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Ausgabe:

1972

Spalte:

551-553

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bassarak, Gerhard

Titel/Untertitel:

Gebet für die Welt 1972

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 7

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winden (man denke!], daß sie nach Zeichen des dreieinigen
Gottes unter den sich bekämpfenden Ideologien und nichtchristlichen
Religionen sucht, denn auch dort tut er sein
Werk" (S. 175). „Irgendwelche Grenzen, auf die man sich
verlassen kann, sind nicht mehr vorhanden" (S. 175). So
ist R. stark verunsichert. Zumal es große neue Probleme gibt:
„Der Säkular-Ökumenismus ist ... keinesfalls ein Allheilmittel
sämtlicher ökumenischer Probleme. Sein Aufkommen
bringt eine groteske Wende innerhalb der Ökumene ans
Licht. Er übt einen Druck aus in Richtung auf eine Einheit
im Dienen, . . . aber er führt gleichzeitig zu Spaltungen
innerhalb der Kirchen, von denen zu befürchten ist,
dafj sie schmerzlicher sind und tiefer gehen als die Spaltungen
unter den Kirchen" (S. 195). R. hält die „Überwindung
der innerkirchlichen Gegensätze zwischen links
und rechts ... für viel dringlicher (als) die Überbrückung
des Gegensatzes zwischen Kirche und Welt (S. 197) und
ruft allen Ernstes die Säkular-Ökumeniker von ihrem
Wege zurück. Allerdings sieht er, dafj sein Ruf verhallen
wird und er muß auch selber die Frage stellen: „Was hat
die Kirche in diesem Jahrhundert für den Frieden getan?"
(S. 206). Die Antwort ist resignierend und führt zurück zu
der Eingangsforderung der Einleitung nach Erneuerung
der Kirche. Diese Frage konzediert R. allerdings auch dem
Säkular-Ökumenismus.

Man hat einen zwiespältigen Eindruck, wenn man das
Bändchen aus der Hand legt. Nicht nur, daß hier vielerlei
noch recht unausgeglichen nebeneinandersteht. Es ist
vieles nicht auf der Höhe der ökumenischen Diskussion.
Es mag sein, dafj ein gewisser ökumenischer Nachholbedarf
gestillt werden soll. Doch scheinen dafür Beiträge von
einem klareren Profil als die hier genannten auch besser
geeignet. Die von mir nicht besprochenen leisten in
dieser Hinsicht gewiß mehr, doch sollte eine Rezension sich
wohl gerade der Schwächen liebevoll annehmen.

Berlin Gerhard Bassnrak

Bassarak, Gerhard: Gebet für die Welt. Gesammelte Aufsätze
. Berlin: Evang. Verlagsanstalt (1969, 2. Aufl. 1971].
270 S. 8°. Lw. M 11,-.

Unsere Lebensbereiche haben sich im 20. Jahrhundert
mit großer Geschwindigkeit zu einer derartigen Breite
entwickelt, daß es immer schwerer wird, im Alleingang
eine richtige wissenschaftliche Aussage zu machen. Auch
theologische Erkenntnisse speziell der Systematik und der
Ethik sind heute auf die Berücksichtigung der Erkenntnisse
vieler anderer Wissensgebiete angewiesen, um ihrer jeweiligen
Thematik gerecht werden und ein allseitig abgewogenes
, hilfreiches Urteil bilden zu können. Auch für die
Theologie wird wissenschaftliche Kollektivarbeit ein Gebot
der Stunde.

Der Band gesammelter Aufsätze, den die Evang. Verlagsanstalt
Berlin dankenswerterweise herausgebracht hat, ist
faktisch und nominell das Werk eines Einzelnen. Aber der
Verfasser, Dr. Gerhard Bassarak, Professor für Ökumenische
Theologie in Berlin, betont, daß die vorgelegten Arbeiten
und Vorträge während seiner Tätigkeit als Reisesekretär
der Evang. Studentengemeinden in der DDR, als
Leiter der Evang. Akademie von Berlin-Brandenburg und
nicht zuletzt während seiner Tätigkeit als Internationaler
Sekretär der Christlichen Friedenskonferenz entstanden
sind. So sind sie bei aller sorgfältigen fachlichen Vorarbeit
keine Schreibtischarbeit geblieben, sondern spiegeln lebendige
, wissenschaftlich fundierte Aussprache und interdisziplinäre
Gespräche wider.

In klar formulierten Thesen und Gegenthesen wird der
Leser provoziert, sich auch mit komplizierten und unangenehmen
Fragen zu beschäftigen, die Kirche und Gesellschaft
betreffen. Aber immer ist die harte Aussage durch

sachliche Argumente korrigiert und in ihrer Zielsetzung
weitergeführt. Einsichtige Gegenargumente werden zur
systematischen Besinnung verwendet, so daß manche tnö9'
liehen Einwände dem Leser schon als Stoff für seine
Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema angeboten Vier-
den.

Die Anlage des Buches erinnert an den Holländischen
Katechismus vom Jahre 1966 (Glaubensverkündigung f«r
Erwachsene), der als wertvolle Laiendogmatik theologische
Aussagen sammelte und zur Besinnung der Christen und
zum Gespräch in der Gemeinde eine wertvolle Hilfe als
Vermittlung von Arbeits- und Gosprächsimpulsen geworden
ist.

Mißverständlich ist der Titel: „Gebet für die Welt"'
Obwohl gerade der I. Aufsatz, der dem Sammelband den
Namen gab, eine ausgezeichnete theologische Exegese und
systematische Besinnung bietet und das „Gebet für die
Welt", „das Gebet in der Stille" und „das Gebet in der
Gemeinschaft" als entscheidende Charismen der Christenheit
herausarbeitet, ist der Titel für den Sammelband nicht
umfassend genug und wird dem, was als Dienst und Auftrag
der Kirche Christi in der Welt reflektiert wird, nicht
gerecht.

Ein wesentlicher Vorzug dieses Buches liegt in einer besonders
geschickt gehandhabten Methode des .Koordinierens
' und der Gesprächsführung. Schlüsselbegriffe, die nich'
nur die biblische Konkordanz, sondern auch allgemeine
Lexika aufweisen, werden analysiert, exegesiert, vergliche"
und zu einer gemeinsamen Aussage verdichtet. Dadurch
wird in vielen Fällen bereits eine Klärung der zu behandelnden
Fragenkomplexe vorbereitet und die nachfolgenden
theologischen Arbeitsimpulse auch für den im theologischen
Gespräch nicht geübten Leser gewinnbringend.

Ohne auf alle sechsundzwanzig Beiträge inhaltlich e|n'
zugehen, soll hier doch durch die Themenangabe zu einzelnen
Aufsätzen angeregt werden, alle Probleme des
Buches in einer geistlichen Gemeinschaft mit jenen Christen
zu durchdenken, die in den Evang. Studentengemeinden,
in den Evang. Akademien oder auf ökumenischen Konferenzen
als .communio sanetorum' in der Vollmacht und
Verantwortung ihres Christusglaubens zum Dienst der
Kirche an und in der Welt aufgerufen haben.

Der II. Aufsatz handelt „Vom Beten der Christen" (16 b's
24): „Die Welt ist heute voller Gebet - nur die Christen
haben es mit dem Beten schwer. Sie haben das Beten verlernt
" (16). Aber der Auferstandene, das heißt „der gegenwärtige
Christus" ermutigt zum Gebet: „Daß wir bete"
dürfen, erfahren wir aus der Bibel. Was wir beten
müssen, lernen wir in der Zeitung" (21). Solches Beten
aber ist riskant. Gott ist kein ,Deus ex machina'. Er nimmt
die Beter beim Wort. Er engagiert sie. Man kann nicht
für die Hungernden der Erde beten und erwarten, daß
Gott sie satt macht - und meinen, mit dem Gebet gen"'
gend getan zu haben. Man kann nicht um Befreiung Ge'
fangener bitten, ohne bereit zu sein, sich von Gott ^
ihrer Befreiung einsetzen zu lassen" (23). Im Abschnitt VH
geht es um „Haß und Liebe" (61-75). „Die christlichei1
,Humanisten' aus dem Lager der Reaktion predigen de"
Verzicht auf jeglichen Haß ... Sie wollen den Haß besf
tigen, aber nicht seine Ursache: die Herrschaft des KaP>'
tals ... Sie selbst jedoch verbergen ihren Haß gegen den
Kommunismus nicht" (61; Zit. Schischkin). Als Resultat
koordinierender Arbeit wird festgestellt: „Am meisten überrascht
am biblischen Befund, daß sich kein generelles Haß'
verbot findet. Wie mag es demgegenüber zu der herrschenden
Auffassung gekommen sein, christliche Ethik verbiete
den Haß?" (71). Der Vf. fragt dann: „Wo ist die Position
der Christen im Weltklassenkampf, der sich heute abspie'^
Ist sie vom Bekenntnis zum Haß oder vom Verzicht auf
Haß bestimmt?" (73). Die Antwort kann nur lauten: ,PeX
Nächste (das ist nach Lk 10,33 gerade der Fremde!) ist zu