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Ausgabe:

1972

Spalte:

509-510

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Maier, Gerhard

Titel/Untertitel:

Mensch und freier Wille 1972

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Litcraturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 7

510

v«such abzuschließen, die Konturen seines von theologi- jedenfalls auch - wenn man denn rubrizieren will -

scher Überzeichnung befreiten Lk neu zu umreißen? Etwa „pharisäische" Aussagen (vgl. z. B. Rom 2,2-11). Bei ihm

als die eines Autors, der ein nicht weiter durchdachtes verbinden sich sodann die „prädestinatianischen- Satze

Konglomerat zeitgenössischer Gemeindetraditionen bieten offensichtlich unlöslich mit geschichtlichen (nicht nur in den

wollte? Oder als was sonst? Jedenfalls wäre ein solcher spezifischen Aussagen über die Erwählung, die M. den

Versuch die Probe darauf, ob es diesen Traditionen-Redak- „prädestinatianischen" entgegensetzt); das wird gerade in

tor Lk w;rklich gegeben hat oder doch gegeben haben kann. Rom 9, den von M. am eingehendsten behandelten Kom-

Rostock Konrad Weiß plex in Rom 9-11 (S. 352- 381), deutlich sichtbar. Für die

Beurteilung von Rom 9-11 war m. E. 10,8-15 nicht zu
übergehen (ein Ausgleich war durch eine knappere Behandlung
der Einleitungsfragen leicht zu schaffen). M. E. wäre
Maier, Gerhard- Mensch und freier Wille. Nach den jüdi- auch eine Aussagenreihe wie Rom 1,18-32 wenigstens in
sehen Religionsparteien zwischen Ben Sira und Paulus. aller Kürze mitzubedenken gewesen .
Tübingen: Mohr 1971. VII, 426 S. gr. 8" = Wissenschaft- Der vorliegende Versuch M.s, die differenzierenden Ausgehe
Untersuchungen zum Neuen Testament, hrsg. von sagen über das Verhältnis von Handeln Gottes und Tun
J- Jeremias u. O. Michel, 12. DM 40,-; Lw. DM 46,-. des Menschen unter der Alternative Prädestination und
Für Inhalt und Linienführung der Tübinger Dissertation Willensfreiheit in wichtigen Schriften des antiken Juden-
kmn im ganzen auf das Referat des Vf.s in ThLZ 95 (1970) tums und einem bedeutsamen Komplex des Neuen Testa-
SP- 793-795 verwiesen werden. Vor der Erörterung des ments6 zu bedenken, nach Voraussetzungen und Konse-
eigentlichen Themas zu Sir (S. 84-115) und Ps Sal (S. 325 bis quenzen zu befragen und historisch einzuordnen, schließt
342) werden ziemlich eingehend die sogenannten Einlei- mannigfache Untersuchungen zu Einzelproblemen ein, die
tungsfragen besprochen (S 24-59. 264-301) sowie zu bei- neben ihrem Ertrag innerhalb der Linienführung des Buden
(s. 60-83 301-324) und zu Qumran (S. 168-205) das ches als ganzen ihren Wert in sich haben. Das sei gerade
Menschenbild insgesamt nachgezeichnet. In Kap. 3 (S. 116 bis deshalb hier abschlief3end gesagt, weil auf sie nicht ein-
J64) wird zuerst über „Die Sadduzäerfrage in der For- mal in Stichwörtern hingewiesen werden konnte (ebenso
schung- referiert (S. 116-126) und dann „Das Bild der wie auf die Diskussion von Einzelheiten verzichtet werden
Sadduzäer nach den Quellen" wiedergegeben (S. 127-150). mußte).

Bedeutsam sind dafür vor allem Josephus und Sir („Saddu- —— bozüKlich de Handelns des Menschen

tische Züge bei Ben Sira" S. 136-144). durch d'e Zeloten vsl- M. Bengel, Die Zeloten (INI) S. 127 f.

Verteilen sich Sir. Qumranschriften und Ps Sal im («. MLZM DJWJfogjfc, rrädestination „ im NT, RGG*

Manzen auf die drei jüdischen Gruppen , so ist der Betund v g '481-483 hcrnnKezojren, nicht jedoch dess. Prädestination

'm einzelnen, wie auch das genannte Referat andeutet, $*f*£g^2* loÄTnd^XÄS

wesentlich komplizierter. Selbst die akzentuierte Prädesti- yfjä-J».

nationslehre der Gemeinschaft von Qumran kann „mit frei- ' * Vgl. Pinklcr, RGG* V Sp. 481. P,,r;0,„0„i0„i,„n Li

K«uii .... <___. „0_> 4 yicr s.,|z: „Abgesehen von seinem ( hnstusKlnuben ist

"eitlicn strukturierten Aussagen zusammengehen (S. 38»}. Paulus ganz Jude" (S. 400 A. 2K8) hat, wenn man „Christus" mit

Die grundsätzlich differierenden Anschauungen werden Paultu als Siprle für das Heilshandeln Gottes in Christus über-

durchM. ideengeschichllich klassifiziert. Die Prädestination.,- »

'ehre kommt von einer weisheitlichen Schöpfungstheologic Pr, Kcslschr. Dehn S. 101 f ss Signum erucis S. 2G6, über die

|>er. die M. mit anderen bis auf Jes. 45,4-10 zurückführt 0nlrSf^"ftÖFF$?m S! lf S.MI A. 237. Zu aUotf

(S. 228 - 230). Sie wird in Qumran „zur äußersten Konsc- ;,„ Neuen Testament überhaupt s. 8. Ml A. 53; in Rom 9.11

<Wenz- weitergebildet „auch im soteriologisch-psychologi- -gl ^Ä^dtÄrt.'Ä" S*S?A.Ma^

sehen Bereich" (S. 262). Immerhin „begrenzt die apokalyp- « fn jedem Fall bleibt der Mensch in den herangezogenen

«sehe Erwartung" schließlich „den weisheitlichen Schöp- «« ""d 'hm ^SL,

fungsdualismus" (S. 250), dem ein pessimistisches Men- Hnlie/baaie
schenbild zugeordnet ist. „Das Erwählungsdcnken" dagegen
9ehört ebenso „der Kategorie des Geschichtlichen an"

(3- 321) wie die Betonung der Willensfreiheit (S. 341), die Batey, Richard A.: New Testament Nuptial Imagery. Leiden:

der biblischen Tradition (insbesondere Deut) entspricht Bril'] 1971 x 82 g gr. 8°. hfl. 28,-.

(S. 342)

In dem Heft ist eine Dissertation (Vanderbilt Graduate

Auch in Rom 9 findet M. „den Strom weisheitlichcr ln ULi" Ilc"- ™"v —~— — »---------■-------

Prädestinationsgedanken- wieder, „vermittelt durch das School, Nashville) unter weitgehender Kürzung und Umar-
^senertum" (S. 366). Die Prädestination wirkt sich bei beitung verwertet. Es geht um die bildhafte Rede von
paulus „in einem grundsätzlichen Dualismus" aus (S. 378) *. Bräutigam, Braut und Hochzeit bei Paulus, im Eph, in
Die Arbeit als ganze zeigt, wie schwierig die gestellte den Evangelien und in Apc (in dieser Reihenfolge); die
Aufgabe zu lösen ist, sowohl von der verwendeten Be- Verwendung in der Gnosis wird 36 f. und 70-76 skizziert.
9rifflichkeit wie von den Aussagen des antiken Judentums Einleitend wird der alttestamentliche Hintergrund der Bildner
. Die Leistung des Vf.s wäre m. E. nicht weniger ein- rede angedeutet (2-9) und jüdisches Material angeführt
drücklich, wenn er mitunter weniger zugespitzt formuliert f9"11) ~ der Bildkomplex fehlt in Apokryphen und Pseud-
hätte epigraphen fast völlig [11] -; mehrfach wird solches für
Nicht zuletzt ist Paulus in den Rahmen der vom Vf. die Interpretation der neutestamentlichen Aussagen mit
herausgestellten Traditionen nicht leicht einzufügen *. M. Gewinn herangezogen. Der hellenistische hicros gamos wird
°rdnet Erwählung und Willensfreiheit zueinander, Erwäh- nur beiläufig erwähnt.

}ung und Prädestination einander entgegen (z. B. S. 341); In die christliche Gedankenwelt ist die Bildrede nach

In Rom 9-11 sind die letzten sichtlich verbunden. Der B. vermutlich durch den Täufer eingeführt worden [50]

Aufzeigung des teilweisen Nebeneinander differenzierender (hinter Joh 3,29 steht eine authentische Tradition [61]).

Aussagen jeweils innerhalb der jüdischen Schriften wären Das Moment der Freude (vgl. Joh 2,1-11 [51]), die im

Wohl einige entsprechende Andeutungen für Rom gemäß Einbruch der Gottesherrschaft in der Gegenwart Jesu grün-

9ewesen. Wenn man den freien Willen zu verstehen hat im det, ist hier ebenso charakteristisch wie in Mk 2,19 [40f).

Sinn der „vollen Verantwortlichkeit des Menschen für seine Matth. (22,1-14; 25,1-13) setzt dann die futurisch-escha-

Taten und im Gerichte Gottes", wie M. im Blick auf den tologischen Akzente: die wartende Gemeinde, das Gericht

Pharisäismus sagt (S. 341), dann finden sich bei Paulus [41-47.60 f). Das Bild von der Braut weist in 2. Kor 11,2 f