommen werden kann, soll in dieser Bc- Lebens an mdem er nach dem „schweizerischen" Grund-
sprechung nach der Wiedergabe des Inhaltes des Buches vorging, daß das Reformrecht der politischen Geerörtert
werden. meinde zukomme. Im Reformationsbüchlein Honters vom
Wittstock aibt folgenden Aufriß über Leben und Werk Jahre 1542/43, das zugleich als Rechenschaftsbericht über
des Johannes"Honterus: Der im Jahre 1498 in Kronstadt die durchgeführte Neuordnung zu werten ist, ist der Einais
Sohn des Lederers Georg Gras geborene Johannes Hon- flu^ der „Nürnberger Ratsschrift" von 1524 deutlich erkenn-
terus wurde 1515 an der artistischen Fakultät der Univer- ^ während Honter in der Frage der Exkommunikation
sität Wien inskribiert und promovierte, nachdem er 1522 ' defs durch die Gcmeinde der Übung gefolgt ist,
-baccalaureus" geworden war, als Joannes Holer Coro-