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Ausgabe:

1972

Spalte:

549-551

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Evangelium und Einheit 1972

Rezensent:

Bassarak, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 7 550

Vajta, Vilmos [Hrsg.] ■ Evangelium und Einheit. Bilanz und Weit*. Zwei der Beiträger sind ordentliche Professoren

erspektiven der ökumenischen Bemühungen. Göttingen: (Goppelt und Quanbeck), die anderen sind oder waren

vandenhoeck & Ruprecht [1971]. 206 S. gr. 8° = Evan- Forschungsprofessoren am Strasbourger Institut. Zwei der

yenum und Geschichte, in Zusammenarb. m. G. Gass- Beiträge sind aus dem Amerikanischen übersetzt (Quanbeck

mann, M. Lienhard, H. Meyer, W. A. Quanbeck, M. Rog- und R0gness).

»«s u. G. Siegwalt hrsg. v. V. Vajta, 1. Kart. DM 24,-. ' Ein„ Würdigung aller sechs Aufsätze ist nicht möglich.
Ah !eTitel der weiteren Bände, die in etwa halbjährlichen Die Themen deuten die Inhalte weitgehend an. Allgemein
ständen folgen sollen, sind: Das Evangelium und die fällt eine einseitige Betonung des Ökumenismus in der
«timniung des Menschen, Evangelium und die Zweideu- römisch-katholischen - lutherischen Beziehung auf, nicht
ig? der Kirche, Evangelium als Geschichte. Das Ganze nur bei Quanbecks Beitrag, wo es das Thema verlangt. -
ein Unternehmen des neuerdings durch Publikations- Vajta zieht faktisch das Fazit aus „Oecumenica 1969, Jährst
„kcit auffallenden »Instituts für ökumenische For- buch für ökumenische Forschung, Gütersloh 1969", das auch
dc ung" in Strasbourg. Die Reihe folgt einer anderen, in den Strasbourger Institut entstammt und das sich aus-
cr lutherische Theologen Antwort auf das Zweite Vati- führlich in mehreren Beiträgen mit dem Dialog beschäftigt,
anische Konzil zu geben versuchten (Konzil und Evange- Vielen seiner Aufstellungen wird man gern zustimmen,
'um. Dialog unterwegs. Wir sind gefragt - alle bei Van- auch wenn die Gefahr nicht vermieden ist, die Bedeutung
nnoeck & Ruprecht). des Dialogs emphatisch zu überziehen. Was nützt es, wenn
... Dem Büchlein sind Erwägungen des Herausgeberkreises vieles, was früher unter anderen Bezeichnungen sinnvoll
U e/"Erneuerun9 'n der Theologie" vorangestellt. Neu (wenn war, plötzlich „Dialog" heißt? So bleibt etwa das über den
ucn nicht mehr so brandneu) ist eine entschlossene Absage Dialog mit Gott Gesagte schwer einsichtig. Ein Haupt-
•n das Verständnis der Wirklichkeit in Kategorien der mangel liegt dort, dal) - bei vielem Reden und Schreiben
a'Ur und eine dezidierte (und modernisierte) Hinwen- über den Dialog - das Verständnis dessen, was Dialog sei,
,n9 zur Geschichte (S. 16). So spricht man denn nicht offenbar einfach vorausgesetzt wird. Eine Beschreibung
sorf ~ W'e wei'and Paulus _ von alter und neuer Kreatur, findet sich nicht. Definitionen will man ja schon gar nicht
»dA* von alter und neuer Geschichte: .Die neue Gc fordern, und so bleibt alle Emotion für den Dialog letzten
ichte Gottes erhält in Jesus Christus universale Dirnen- Endes unbefriedigend, unbestimmt, unverständlich, in der
onen" (s. g) rjje Kirche sei, obwohl sie „diese neue Schwebe. Es scheint, Dialog würde zu einer Art neuem
Schichte immer wieder verraten" habe (S. 12) dennoch Glaubensgegenstand. - Andere Schwierigkeiten gibt es

er Schnittpunkt der neuen Geschichte Gottes mit der mit den theoretischen (nicht mit den praktischen!) Aus

e't und der Menschheitsgeschichte" (S. 14). - Es wird führungen von Gassmann. Da wird offenbar zu viel ge-

ihr6 ^arnung erlaubt sein: Die Geschichte wird die von wollt. Phraseologie überdeckt geringe oder problematische

Enthusiasmierten genau so enttäuschen, wie es die Substanz der Aussage. So kehrt ein Satz immer wieder, auf

tur |-at| _ Dag pr0gramm fur c;ne Erneuerung der Theo- den G. besonderen Wert zu legen scheint: „Der Gegensatz

k°9ie heißt, sie habe die geschichtliche, personale und ver- von Einheit und Spaltung ist ein Wesenselement der Kirche

°rgene (sie!) Dimension der Wirklichkeit und des herr- Jesu Christi" (S. 142 u. ö.) Mir bleibt das Geheimnis einer

aftlichen Handelns Gottes zu erkennen und ernstzu- solchen Dialektik verborgen. Soll der Satz die „geschicht-

ehmen (s. 17). Als Methode der Erkenntnis wird der liehe Wirklichkeit der Kirche beschreiben", die nach G.

umenische Dialog empfohlen (S. 20). Erneuerung sei nur sowohl von der christologisch-inkarnatorischen Perspektive

ann möglich - so heißt es gegen Ende der Einleitung der anglikanischen Tradition, wie bei der Unterscheidung

an beachte die fast rabbinisch anmutenden Konditionen von sichtbarer und unsichtbarer Kirche in der protestan-

s'1>,t*aS Komnien des Messias!) -, wenn (1.) die Theologie tischen Tradition als auch bei der Identifizierung von

cfi an das biblische Zeugnis gebunden weiß, (2.) Kirche und Leib Christi in der römisch-katholischen Tra

s Bekenntnis der Kirche ernst nimmt, (3). auf dition verfehlt wird? (Formulierungen von G.). Da ist es

Q.n Gottesdienst der neuen Menschheit in Liturgie und ja ein Glück, daß G. kommt und endlich eine nicht ver-

akonie ausgerichtet i st, (4.) auf die Nöte, Sehn- fehlte Auffassung vorträgt. Wenn man sie nun bloß ver-

chte und Herausforderungen der Welt fragend, befragt stehen könnte! Oder was soll eine Quintessenz wie: „Der

d antwortend eingeht, (5.) der Erneuerung und Prozeß der Versöhnung ist ausgerichtet auf die Zukunft,

ndung der Kirche dient und (6.) sich der Vorläufig- denn die Versöhnung und Einheit der Christenheit und

,. und Partialität und darum des notwendigen Wachsens durch sie (sie!) der ganzen Menschheit ist keine Sache,

er Wahrheitserkenntnis bewußt ist (Hervorhebun- die an einem bestimmten Punkt in der Geschichte ihre

d " VOm Rezensenten). - Wie aber, so wird man fragen Erfüllung findet. Sie ist vielmehr eingebettet in die Ambi-

rten, wenn es Gott in seiner Güte gefallen sollte, valenz und Dynamik der umfassenden Geschichte Gottes

l .ein aus Gnaden, ohn' all unser Verdienst und Würdig- mit seiner Welt" (S. 167) bei einem lutherischen Theolo-

si f' 1ie Erneuerung eines Tages zu schenken? Lohnte es gen? Hier ist - auch names der Prämisse (1) der Ein-

Picht, auch darauf zu hoffen und darüber nachzusin- leitung nur ein klares und eindeutiges „Nein" zu antworten.

' Das klingt zwar alles furchtbar fromm, aber es ist durch

Das Material wird in zwei Teilen zu je drei Kapiteln und durch unchristlich. Die Versöhnung i s t an einem be

sich9e'C9t' D'° Zusammenstellung macht - trotz der Ver- stimmten Ort in der Geschichte erfüllt: am Kreuz

erung jm Vorwort, die einzelnen Beiträge seien in auf Golgatha. Darüber gilt es nachzudenken und zu pre-

s , am'nenarbeit der Autoren vorbereitet - einen eklekti- digen. Alles andere ist Irreführung der Gemeinde, und das

V' ?u .Eindruck. So schreiben in Teil I (Einheit in der heißt falsche Prophetie.

jj/f neit) Vilmos Vajta über „Die dialogische Theologie", Interessant ist schließlich der Beitrag über „Säkular-

arding Meyer über „Das Ringen um die Motivation öku- ckumenismus". Für Rogness besteht er in „der Zusammen-

j-. ..n'schen Bemühens", Leonhard Goppelt über „Die Plura- arbeit von Christen bei dem Versuch, die bedrängenden

des Tneo'°9ien im Neuen Testament und die Einheit und verwirrenden Probleme unserer Zeit zu lösen, wozu

(A 3van9e'iurns als ökumenisches Problem"; in Teil II die durch Rassentrennung entstehenden Ungerechtigkeiten,

^"Jbruch zur Einheit - Möglichkeiten oder Illusionen?) die Armut und der zersetzende Einfluß der Slums gehört"

:a'ren A. Quanbeck über „Römisch-katholische und luthe- (S. 168). R. kann nicht verhehlen, daß er die Entwicklung

ji e Beziehungen", Günther Gassmann über „Die Kirche, des Säkularökumenismus (ob es sich da um eine glückliche

ßQe Einheit und die Geschichte" und schließlich Michael Wortprägung handelt, sei dahingestellt) mit Sorge be-

9ness über „Säkularökumenismus: Eine Kirche - Eine trachtet. „Die Kirche muß sich sogar so weit selbst über-